Mallorca Zeitung

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Mallorca ist Schauplatz eines neuen Kriminalromans

Andreas Storm schreibt eine Krimiserie. Sein aktuelles Buch taucht in die Franco-Ära ein

Andreas Storm will in Zukunft vom Bücherschreiben leben. | FOTO: MAYA CLAUSSEN

Am 17. August erschien „Die Akte Madrid“, der zweite Roman von Andreas Storm (59). Sein Debüt „Das neunte Gemälde“ kam im August 2022 heraus, es spielt in Frankreich und bildete den Auftakt zu einer Krimiserie. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Kunstexperte Lennard Lomberg, der in einen Kunstraub verwickelt wird und sich als Ermittler betätigt.

Der Schauplatz von Storms zweitem Buch ist Spanien, eine Episode spielt auf Mallorca. Wie in „Das neunte Gemälde“ geht es wieder um politische Verstrickungen: Im Sommer 2016 wird bei einem Einbruch in ein Luxushotel in der Nähe der Alhambra in Granada ein surrealistisches Gemälde gestohlen. Der Besitzer ist der fiktive deutsche Verteidigungsminister Franziskus Ritter. Lennard Lomberg findet heraus, dass das Kunstwerk eine finstere Vergangenheit hat, die von den Folterkellern der Franco-Zeit bis zu Vertuschungsaktionen während der Bonner Republik reicht. Die MZ hat mit dem Autor über sein Buch gesprochen.

Sie beschreiben in „Die Akte Madrid“ einige Orte in Spanien sehr genau. Das wirkt als hätten Sie eine ziemlich gute Landeskenntnis.

Tatsächlich kenne ich Spanien recht gut – von zahlreichen Reisen. Den Auftakt bildete ein Interrail-Trip mit zwei Freunden im Sommer 1981. Ich war noch nicht ganz 18 Jahre alt. Wir sind damals an der Atlantikseite von Frankreich aus nach Spanien eingereist. Am Grenzbahnhof Hendaye und Irun entdeckte ich eine gekachelte Wand mit einem übergroßen Gemälde von Franco und Hitler. Ich war geschockt, das Antlitz des Führers in aller Öffentlichkeit zu sehen. Über die Franco-Diktatur in Spanien wusste ich Bescheid; im gleichen Jahr hatten Militärs ja noch einen Putschversuch unternommen. In gewisser Hinsicht lernte ich das Land also an jenem Zeitpunkt kennen, an dem es sich endgültig für die Demokratie entschieden hatte. Wir waren dann vier Wochen unterwegs, campten, schliefen am Strand, hatten die Köpfe voller Flausen und in den Hosentaschen nur ein paar zerknüllte Reiseschecks, der Sommer roch nach Freiheit.

Hendaye, natürlich. Am 23. Oktober 1940 fand auf dem Bahnhof eine Konferenz zwischen Francisco Franco und Adolf Hitler statt. Die Diktatoren haben versucht, Bedingungen für einen Kriegseintritt Spaniens auszuhandeln. Hitler wollte die Briten aus Gibraltar verjagen, um die Kontrolle über das Mittelmeer zu gewinnen. Der Affenfelsen sollte als Faustpfand an Spanien gehen. Was hat Sie an dieser Zeit so fasziniert, dass Sie die Franco-Ära in einem Roman verarbeitet haben?

Die Verwicklung Deutschlands in den Spanischen Bürgerkrieg ist ein dunkles, aber auch spannendes Kapitel der Geschichte. Ich fing an, die deutschen Sympathien für das Reiseland Spanien, vor allem in den 1960er-Jahren, kritisch zu betrachten. Die Deutschen haben eine unsägliche Ignoranz an den Tag gelegt. Am Strand von Benidorm und an der Playa de Palma sollte kein Schatten die Urlaubsfreude trüben. Dass währenddessen Tausende aufrechte Demokraten in Francos Folterkellern starben, war uns scheinbar völlig egal. Im Alter von 25 Jahren schloss ich Freundschaft mit einer Spanierin aus Tarragona. Sie sagte mir, ihre Eltern hätten ein Problem mit Deutschen, darum könne sie mich nicht mit nach Hause nehmen. Ihre Familie hatte auf der Republikseite gegen Franco gekämpft.

Auf dem verschollenen Gemälde sind Federico García Lorca, Salvador Dalí und Luis Buñuel abgebildet. Warum gerade die drei?

Ihre Lebensläufe waren – auf unterschiedliche Weise – durch den Bürgerkrieg geprägt. Ein besonders schlimmes Schicksal erlitt Lorca, er wurde von dem Franquisten Juan Luis Trescastro erschossen. Lange Zeit war das ein Tabuthema in Spanien, beinahe eine Art nationales Trauma. Lorcas Lebensgeschichte ist eng mit meiner Geschichte verwoben. Darum geht es in meinem Roman auch nach Granada, die Stadt, in der Lorca geboren wurde und zu Tode kam.

Sie tauchen tief in die Zeitgeschichte ein. Gibt es Personen, die Sie inspiriert haben?

Die Malerin Maruja Mallo. Aus ihr wurde im Buch Alma Arrás. Und Hans Hoffmann alias Juan Hoffmann – eine zwielichtige Gestalt. Er war Nazi und brachte es zum Generalkonsul der Bundesrepublik. Bei mir stand er Pate für die Figur Julius Ritter.

Hans Hoffmann tauchte 1997 in einer Liste der Alliierten auf, die ein Journalist der Tageszeitung „El País“, José María Irujo, entdeckt hatte. Darin wurden 104 deutsche Nazi-Spione genannt, die in Spanien aktiv waren. Die Deutsche Schule in Málaga hieß bis 2017 „Deutsche Schule Colegio Aleman Juan Hoffmann“, bevor sie umbenannt wurde. Recherchieren Sie solche Storys und durchkämmen Sie Archive?

Tatsächlich sind die Lomberg-Romane rechercheintensiv. Wichtiger als Bibliotheken oder Nachrichten ist mir, dass ich die Schauplätze kenne. Im Oktober geht es für mich nach England für meinen dritten Roman.

Eine Episode Ihres zweiten Buchs spielt auf Mallorca. Was verbinden Sie mit der Insel?

In Sóller kenne ich jeden Kieselstein mit Nachnamen. Seit 1991 war ich sicher 30 Mal auf Mallorca. Ich hatte jahrelang ein Hideaway in Palma, das Hostal Corona im Viertel El Terreno. Das war damals ein geradezu mystischer Ort, ein idealer Treffpunkt.

In der Pandemie musste das Hostal Corona schließen. Es ist unklar, ob daraus wieder ein Hotel wird. Sind Sie noch ab und an auf der Insel?

Ich habe in den 1990er-Jahren immer mal wieder mit dem Gedanken gespielt, herzuziehen. Nun habe ich im Bergischen Land, in der Nähe von Köln, meinen festen Platz gefunden. Ich bin als Marketing-Berater in der Weinbranche tätig, darum lag mein Reise-Fokus zuletzt mehr auf Frankreich. Die Bücher schreibe ich im Moment noch nebenbei. Früher oder später wird mich Mallorca aber wieder rufen. Vorher ist noch Sevilla dran. Das ist eine der wenigen Leerstellen auf meiner persönlichen Spanien-Landkarte.

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