Was wie eine lustige Kinderveranstaltung mit Musik im Schwimmbad aussieht, ist in Wirklichkeit alles andere als das. Um Spiel und Spaß geht es in der Gruppe zwar auch, aber noch wichtiger sind Ausdauer, Haltung, Ordnung, Präzision und Disziplin.

Willkommen beim Training der Synchronschwimmer „Sincro Inca" im städtischen Hallenbad von Inca. Hier treffen sich viermal pro Woche 24 Mädchen und ein Junge zwischen fünf und 16 Jahren zum Unterricht. „Zuerst machen wir uns eine halbe Stunde warm, dann haben die Mädels Schwimm­unterricht", erklärt Trainerin Encarnación Cuart (44), die selbst einmal ambitionierte Synchronschwimmerin war. „Anschließend werden die Figuren und Tanzschritte zuerst an Land und dann im Wasser geübt."

Was sich anstrengend anhört, ist es auch in der Praxis. Denn eine Synchronschwimmerin ist zugleich Bodenturnerin, Wettkampfschwimmerin, Eiskunstläuferin und Tänzerin – und das alles ohne festen Boden unter den Füßen. Obendrein sollen sich alle Schwimmerinnen in der Gruppe synchron und mit der Musik bewegen. Der Sport verlangt hohe körperliche Leistungen, zu einem nicht geringen Teil unter Wasser, also ohne Luftholen. „Viele Mädchen sehen Synchronschwimmen zum ersten Mal im Fernsehen, sind begeistert und wollen es dann lernen", erzählt Ricardo Noguera, der zusammen mit seiner Frau die Truppe „Sincro Inca" vor drei Jahren auf die Beine stellte. „Diese Sportart kann dir sehr viel geben, aber das Training ist hart", sagt der Mallorquiner.

Außer in Inca gibt es auf Mallorca noch weitere Mannschaften in Palma und Andratx. Dort hat auch früher Tochter Cristina trainiert, die sich seit sechs Jahren für den Wassertanz begeistert. „Ich liebe Tanzen und Rhythmische Sportgymnastik", sagt die 18-jährige, „beim Synchronschwimmen kann ich beides vereinen. Aber das Beste", betont sie, „sind die tollen Freundschaften, die ich in diesem Sport geknüpft habe." Freundschaften für die Ewigkeit, glaubt sie, weil man sich regelmäßig sieht, gemeinsam etwas auf die Beine stellt und dafür zusammen durch dick und dünn geht.

Wer früh anfängt, hat es – wie so oft – auch in dieser Sportart leichter. Zu Beginn ist das Training tatsächlich wie ein Spiel, die Kleinen lernen zunächst schwimmen und bewegen sich im Wasser frei zur Musik. „Das macht Spaß, trainiert aber bereits Gleichgewicht und Beweglichkeit", sagt Encarnación Cuart. Wichtig für die Mädchen ist natürlich auch eine Auswahl an hübschen, farbigen Badeanzügen, die immer wieder gewechselt werden. Und manchmal schminkt sich die Gruppe zu den Proben wie im Wettkampf.

Mit circa acht Jahren beginnen die Mädchen dann Figuren einzuüben. Im Wettkampf gibt es eine Technische Pflicht-Kür und eine freie Kür. In der Pflicht-Kür müssen vorgegebene Figuren in einer bestimmten Reihenfolge getanzt werden. Dazu gehört zum Beispiel, sich im Wasser flach auszustrecken, mit auf Rücken oder Bauch nach oben, sowie verschiedene Arm- und Beinpositionen aus dem Ballett und Flamenco sowie Figuren mit Namen wie Delphin, Fisch, Ritter zu schwimmen. Getanzt wird allein, im Duo und in der Gruppe mit vier bis acht Teilnehmern sowie in Kombination mit bis zu zehn Schwimmern. Musik und Choreographie denkt sich Encarnación Cuart aus, doch die Mädchen haben Mitspracherecht. Wenn etwas im Wasser nicht so funktioniert wie an Land, wird der Tanz noch mal umgestaltet.

Neben bunten, oft mit Perlen und Pailletten bestickten Badeanzügen gehört der Nasenclip zur wichtigsten Ausstattung der Schwimmerinnen. Er verhindert, dass beim Tauchen Wasser in die Nase eindringt. Schwimmbrillen sind im Wettkampf dagegen nicht zugelassen, die Schwimmerinnen behalten die Augen unter Wasser offen. Im Wasser hören sie die Musik mit Hilfe von Unterwasserlautsprechern.

Die übrigen Besucher im Hallenbad haben sich an das wöchentliche Wasserballett gewöhnt. Die Mädchen, die am Beckenrand tanzen und ihre Schritte proben, sind schließlich auch kein schlechter Anblick. Zudem ist die die Sportart in Spanien nicht so unbekannt. Die russische Vorherrschaft im Synchronschwimmen wird gerade durch Spanien und Japan bedroht. Bei der Weltmeisterschaft in Shanghai im Juli 2011 hat die spanische Mannschaft drei Medaillen geholt.

Ach ja, und was ist mit dem Quotenmann in der Gruppe? Montserrat ist zehn und voller Begeisterung beim Wasserballet. Noch sind Männer in Wettkämpfen offiziell nicht zugelassen, aber bis ­Montserrat olympiareif ist, wird sich das vielleicht noch ändern.

In der Printausgabe vom 5. April (Nummer 622) lesen Sie außerdem:

- Schöne Dinge: Designer Tolo Crespí eröffnet neues Atelier

- Kindermenü: Beim Hundefriseur

- Wasserwelten: Sportschau in der Ankerbucht

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