Ein früherer deutscher Topmanager kauft sich in eine Institution ein, in der es so mallorquinisch zugeht wie sonst vielleicht nur auf der Trabrennbahn oder auf dem Schlachtfest. Dass dies interkulturellen Konfliktstoff birgt, war klar, seit der ehemalige EnBW-Vorstandsvorsitzende Utz Claassen im November 2010 10 Prozent von Real Mallorca übernahm.

Monatelang wurden diese Spannungen vornehm verschwiegen, jetzt treten sie offen zutage. Mit inzwischen 20 Prozent der Aktien und einem noch größeren Selbstbewusstsein ausgestattet, hat Claassen damit begonnen, den Finger in die Wunden der Misswirtschaft zu legen. Er hat einen geschliffen formulierten Fragenkatalog vorgelegt. Und er geht an die Presse und verlangt eine Antwort darauf, wie viel Llorenç Serra Ferrer und sein Partner Jaume Cladera denn nun für ihre Clubanteile bezahlt haben. Anscheinend war es gerade mal die Hälfte von dem, was wenige Monate später Claassen abgeknöpft wurde. Die Angesprochenen aber gehen mit kaum einem Wort auf die Vorwürfe ein und lassen den Deutschen einfach abblitzen.

Jedem Nordeuropäer, der einmal in einem spanischen Unternehmen gearbeitet hat, wird dieses Verhalten bekannt vorkommen: Offene und direkte Kritik ist hier meist verpönt, zumal wenn sie den Vorgesetzten oder Mächtigeren betrifft. Den Fall nicht einfacher macht die Tatsache, dass „Superhirn" Claassen, wie seine deutsche Laufbahn beweist, ein ausgesprochen machtbewusster, aber eben auch streitbarer Mensch ist.

Also alles nur ein großes kulturelles Missverständnis? Von wegen. Umgangsformen hin oder her: Es ist höchste Zeit, dass bei ­Real Mallorca endlich Transparenz einkehrt, dass langfristig und strategisch gedacht wird, dass ein professionelles Management die Zügel übernimmt.

Ob Claassen das durchsetzen kann, sei dahingestellt: Er müsste dafür den Club wohl ganz übernehmen, und es ist nicht klar, ob er das wirklich will, kann oder darf. Auf jeden Fall aber tun die Mallorquiner gut daran, auf seine Einwände zu hören. Auch wenn sie so ungewohnt vorgebracht werden.