Seit 2011 wissen wir, dass das Meer mit Mikroplastik belastet ist. Der irische Wissenschaftler Mark Antony Browne hat damals als Erster das untersucht, was an die Küsten geschwemmt wird. Kleine Plastikreste von Flaschen, Dosen, Seilen, Textilien. Sein Artikel „Accumulations of microplastic on shorelines worldwide: sources and sinks" („Weltweite Anhäufung von Mikroplastik an den Küsten: Ursprünge und Abflüsse") erschien in dem Fachmagazin Environmental Science & Technology Journal.

Besonders problematisch ist die Verschmutzung des Meeres mit synthetischen Fasern, die beim Waschen aus T-Shirts, Pullis oder Jacken ausgespült werden. Sie sind kürzer als ein Millimeter und fließen durch den Filter der Waschmaschine ebenso wie durch die Filter der Kläranlage direkt ins Meer. Mikrofasern sind so klein, dass viele Organismen sie mit Plankton verwechseln und schlucken.

Mallorca hat mehr als 200 Strände und ist ein Beispiel für die massive Verschmutzung des Mittelmeers mit großem und kleinem Plastikmüll. Greenpeace schätzt, dass allein im westlichen und zentralen Mittelmeer knapp 1.500 Tonnen Plastik treiben. Je länger das Plastik im Meer ist, desto kleiner wird es. Das Ozon der Sonne und die Wellen zerkleinern es zu Mikropartikeln. Die sinken auf den Meeresgrund oder verschwinden in den Mägen von Meerestieren. Etwa ein Drittel der Fische, die Forscher des ­Spanischen Ozeanografischen Instituts bisher untersucht haben, hatte ­Mikroplastik im Magen: Streifenbarben, Makrelen, Sardinen, Sardellen.

Der Magen wird zwar nicht mitgegessen, aber kleine Inhaltsstoffe wandern ins Gewebe der Tiere, besonders die Mikrofasern. Wie alles aus Plastik haben auch sie sogenannte persistente ­organische Schadstoffe, die in die Nahrungskette eingehen. Indirekt essen wir also mitunter unsere eigene Kleidung, wenn wir einen Fisch oder eine Muschel verzehren. Und nicht nur das: Gesundheitsschäd­liche Mikrofasern wurden mittlerweile auch in Honig, Bier oder Mineralwasser nachgewiesen.

Im Jahr 2013 hat die EU knapp 1,3 Millionen Euro ausgeschrieben, um die Ausspülung von Chemiefasern ins Meer zu untersuchen. Die Ergebnisse werden gerade ausgewertet. Drei europäische Forschungseinrichtungen und eine Umweltorganisation haben sich an dem Projekt Mermaids beteiligt, darunter das Technologiezentrum Leitat in Barcelona. Dort arbeitet die katalanische Chemietechnikerin Angels Rovira. Sie hat zwei Jahre lang Wäsche gewaschen, das Abwasser gefiltert und dabei den Auswaschprozess analysiert. Besonders viele Fasern lösen sich aus Fleece. „Das ist ein extra behandelter Stoff, die Fasern werden aufgeraut, damit sie flauschig sind", erklärt Rovira. „Wenn man mit den Fingern oder einer Pinzette etwas zupft, gehen die Fasern so schon relativ leicht ab", sagt sie.

Rund eine Million Mikrofasern gelangen beim Waschen einer einzigen Fleecejacke ins Meer. Besonders Outdoor-Marken und Hersteller von Sportkleidung stehen also in der Verantwortung, denn sie verwenden sogenannte Klimastoffe. Die wirken atmungsaktiv und temperaturausgleichend und sind aus Kunstfasern wie Polyester, Nylon oder Acryl gefertigt. Die Materialien sind nicht biologisch abbaubar und stehen im Widerspruch zu den Werten vieler Kunden: Menschen, die sich gern in der Natur aufhalten.

Bis neue Textilien entwickelt sind, kann man den eigenen ökologischen Fußabdruck beim Waschen etwas verkleinern. Rovira empfiehlt Flüssigwaschmittel und Schonwaschgänge mit niedriger Temperatur und kleiner Schleuderdrehzahl. Dabei lösen sich weniger Fasern von den Kleidern. Und seit ein paar Monaten gibt es einen Waschsack aus sehr engmaschigem, unbehandeltem Polyamid. Er nennt sich Guppy Friend und ist online bestellbar (29,75 Euro). Der Erlös geht an die Stiftung „Stop! Micro Waste" der Berliner Unternehmer und Umweltaktivisten Alexander Nolte und Oliver Spies. Drei Jahre haben sie an dem Waschsack getüftelt. Jetzt versichern sie, dass „rund 75 Prozent der Mikrofasern im Sack bleiben". Die kratzt man heraus und wirft sie in den Hausmüll. Für Nolte ist Guppy Friend aber nicht die Lösung des „massiven Problems". Der Waschsack mache es nur sichtbar, sagt Alexander Nolte, und zwar „jedes Mal, wenn man die Fasern nach dem Waschen aus dem Sack zupft und sieht, was ins Meer geflossen wäre".

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