Mallorca Zeitung

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Wie die größte Verbrauchergemeinschaft auf Mallorca tickt und was ein Deutscher damit zu tun hat

Patrick Morarescu findet für seine gesunden Produkte Abnehmer über die „Grup de Consum“ in Sencelles, der wohl größten Verbrauchergemeinschaft auf der Insel

Patrick Morarescu im Patio seines Dorfhauses in Lloret de Vistalegre mit seinem Angebot an Selbstgebrautem und Eingelegtem. Nele Bendgens

Nein, es ist kein Bio-Landwirt, der hier sein Selbstgezogenes konserviert. Es ist der Fotograf Patrick Morarescu (50), der im Patio seines Dorfhauses in Lloret de Vistalegre Eingelegtes, Eingekochtes und Selbstgebrautes präsentiert. Wenn er nicht im Auftrag für namhafte Redaktionen wie „Die Zeit“, den „Focus“ oder gar die „New York Times“ unterwegs ist, verarbeitet er Zutaten, die auf der Insel wenig Beachtung finden.

Er genießt die von anderen vergessenen Inselfrüchte, denn bisher lebte er eher in urbanen Welten. In Berlin lernte er seine katalanische Ehefrau kennen, und weil sie eine Stelle im Museum Es Baluard in Palma bekam, zog das Paar samt Sohn nach Mallorca. Als in der Pandemie vieles stillstand, begann er mit Mehlsorten aus ökologischem Anbau Brot zu backen und es über die WhatsApp-Gruppe der Verbraucherinitiative „Grup de Consum“ in Sencelles anzubieten. Die Mitglieder fanden Geschmack an seinem pan integral.

Umgestellter Ernährungsplan

Mittlerweile hat das Paar seine Ernährung umgestellt, er bäckt kein Brot und isst auch selbst keines mehr. „Gluten ist einfach ungesund“, sagt Morarescu. Auch Marmeladen und Zucker kommen in seinem umgestellten Ernährungsplan nicht vor. Er praktiziert die Diät des Intervallfastens, zu seinem Leidwesen muss er seither auf das Frühstück verzichten.

Man sieht dem Fotografen an, dass er sich sehr gesund ernährt, seine Haut scheint rosig, eben und glatt, die Poren fein. Statt Brot braut er nun Kefirwasser, einen Zaubertrank mit dem er täglich mehrmals die Darmmikroben fördert und den er als Ein-Liter-Flaschen an die Mitglieder der Verbrauchergruppe liefert.

Gesundes vom Fotografen

„Viel Geld lässt sich dabei nicht verdienen“, berichtet Morarescu. Aber er verbringt gern seine freie Zeit mit einer Form des Haltbarmachens, die durch und durch ökologisch ist. Das beginnt mit den recycelten Gläsern und Flaschen. „Ich sammle das Leergut an den Tagen, an denen die Bewohner von Lloret es vors Haus stellen“, sagt Morarescu. Auch zum Wertstoffhof Punt Verd hält er ständigen Kontakt. Man sammelt dort für ihn die gläsernen Behälter außerhalb der Container. In seinem Dorfhaus in Lloret bereitet der Fotograf die Gläser für die Konservierung vor, säubert sie sorgfältig und desinfiziert sie.

Sein Zitronensirup hätte es anfangs bei den Mitgliedern der Gruppe etwas schwer gehabt, sagt er, denn auf der Insel kenne man diese Art des Einkochens von eigenen Früchten eher nicht. Er klaubt die Zitronen vom Boden auf und kocht erst die Zesten aus. Etwas mühsam wäre danach das Auspressen des Saftes, der dann über Stunden eingekocht und so zu Sirup reduziert wird. Den gießt Morarescu in Gläser, die er mit Mineralwasser auffüllt. Die Mischung erinnert an Bitter Lemon.

Nach marokkanischem Vorbild legt Morarescu auch Zitronen in Salz ein und mischt Heilkräuter unter grobes Salz. Essigsorten dagegen geben Rosmarinzweige einen besonderes Aroma. Sein in Gläsern konservierter Rotkohl wäre von Anfang an ein Renner bei den Mitgliedern der Grup de Consum gewesen, sagt der Fotograf. Und: „Der Gruppe beizutreten ist keine große Sache.“

Die Verbrauchergruppe

Das meint auch Laura Pérez, die mit fünf Mitstreitern im Jahre 2012 die Verbrauchergruppe gründete. „Es begann mit ein paar Leuten, die hier neu waren und in der banc de temps Jobs suchten, etwa um Maler- gegen Gartenarbeiten zu tauschen“, sagt sie. Auch Katalanischkurse gegen Englischstunden hatte das Kollektiv im Angebot.

Heute ist die Gruppe mit rund 150 Mitgliedern die wohl größte der Insel und diejenige, die am längsten existiert. Es gibt mittlerweile bei WhatsApp achtzehn verschiedene Untergruppen. Die einen kaufen Gesundes günstig ein, die anderen verkaufen wie Patrick Morarescu ihre Produkte. Obst und Gemüse aus eigenen Gärten gehören ebenso dazu wie Eier und Fleisch. Viele Mitglieder wohnen in Sencelles und den umliegenden Dörfern.

Ehrenamtliche Mitarbeit, günstige Preise

„Die Preise sind so günstig, weil ehrenamtliche Mitglieder ihre Zeit investieren“, sagt Pérez. Jetzt im Herbst startet ein Großeinkauf von Olivenöl aus ökologischem Anbau in Banyalbufar. Jeder Interessierte zahlt vorab 35 Euro für eine Fünf-Liter-Karaffe. Wenn alles Geld eingesammelt ist, werden 90 Karaffen bezahlt, abgeholt und verteilt.

So kann der Einkauf auch finanziert werden, wenn ein befreundeter Avocado-Anbauer der Gruppe seine gesamte Ernte überlässt. Mitglieder wiegen die Früchte in bezahlbare kleine Mengen ab und zeichnen die Preise aus. Sie liegen dann im Gemeinschaftsraum der Gruppe in Sencelles aus. Durch die Mitgliedsbeiträge hat das Kollektiv einen Überschuss in der Kasse.

Die Mitglieder erwägen, ob sie es in einen gemeinsam zu nutzenden Dörrautomaten investieren sollen. Er könnte dann in dem Gemeinschaftsraum in Sencelles stehen mit einer Liste, wer ihn zu welcher Zeit zu sich nach Hause nehmen will. Das könnte auch für Patrick Morarescu interessant werden, weil er dann Orangenscheiben trocknen könnte, was eine Alternative zur Konservierung mit Zucker wäre.

Information: Die Website des Fotografen, die Facebook-Seite zur Verbrauchergruppe.

Wie man bei der Grup de Consum Mitglied wird

Zunächst ist unter bit.ly/3QdvKRz ein digitales Formular mit persönlichen Daten auszufüllen. Dann wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 5 Euro fällig und man erhält einen Zahlencode (Clave). Damit können die achtzehn WhatsAppUntergruppen genutzt werden, man kann also kaufen oder verkaufen. Der Zahlencode dient zudem für das Betreten des Gemeinschaftsraums der Gruppe in Sencelles, in dem Mitglieder ihre Ware anbieten. Das Geld für den Kauf wird einfach dort hinterlassen.

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