Mallorca Zeitung

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Neues Schmuckstück in Palma: Woran es beim Baluard del Príncep auf Mallorca gerade hakt

Auf der Zielgeraden kommt die Restaurierung von Palmas historischer Stadtmauer zum Erliegen. Was bislang passiert ist und was noch fehlt

Die Brücke mit den Rundbögen ist praktisch fertig restauriert, man darf sie aber bislang nicht über- oder unterqueren. | FOTO: B. RAMON B.RAMON

Auch wenn eigentlich nicht mehr viel zur Fertigstellung fehlt, wirkt der gesamte Komplex unfertig und verwahrlost. Bauzäune versperren den Weg über die restaurierte Brücke. Rohre, Stangen, Haufen von Pflastersteinen und weiteres Baumaterial liegen verstreut herum. Die wenigen Besucher, die sich zwischen den verwinkelten Rampen und an den Absperrungen vorbei den Weg bis zum höchsten Punkt von Baluard del Príncep suchen, machen ein paar Fotos und sind schnell wieder weg. Bauarbeiter dagegen wurden hier schon seit Monaten nicht mehr gesichtet.

Baluard del Príncep ist genau genommen schon seit 14 Jahren eine Baustelle. Und wie bei eigentlich allen Projekten an Palmas Küstenpromenade läuft auch bei den Überresten der historischen Stadtmauer auf Höhe des Innenstadtrings scheinbar nichts nach Plan. Dass die Zuständigkeit bei der Zentralregierung in Madrid liegt, macht die Sache nicht unbedingt agiler und transparenter. Immer wieder kam es zu Verzögerungen bei den Bauphasen A bis E. Und was zuletzt wie ein coronabedingter Baustopp aussah, entpuppte sich als Insolvenzverfahren des beauftragten Unternehmens „Bauen Constructora“.

Neues Projekt nötig

Man arbeite derzeit an der Ausschreibung und der Vergabe eines neuen Vertrags an ein anderes Unternehmen, heißt es auf MZ-Anfrage im zuständigen Ministerium für Verkehr, Mobilität und städtische Agenda (Mitma) in Madrid. Zuvor müsse aber noch der Vertrag mit dem ursprünglichen, in Konkurs gegangenen Auftragnehmer gekündigt sowie ein neues Ausführungsprojekt erstellt werden. Dabei arbeite man eng mit Palmas Stadtverwaltung zusammen. Mit anderen Worten: Die Baustelle dürfte auf absehbare Zeit brachliegen, obwohl laut Ministeriumsangaben lediglich noch sieben Prozent der Ausführung fehlen.

Baluard del Príncep mag noch kein Hingucker sein, zumindest ist es kein Schandfleck mehr. Bis zum Jahr 2007 thronte direkt neben dem charakteristischen Wehrerker ein mehrstöckiger Wohnblock, der dort in der Endphase des Franco-Regimes für Militärangehörige errichtet worden war – die Balkone grenzten direkt an die Stadtmauer. Zusammen mit einem weiteren Wohnblock daneben mussten 106 Familien umgesiedelt, die Gebäude sorgfältig abgetragen werden, ohne die darunter begrabene historische Bausubstanz zu beschädigen. Aus dem Untergrund befreiten die Arbeiter unter anderem die Reste einer siebenbogigen Brücke, die früher einmal Eingangstor zur umfriedeten Altstadt war. Dazu muss man wissen: Die Stadtmauer verlief entlang des heutigen Innenstadtrings, bevor sie Anfang des 20. Jahrhunderts angesichts steigender Einwohnerzahlen und hygienischer Probleme weitgehend abgerissen wurde.

Alt und Neu

Bei dem ehrgeizigen Restaurierungsprojekt geht es nun nicht nur um das verbliebene historische Erbe der muralla, sondern auch um neue architektonische Akzente, die Öffnung der Stadt zum Meer hin und ein verbindendes Element auf diesen knapp 12.000 Quadratmetern an der Küste zwischen Parc de la Mar einerseits und dem Grünstreifen am Komplex des Gesa-Gebäudes andererseits. Verantwortlich dafür zeichnen die renommierten Architekten Elías Torres und José Antonio Martínez, die zuvor auch schon die Restaurierung von Ses Voltes und Dalt Murada unterhalb der Kathedrale verantwortet hatten. Beide wurden 2016 mit dem spanischen Architekturpreis ausgezeichnet.

Im zähen Rhythmus von Regierungswechseln, Budgetfreigaben in Madrid und Genehmigungsverfahren der Behörden auf Mallorca kamen so die Bauphasen in Gang: Phase A bestand in der Freilegung und Restaurierung der historischen Bausubstanz entlang der Avinguda Gabriel Alomar i Villalonga, also an den Avenidas. In den Phasen B und C folgte der Bau von ausladenden Rampen und Stützelementen innerhalb der Stadtmauer sowie ein Mauerabschnitt auf der Meerseite. Mit 3,9 Millionen Euro schlugen diese drei zwischen 2009 und 2013 ausgeführten Phasen zu Buche, Madrid zahlte 75 Prozent, Palma 25 Prozent.

Auch die Phase E ist abgeschlossen, sie bestand in den Erschließungsarbeiten für die in der Altstadt angrenzenden Straßen Porta del Mar, Bastió del Príncep und Bala Roja. Die dafür nötigen insgesamt 1,5 Millionen Euro zahlte die Zentralregierung komplett.

Der Bauzaun bleibt erstmal. B. Ramon

Was jetzt noch kommt

Fehlen also noch die Phasen D und F – die zwar wenig aufwendig erscheinen, aber nicht unwichtig für die Attraktivität sein dürften. Zum einen geht es um Abschlussarbeiten, Bodenpflaster, Begrünung und Parkbänke rund um die Anlage, zum anderen um ein Besucherzentrum mit Cafeteria innerhalb des Komplexes. Zum Teil sind es Änderungen, die auf Antrag von Palmas Stadtverwaltung nachträglich in die Pläne aufgenommen worden sind, konkret die Pflanzung von 13 Kiefern sowie die Aufstellung von 17 Parkbänken und fünf zusätzlichen Laternen. Für beide Phasen sind zusammen 4,8 Millionen Euro veranschlagt.

Die Arbeiten kamen Ende vergangenen Jahres zum Erliegen – zu einem Zeitpunkt, als sie eigentlich schon abgeschlossen sein sollten. Zunächst wurden die internationalen Lieferprobleme als Ursache für die Verzögerungen vermutet. Dabei stammt der verwendete Marès aus Steinbrüchen auf der Insel. Das zuständige Ministerium in Madrid verlängerte die Frist zunächst bis zum Frühjahr. Als auch dann nichts weiterging, zogen die Subunternehmen – bis zu neun an der Zahl – ihr Arbeitsgerät von der Baustelle ab.

Bester Blick

Dafür wuchert nun Unkraut zwischen altem und neuen Marès, Müll sammelt sich an. Sich vorzustellen, dass Baluard del Príncep nach Ende der Arbeiten ein lauschiges Plätzchen mit historischem Flair sein wird, erfordert derzeit noch reichlich Fantasie. Zwischen den Bauzäunen, umrauscht vom Verkehrslärm des Paseo Marítimo und in der prallen Sonne wünscht man sich vielmehr auf die Dachterrasse des 2018 eröffneten Fünf-Sterne-Hotels Es Príncep, dem neuen Nachbarn von Baluard del Príncep. Von dort oben dürfte sich der wohl beste Blick auf die gesamte Anlage der Stadtmauer bieten, unter dem Sonnenschirm und gern mit einem Cocktail in der Hand.

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