Laut einer Statistik ertrinken in Spanien jedes Jahr 600 bis 900 Kinder unter 15 Jahren. Mehr als 60 Prozent von ihnen waren jünger als vier Jahre alt, von diesen ertranken wiederum ungefähr 300 in einem privaten Swimmingpool zu Hause, bei Nachbarn oder Freunden. Die meisten Ertrinkungsunfälle ereignen sich am Wochenende und in den Ferienmonaten.

Ertrinken ist bei ein- bis fünfjährigen Kindern die häufigste und bei fünf- bis zehnjährigen die zweithäufigste nicht natürliche Todesursache nach Verkehrsunfällen. Bei den Nichtschwimmern sind es Kinder bis zum 5. Lebensjahr, die meist aufgrund einer Unterkühlung Ertrinkungsunfälle erleiden. Bei älteren Kindern ist oft falsche Selbsteinschätzung der eigenen Schwimmfähigkeiten schuld daran, dass sie sich nicht mehr über Wasser halten können. Zu gefährlichen Unfällen im Wasser bei über 18-Jährigen kommt es nicht selten durch Alkoholgenuss. Ältere Menschen erleben häufig Kreislaufattacken, insbesondere bei vorgeschädigtem Herzen. Eine weitere häufige Ursachen des Ertrinkungstodes sind auch epileptische Anfälle im Wasser.

Im Baby- und Kleinkindalter geschehen solche Unfälle meist in einer Wassertiefe von 3 bis 30 Zentimetern. Noch bis zum 6. Lebensjahr wurden Badeunfälle in dieser geringen Tiefe registriert. Somit kommt jede Art von Wasserreservoir als Gefahrenstelle in Betracht, selbst Kleinstbehältnisse wie Wassereimer: In diese können Kleinkinder aufgrund ihres hohen Körperschwerpunktes kopfüber fallen, ohne mit dem Behältnis umzukippen.

Bei Ertrinkungsunfällen ergreift den Betroffenen zunächst panische Angst, und er versucht sich meist mit heftigen Bewegungen aus seiner Lage zu befreien. Zunehmend wird Wasser geschluckt und wieder erbrochen. Dadurch kommt es zu einem Sauerstoffmangel, was wiederum zu einer Bewusstlosigkeit und - je nach Dauer des Sauerstoffmangels - zu Schädigungen des Gehirns und innerer Organe oder zum Tod führen kann.

Unabhängig von der Wassertemperatur tritt bei fast jedem Ertrinkungsunfall eine Unterkühlung ein. Leider zeigte sich immer wieder, dass eine Wiederbelebung bei einer Körpertemperatur unter 32 Grad nicht mehr möglich ist.

Medizinisch gesehen ist die Unterscheidung zwischen Süßwasser- und Salzwasserunfällen sehr wichtig. Wenn Süßwasser in die Atemwege eindringt, tritt Wasser von den Lungenbläschen in die -gefäße. Die hierdurch verursachte Verdünnung des Blutes löst häufig einen Herzstillstand aus. 16,9 Prozent der Kinder entwickelten nach einer Süßwasser-Aspiration (Eindringen in die Atemwege, Anm. d. Red.) eine Schwellung des Gehirns (Hirnödem), was in 70 Prozent aller Fälle zu einer schweren Hirnschädigung oder zum Tod führte.

Bei Aspiration von Meerwasser kommt es umgekehrt zum Austritt von Wasser aus den Blutgefäßen in die Lunge. Das führt zu einer zusätzlichen, schweren Wassereinlagerung in beide Lungenflügel, wodurch wiederum ein Sauerstoffmangel des Kreislaufes beschleunigt wird. In beiden Fällen wird das Überleben weniger durch die Lungenprobleme, sondern eher durch die Dauer des Sauerstoffmangels im Gehirn bedroht.

Jede Wasserstelle übt eine große Anziehungskraft auf Kinder aus. Besonders gefährlich ist, dass sich Kinder des Risikos, einen Unfall zu erleiden, nicht bewusst sind. Aus diesem Grund versteht es sich von selbst, dass sie niemals unbeaufsichtigt am Wasser spielen dürfen. Auch ältere Geschwister können keine Aufsicht durch einen Erwachsenen ersetzen.

Erste Hilfe: Welche Maßnahmen sollten gleich ergriffen werden?

Natürlich muss das Kind so schnell wie möglich aus dem Wasser geborgen werden. Sprechen Sie es an, um zu prüfen, ob es bei Bewusstsein ist. Versuchen Sie nicht, das Wasser aus der Lunge zu entfernen. Ist das Kind ansprechbar, sollte die durchnässte Kleidung ausgezogen und der Körper mit trockenen Handtüchern warm gehalten werden. Versuchen Sie, beruhigend auf das Kind einzuwirken.

Ist das Kind nicht mehr ansprechbar, weist aber noch regelmäßige Atemzüge auf, sollten Sie es in die stabile Seitenlage bringen, damit das ausgehustete Wasser nicht wieder in die Lunge zurückfließen kann.

Besteht ein Kreislauf- oder Atemstillstand, muss sofort eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchgeführt werden. In jedem Fall sollte sofort ein Notarzt gerufen werden. Denn auch wenn das Kind nach einem Unfall keines dieser Anzeichen aufweist, sollte es auf jeden Fall im Krankenhaus ärztlich behandelt und überwacht werden, da auch ein kurzzeitiger Sauerstoffmangel oft erst nach 24 bis 48 Stunden zu einer Beeinträchtigung der Hirn- und Organfunktionen führen kann.

Dr. Luai Chadid ist Internist und Kardiologe an der Clinica Picasso in Palma. Telefon: 971-22 06 66.