Mallorca Zeitung

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Bauboom auf Mallorca in der Antike: Als römische Bauträger über die Insel herfielen

Ausufernde Wohnsiedlungen haben auf der Insel eine lange Tradition. Im zweiten Teil der Serie „Seltsame Touris“ beschäftigt sich unser Autor mit Immobilien-Projekten „im römischen Stil“

Bauten fleißig: Die Römer auf Mallorca DM

Quintus Caecilius Metellus, der „Balearicus“, verliebte sich in die Inseln und hielt sie für einen geeigneten Ort, um Bauprojekte für Wohnsiedlungen in Angriff zu nehmen. Die offizielle Version lautet, dass er die Balearen dem Römischen Reich einverleibte, weil sie ein „Piratennest“ waren, Titus Livius dixit. Es ist nicht klar, ob es sich bei den Seeräubern um Einheimische handelte oder ob sie von außerhalb kamen und sich in den Buchten niederließen, um Schiffe zu überfallen, die zwischen der italienischen und der Iberischen Halbinsel verkehrten. Aber die Ausrede war da.

Die Mallorquiner kümmerten sich derweil um ihre eigenen Angelegenheiten: Sie bauten Talaiots und übten sich im Umgang mit der Steinschleuder, zumal wir uns noch nicht auf den Gewinn von Weltmeisterschaften im Motorradfahren spezialisiert hatten. Eines Tages, im Jahr 123 v. Chr., tauchten die Kreuzfahrtschiffe jener Zeit am Horizont auf, ausgestattet mit einer merkwürdigen Eigenschaft: Sie waren durch Felle geschützt, um zu verhindern, dass die Steinschleuderkämpfer sie versenkten. Der Anführer der Römer wusste, wie diese Krieger, die weniger als ein Jahrhundert zuvor den Karthager Hannibal bei seinen Feldzügen gegen die Legionen begleitet hatten, zu kämpfen pflegten.

Häuser trafen nicht den Geschmack der Touristen

Seine Taktik funktionierte. Quintus gefiel, was er sah, und er brachte dreitausend Landsleute mit, wohl weil ihm weder die Sprache noch die Sitten der Einheimischen geheuer waren. Und die Neuankömmlinge taten, was jeder angehende Touri tut, wenn er sich in Mallorca verliebt: Sie suchten ein Haus, um das milde Klima und die Landschaft zu genießen. Das Problem war, dass die mallorquinischen Häuser – Talaiots, navetas und Höhlen – nicht den Geschmack der guiris trafen. Außerdem konnten die damaligen Immobilienmakler, wenn sie einen Talaiot zeigten, nicht erklären, ob er zum Wohnen, zur Verteidigung oder zum Begraben der Toten diente. Eine Verwirrung, die bis zum heutigen Tag anhält. Die Lösung? Eine Bebauung der Insel nach dem Geschmack der Metropolen. So wie im 21. Jahrhundert, als die Deutschen die Kippfenster aus ihrem Land mitbrachten und wir alle unsere Einrichtungsgegenstände bei Ikea kauften.

In einer heutigen Werbung würde einer der Neubauten als „typisch italienisches Haus mit Implovium, vier Säulen im zentralen Hof und darum verteilten Zimmern“ angepriesen werden. So beschreiben die Professoren Miguel Ángel Cau und María Esther Chávez eine der in Pollentia ausgegrabenen Behausungen. „Mit Meerblick“, sollte man hinzufügen. Die Römer errichteten ihre Siedlungen ausnahmslos in Küstennähe.

Pollentia in Alcúdia

Die Römer bauten in Pollentia, das seltsamerweise nicht in Pollença, sondern in Alcúdia liegt; in Palma, das einige auf dem Landgut Palmer de Campos verorteten, obwohl sich heute alle Gelehrten einig sind, dass es sich um die heutige Hauptstadt handelt; und in Boccoris – das in Pollença liegt, auf dem Landgut Bóquer. Wir kennen auch die Namen Guium und Tucis, aber wir wissen nicht, wo sie sich befanden. Es waren wohl minderwertige Urbanisationen.

Pollentia besaß Sehenswürdigkeiten und Häfen, zwei an beiden Buchten im Norden der Insel. Es war eine bedeutende Stadt mit einem Forum, Tavernen, Tempeln und einem in den Felsen gehauenen Theater am Stadtrand für bis zu 2.000 Zuschauer. Freizeitvergnügen war bereits damals ein lukratives Geschäft. Jedes Jahr liefern die Ausgrabungen neue Daten und Fundstücke dazu – auch wenn ein Teil davon im Museo Arqueológico Nacional in Madrid landet.

Mit dem Boot zum C&A

Der Fall von Palma liegt etwas komplizierter. Wir wissen, dass die Straßen rechtwinklig zueinander angelegt waren, dass es Überreste davon im Kreuzgang der Kathedrale gibt und dass man annimmt, dass die neuen Touris mit dem Boot fast bis vor das heutige C&A gelangten, wo sich ein Anker fand. Es war nicht nötig, acht Kilometer vom Zentrum entfernt zu parken und dann ein Taxi oder den EMT-Bus zu nehmen. Zudem gibt es die Vermutung, dass sich im Karree der Bar Bosch das Theater befand.

Welche Art von Essen gab es in den Tavernen auf Mallorca? Das wissen wir dank der schlechten Angewohnheit der römischen Schiffe, zu sinken und Jahre später geplündert zu werden. Glücklicherweise konnten einige Schiffe vor der Plünderung bewahrt werden, wie das Wrack, das nur wenige Meter vor der Playa de Palma entdeckt wurde, mit Amphoren voller Wein, Oliven und der Würzsauce Garum.

Die römischen Touris mochten den Archipel offenbar so sehr, dass sie sich – mit einigen Höhen und Tiefen – tausend Jahre lang an seinen Stränden, Landschaften und Vergnügungen erfreuten.

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