Die Laune im Lager des Cup-Verteidigers „Alinghi" ist schlecht. Gut zwei Wochen vor dem ersten Startschuss im Kampf um den America´s Cup mit der „USA" vom ­Herausforderer-Team BMW Oracle will das Wetter nicht mitspielen – ausgerechnet in der wichtigsten Phase der Vorbereitung. Angesagt sind nordöstliche Winde.

„Das kostet uns mindestens drei Tage Training", stöhnt Jo Bilger vom Wetterteam der Schweizer. Dabei sind das gar keine ungewöhn-

lichen Bedingungen, im Februar vor Valencia. „Ein wirklich interessanter Ort, um jetzt einen America´s Cup auszutragen!", lästert Bilger mit spöttischem Unterton.

Es ist ein Giftpfeil in Richtung BMW Oracle und dessen Eigner, dem US-amerikanischen Software-Milliardär Larry Ellison. Wenn es nach Alinghi gegangen wäre, so würde die 33. Ausgabe vom America´s Cup nicht in den Gewässern der spanischen Levante-Küste ausgetragen. Das Wunschziel des Schweizer Eigners und Pharma-Milliardärs Ernesto Bertarelli war vielmehr das arabische Emirat Ras al-Chaima am Persischen Golf. Dorthin war die „Alinghi 5" bereits verschifft worden. Doch dann hatte BMW Oracle gegen den Austragungsort geklagt und von den Richtern des Obersten Gerichtshof von New York recht bekommen. Die Begründung der Richter: Der von den Schweizern gewählte Austragungsort stimme nicht mit den Bestimmungen der Stiftungsurkunde aus dem 19. Jahrhundert überein.

Es war nicht das erste Mal, dass der Gerichtshof, der für alle Rechtsfragen, die den ältesten und renommiertesten Segelwettbewerb der Welt betreffen, das letzte Wort hatte. Gleich neunmal in den vergangenen zweieinhalb Jahren haben die beiden Streithähne in verschiedensten Fragen die Richter angerufen. Das entscheidende Urteil über den Austragungsort wurde Mitte Dezember gefällt.

Und so befinden sich nun beide Teams erst seit wenigen Wochen in Valencia und bereiten sich in aller Eile auf die Rennen vor, die nach aktuellem Stand der Dinge am 8. Februar beginnen sollen. Es wird der kostspielig­ste America´s Cup aller Zeiten. Insgesamt haben beide Teams 300 Millionen Euro für den Bau der Boote und die juristische Schlacht im Vorfeld des Wettbewerbs ausgegeben. Es sind die teuersten, schnellsten und spektakulärsten Segelschiffe, die je gebaut wurden.

Viel Muskelkraft bedarf es auf diesen Booten nicht mehr. Weil jetzt motorbetriebene Winschen erlaubt sind, ist die Zeit der breitschultrigen Grinder, die fürs Segelsetzen,

-bergen und -trimmen zuständig waren, vorbei. Nun besteht eine Crew nur noch aus sieben Mitgliedern. Bertarelli setzt beim ­

­Cup-Verteidiger Alinghi auf die altbewährte sportliche Leitung des Neuseeländers Brad Butterworth (50), der das Team bereits 2007 zum Erfolg geführt hatte, und das Know-how des Amerikaners Ed Baird.

Der Konkurrent BMW Oracle hat dagegen personell aufgerüstet. Nach der Niederlage vor drei Jahren an gleicher Stelle hatte Larry Ellison die komplette Teamführung vor die Tür gesetzt. Mit dem Neuseeländer Russel Coutts (47) machte er einen dreifachen America´s-Cup-Sieger zum neuen Teamchef. Neuer Steuermann ist Jimmy Spithill (30). Der junge Australier empfahl sich 2007, als er am Steuer der italienischen „Luna Rossa" ausgerechnet dem hochfavorisierten Team von Ellison eine peinliche Niederlage beibrachte.

Austragungsmodus und Reglement stehen noch immer nicht eindeutig fest. In der Stiftungsurkunde von 1887 ist festgeschrieben, dass es höchstens drei Rennen geben darf (Best of Three). Doch wird zwischen den Teams und dem Veranstalter über eine für Zuschauer und Werbepartner attraktivere Lösung verhandelt. Im Gespräch sind maximal fünf (Best of Five) oder gar sieben Rennen (Best of Seven).

Als Favoriten gelten die US-Amerikaner. Jochen Schümann, zweimaliger Cup-Sieger in Diensten Alinghis, bleibt vorsichtig: „Ich habe keine Ahnung, wer gewinnt. Meine Sympathien sind bei Alinghi. Und dann schauen wir mal, wer was kann", so der ehemalige deutsche Olympiasieger, der jetzt in Diensten eines deutsch-französischen Syndikats steht, das ebenfalls in Valencia beheimatet ist. Knut Frostad, Profisegler und Chef

des Volvo Ocean Race, ist ebenfalls unsicher: „Für eine Weile habe ich auf Alinghi getippt. Aber BMW Oracle Racing hat mehr Mittel in die Schlacht geworfen. Das Duell ist offen."

Die Schweizer empfingen bereits in der Vorwoche Medienvertreter aus aller Welt, um die „Alinghi 5" vorzustellen. BMW Oracle ließ unterdessen seinen Trimaran erstmals vergangenen Woche vor der Küste von Valencia kreuzen.

Das Wetter macht dabei beiden Teams zu schaffen – je feiner die Technik, desto empfindlicher die Boote. Die „Alinghi 5" dürfte eigentlich nur bei einer Windgeschwindigkeit von maximal 15 Knoten und einer Wellenhöhe von einem Meter auslaufen. Gegner BMW Oracle ging vergangene Woche auch bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 22 Knoten raus aufs Wasser. Doch habe der Trimaran dabei seine Grenzen erreicht, heißt es auch bei den US-Amerikanern.

„Ein Rumpf geht schon bei acht bis zehn Knoten in die Luft. Wenn es 15 Knoten sind, muss die Crew versuchen, Druck wegzunehmen. Die Lasten auf diesen Mehrrümpfern sind extrem", erklärt der Wetterfachmann Jo Bilger. Er fürchtet, dass der Zeitplan der Wettkämpfe gehörig durcheinander kommen könnte. „Es gibt zur dieser Jahreszeit nur kleine Zeitfenster, in denen günstige Bedingungen zum Segeln herrschen."

Und noch etwas anderes könnte den Terminkalender verändern. Es gibt noch eine weitere juristische Auseinandersetzung, die den ganzen Wettbewerb in letzter Minute noch zum Kippen bringen könnte. BMW Oracle bezichtigt das Alinghi-Team, ein nicht in der Schweiz gefertigtes Segel zu benutzen. Dies, so argumentieren die US-Amerikaner, verstoße gegen die Stiftungsurkunde.

Das Alinghi-Team beruft sich dagegen auf einige Beispiele in der langen Cup-Geschichte – erstmals wurde die Regatta 1851 ausgetragen–, in denen das Material ebenfalls zum Teil im Ausland hergestellt wurde. Um Beweise zusammenzutragen, haben die Schweizer eigens einen Segelhistoriker beauftragt. Ein Urteil des Obersten New Yorker Gerichts in dieser Angelegenheit stand bei Redaktionsschluss noch aus. Ernesto Bertarelli spottete bereits in Richtung seines amerikanischen Rivalen: „Wenn BMW Oracle letztendlich den America´s Cup vor Gericht gewinnt, dann bringe ich Larry Ellison höchstpersönlich den Champagner vorbei."

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