Mallorca Zeitung

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So kinderlieb ist Mallorca: Beobachtungen aus dem Insel-Alltag

Viele deutsche Eltern schätzen Mallorca auch für die hier herrschende Kinderfreundlichkeit. Woran sie das festmachen

Dürfen auf der Insel mehr Kind sein, ohne gliech eins auf den Deckel zu bekommen: Kinder auf Mallorca. Nele Bendgens

Mallorca ist kinderfreundlich? Ja, versichern wohl die meisten ausländischen Eltern, die auf der Insel leben. So manche Familie zieht sogar eigens von Deutschland auf die Insel – der Kinder wegen. Wer danach fragt, worin sich diese Kinderfreundlichkeit bemerkbar macht, bekommt weitgehend übereinstimmende Antworten.

Damaris Weiss ist Gründerin der Website mallorcafuerkinder.de. Die zweifache Mutter hat in den vergangenen Jahren Angebote und Tipps für Familien auf der Insel zusammengetragen und berichtet aus eigener Erfahrung: „In Deutschland hat man oft das Gefühl, dass Kinder stören. In Spanien sind sie eigentlich überall willkommen.“

Einfachere Integration

Als Auswanderin hat Damaris Weiss am eigenen Leib miterlebt, „dass auch die Integration mit Kindern leichter geht“. Mallorquiner seien bei Fremden prinzipiell eher reserviert. „Von dem Moment an, als die Kinder da waren, hatte ich das Gefühl, dass sie offener und interessierter waren.“

Tomeu Fiol, der Initiator der Website turismepetit.com schätzt das ähnlich ein. Der Mallorquiner ist bereits viel in der Welt herumgekommen und sagt: „Die Toleranz Kindern gegenüber ist in Spanien und auf Mallorca höher als an vielen anderen Orten der Welt.“ In Tokio beispielsweise habe es oft den Anschein, als störten die Kinder die Erwachsenen. Und in New York habe er den Eindruck gehabt, Kinder existierten überhaupt nicht. „Es gab keinerlei spezielle Angebote für sie.“

Kinder gehören "bis in die Nacht hinein immer dazu"

Für den Nordspanier Israel Galvez und seine deutsche Frau war die Kinderfreundlichkeit einer der Hauptgründe, um mit den fünf gemeinsamen Kindern von Deutschland nach Mallorca auszuwandern. In Deutschland sei die Familie oft ermahnt worden. „Man mischt sich dort eher ein und belehrt über vermeintlich falsche Erziehung“, schreibt Galvez.

In Spanien gehörten „Kinder bis in die Nacht hinein immer dazu“. Spanier „mischen sich auch ein“, dann aber vor allem, wenn es darum gehe, auf fremde Kinder aufzupassen – „stets in Sorge, dass sie sich verletzen könnten“.

Auf der Reise

Die Kinderfreundlichkeit der Mallorquiner lasse sich an vielen kleinen Details im Alltag feststellen, finden viele Eltern. So berichtet Sabine Holm (Name von der Red. geändert), dass sie zum Beispiel am Flughafen Son Sant Joan auffällige Unterschiede zu Deutschland festgestellt hat: „Während die Kinder auf deutschem Boden manchmal wie potenzielle Schwerverbrecher behandelt werden und kaum zwischen Kindern und Erwachsenen unterschieden wird, werden am Flughafen in Palma die Kinder freundlich empfangen. Bei der Sicherheitskontrolle wird ihnen auch mal angeboten, mit auf den Monitor zu schauen, um ihre Kuscheltiere auf dem Weg durch die Schleuse zu begleiten.“

Auch Damaris Weiss erzählt von zwei Erlebnissen im Flugzeug von Deutschland nach Mallorca und zurück: „Mein Sohn war vier Monate alt und wir auf unserer ersten Flugreise. Auf dem Hinflug sollte ich mit dem recht quengeligen Baby neben einem deutschen Ehepaar sitzen. Ich saß noch nicht richtig, da sagte der Mann bereits zu seiner Frau in genervtem Tonfall: ‚Das hat uns gerade noch gefehlt.‘ Auf dem Rückflug saß ich neben einer Spanierin. Das Kind quengelte diesmal deutlich lauter. Die Frau fragte mich, ob sie mir das Baby mal kurz abnehmen darf, weil Abwechslung ja hilft. Und dann bespielte sie gemeinsam mit ihrer ebenfalls spanischen Sitznachbarin meinen Sohn die restliche Flugzeit.

Im Restaurant

Wie im Flugzeug und am Flughafen, so auch im Restaurant. Schreiende oder herumtobende Kinder sind auf Mallorca normalerweise kein Problem und werden vom Personal besonders umsorgt. So berichtet Sabine Holm: „Als wir uns vor über zwei Jahren Häuser auf Mallorca umgeschaut haben, um auszuwandern, machten wir halt in einem Restaurant in Palma. Am Nachbartisch nahm eine kleine Familie Platz. Der Kellner begrüßte vor allem das Kleinkind sehr herzlich und hob es wie selbstverständlich in den Hochsitz. Alle waren entspannt und happy. In Deutschland undenkbar.“

Beim Treffen mit zwei Müttern in einem Café habe sie eine ähnliche Erfahrung gemacht: Die Kinder der beiden anderen Mütter seien noch sehr klein gewesen und hätten sich bäuchlings in den Gang gelegt, um zu spielen. „Ich war direkt in Alarmbereitschaft, da man in Deutschland als Mutter sofort zurechtgewiesen wird, das Kind aus dem Weg zu räumen. Nicht auf Mallorca. Die Kellner grüßten die Kleinen freundlich, kellnerten drum herum und brachten ihnen Papier und Malstifte.“

Im Geschäft

Steffi Tobies, Mutter eines achtmonatigen Babys, berichtet von einem Erlebnis in einem Müller-Markt auf der Insel: „An der Kasse hatte ich den Kleinen auf dem Arm und suchte gerade in der Tasche nach meiner Geldbörse. Da fragte mich die spanische Kassiererin, ob sie ihn mal nehmen soll, solange ich die Einkäufe einpacke. Ich habe also den Kleinen über die Ladentheke gehoben und schon kam noch eine Kassiererin herbei, um ihn zu begutachten. Immer wieder sagten sie, wie hübsch er ist, wie niedlich. Man nimmt sich hier einfach mehr Zeit für solche Situationen, denn ich war ja nicht die Einzige, die an der Kasse stand.“

Auf der Straße

Auch sonst reagieren Spanier immer wieder begeistert, vor allem auf kleine Kinder. Steffi Tobies schreibt: „Wenn wir mit unserem Kleinen spazieren gehen, vergeht kein Tag, an dem man nicht von fremden Mallorquinerinnen hört ‚qué guapo‘ (wie süß) oder ‚qué simpático‘ (wie sympathisch) oder man gefragt wird, wie alt der Kleine ist. Gerade die Mallorquinerinnen strahlen über das ganze Gesicht, sobald sie ein Baby oder Kleinkind sehen, und sprechen direkt mit ihm. Das habe ich in Deutschland noch nicht so extrem erlebt.“

Auch beim Thema Stillen in der Öffentlichkeit geht es auf Mallorca entspannter zu als in Deutschland, sagt Sandra Puhl, die auf der Insel als freiberufliche Hebamme arbeitet. Als zweifache Mutter kann sie auch aus beruflicher Perspektive sagen, dass „Stillen hier in der Öffentlichkeit, zum Beispiel in einer Bar, einem Restaurant oder in einem Geschäft nicht abwertend beobachtet“ wird. „Frauen dürfen in Ruhe ihre Kinder stillen. In Deutschland dagegen ist mir schon aufgefallen, dass das Stillen in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen wird.“

International aufwachsen

Die Hebamme hat auch in der Familie Unterschiede zu Deutschland beobachtet: „Hier gehen viele Familienangehörige zusammen raus, sprich mehrere Generationen. Der Umgang ist oft respektvoll – vom Kind bis zum älteren Menschen.“ Sandra Puhl ist außerdem dankbar, dass ihre Kinder an einem so internationalen Ort wie Mallorca groß werden. „Die Kinder spielen zusammen und verständigen sich oft mit Mimik und Gestik. Dadurch sind Kinder auf Mallorca sehr sozial und offen für andere Menschen“, meint sie. Steffi Tobies sieht das ähnlich, wenn auch aus einem anderen Grund: „Ich bin sehr froh, dass unser Kleiner auf Mallorca aufwachsen kann, wo die Welt etwas entschleunigter ist.“

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