Die Urlauber, die nichts ahnend die Playa de Muro entlang schlendern, staunen nicht schlecht: ­Inmitten von Liegestühlen, Sandburgen und Sonnenschirmen hat sich an diesem ersten Sonnentag nach der Schlechtwetter-Phase eine Filmcrew breit gemacht. Zwei in beigefarbene Westen gekleidete Rentner-Pärchen schauen sich das Gewusel aus nächster Nähe an: „Die sprechen ja Deutsch!", stellt einer der beiden Männer fest, ­während seine Frau ihre Begleiterin anstößt: „Mensch, ist das nicht der aus ´Sturm der Liebe´?"

Nein, ist er nicht, aber fast. Der junge Mann, der gerade im Mittel­punkt der Szene steht, heißt Remo Schulze und hat auf Mallorca schon für die ARD-Soap „Verbotene Liebe" vor der Kamera gestanden.

Im Sat.1-Film „Willkommen im Club" hat Schulze aber nur eine Nebenrolle als Surflehrer. Die Hauptrollen übernehmen der als Tatort-Kommissar bekannte Richy Müller und TV-Schauspielerin Lisa Martinek. Die beiden spielen ein Ehepaar, das mitsamt Tochter einen Cluburlaub auf Teneriffa verbringt und dort mit dem Schicksal eines kleinen afrikanischen Bootsflüchtlings konfrontiert wird.

Strand ist gleich Strand

Moment mal - Teneriffa? Haben sich die Verantwortlichen in der Insel geirrt? Mitnichten, erklärt Produzentin Kirsten Hager: „Auf Mallorca ist nicht nur die Anreise billiger, sondern auch die ganze Infrastruktur für Dreharbeiten vorhanden. Es ist für uns einfacher, hier zu drehen als auf den Kanaren." Und Strand ist gleich Strand. Der sich heute endlich mal telegen präsentiert: Die vergangenen fünf Tage fielen für die 40-köpfige Filmcrew buchstäblich ins Wasser. „Wir mussten den Drehplan komplett umschmeißen", so Hager.

Dass das Pensum am Ende trotzdem in der vorgesehenen Zeit im Kasten sein wird, dafür sorgte unter anderem der Hotelvorschlag von Rolf Wappenschmitt. Der Teilhaber der auf Mallorca angesiedelten Service-Produktionsfirma Sunny­side Up suchte im Vorfeld nicht nur nach einer Unterkunft für das Team, sondern gleichzeitig nach einem Drehort für die Einstellungen, die in dem fiktiven Ferienclub auf Teneriffa spielen sollen. Fündig wurde er im Club Pollentia an der Playa de Muro: „So konnten wir schnell umdisponieren und während des schlechten Wetters im Hotel drehen", erklärt Hager. Und Wappenschmitt ergänzt: „Auf Mallorca regnet´s halt auch mal im April, da waren wir schon drauf vorbereitet."

Trotzdem ist das ganze Team sichtbar erfreut, dass endlich wieder die Sonne scheint. „Waren jetzt auch genug Tage im Bungalow", brummelt ein ganz in schwarz gekleideter Tontechniker im Vorbeigehen. Kurz darauf erschallt wieder die Stimme der Aufnahme­leiterin, die per Flüstertüte auf Deutsch und Spanisch eine Wiederholung der Einstellung ankündigt - damit sie nicht nur von den deutschen Darstellern, sondern auch von den mallorquinischen Komparsen gehört wird. Die jungen Strandschönheiten sollen im Hintergrund der Surflehrer-Szene zum wiederholten Male durch das Wasser tollen, das derzeit noch nicht ganz so warm ist. Die Dame mit dem Megafon versucht, das ­Wellenrauschen zu übertönen und die Bikini-Mädchen zu motivieren „¡Es verano en Mallorca!" (Es ist Sommer auf Mallorca!).

Willkommene Abwechslung

In wenigen Metern Abstand liegen die ganz normalen Mallorca-Urlauber in der Sonne und schauen dem Treiben zu. „So wird es hier nicht langweilig", freut sich zum Beispiel Janine. Dass sie ungewollt im Film zu sehen sein wird, ist unwahrscheinlich: „Wir drehen hier mit langen Brennweiten, die Urlauber verschwinden unscharf im Hintergrund. Sonst müsste man jeden nach seinem Einverständnis fragen", so die Produzentin Kirsten Hager. Damit nicht plötzlich unerwartete Karl-Heinz und Hilde durch´s Bild stapfen, sind zehn Ordner anwesend, die das Publikum unauffällig und freundlich auffordern, doch bitte aus dem Bild zu gehen.

Knapp zwei Millionen Euro kostet der Film, der im Herbst ausgestrahlt werden soll - etwas mehr als vergleichbare TV-Produktionen, allein schon wegen der Reisekosten. Seit dem 10. April und noch bis zum 8. Mai ist das Team auf der Insel unterwegs und wird dabei noch zahlreiche Szenen drehen. Eine der aufwendigsten ist schon im Kasten: Mit einer Drohne drehte das Team in einer Nachtszene einen Hubschrauber, der Meer und Ufer nach den gestrandeten Bootsflüchtlingen aus Afrika absucht.

Die Genehmigungen dafür habe er dank langjähriger Kontakte zu den entsprechenden Stellen problemlos bekommen, sagt Wappenschmitt. Trotzdem musste Hager improvisieren: „Wir durften aus Sicherheitsgründen nicht tief genug über dem Strand fliegen, deshalb haben wir den Effekt der Rotorblätter mit einer Windmaschine simuliert."

Dass der Stoff des Films für den Münchner Privatsender außergewöhnlich ernst ist, weiß Hager. „Normalerweise ist die Ankunft von Bootsflüchtlingen ja ein Drama. Im Film spielt es sich inmitten des ­Urlauberalltags ab. Wir wollten zeigen, wie eine Familie mit so einer Situation umgeht - viele haben bei realen Vorkommnissen dieser Art ja einfach nur die Kamera draufgehalten."

So wie die Strandbesucher an der Playa de Muro. Die filmen gerade, wie die Profis filmen. Die Surflehrer-Szene ist nach der x-ten Wiederholung abgedreht. ­„Mittagspause" schallt es aus der Flüstertüte, und das Team begibt sich zu dem Wohn- und Lastwagen­konvoi, der auf dem abgesperrten Teil des Strand­parkplatzes steht. Die meisten verziehen sich erstmal in den Schatten vor dem Catering-Zelt - irgendwie ist es auf Mallorca nämlich ganz schön heiß. Wenn denn die Sonne scheint.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 2. Mail (Nummer 678) lesen Sie außerdem:

-

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.