58.000 Euro Strafe plus Abriss: Umbau eines Schuppens kommt Deutschen auf Mallorca teuer zu stehen

Eigentlich habe er nur ein Stückchen Land mit Permakultur betreiben wollen und dafür ein Gebäude instand gesetzt. Nun hat sich ein Architekt aus Hamburg im „Dschungel“ von Mallorcas Landschaftsschutz-Vorschriften verirrt

Die neu aufgebaute Casita auf einer Finca bei Artà

Die neu aufgebaute Casita auf einer Finca bei Artà / Sven Erik Dethlefs

Alexandra Wilms

Alexandra Wilms

Eines muss man ihm lassen: Sven Erik Dethlefs nimmt seine Lage mit Humor. „Ich habe da wohl nicht gerade in eine Goldgrube gegriffen“, konstatiert er trocken. Seine besagte derzeitige Lage könnte ihn weit über 100.000 Euro kosten – und einen geplatzten kleinen Traum. Der hatte ihn 2019 dazu veranlasst, eine 2.700 Quadratmeter große Finca inklusive eines kleinen Wirtschaftsgebäudes bei Artà zu kaufen. Das Ziel: Das trockene Stückchen Land sollte sich dank nachhaltiger Permakultur in eine grüne Oase verwandeln, und so eine Art „Außenposten“ seiner in Hamburg gegründeten Baugenossenschaft werden.

Dethlefs ist überzeugt: Mit dieser Art von nachhaltiger Landwirtschaft könne man aus der verdörrten kleinen Fläche wirklich etwas machen. „Wenn man beispielsweise das Regenwasser hält, würde das den Anbau von ganz anderen Pflanzen ermöglichen.“ Die vermehrte Begrünung sei angesichts des Klimawandels gerade für Mallorca erstrebenswert. Vor seinem inneren Auge sah er das kleine Areal schon mit viel Katzenminze bepflanzt, die unzählige Schmetterlinge anziehen würde.

Agentur zum Schutz der Landschaft schiebt Riegel vor

Doch dann schob 2021 die Agencia de la Defensa del Territori ADT (Agentur zum Schutz der Landschaft) den Plänen einen gänzlich unromantischen Riegel vor. Nun sieht sich Dethlefs mit einer Geldstrafe von 58.000 Euro und einer Abrissanordnung konfrontiert, gegen die er gemeinsam mit einem in Artà ansässigen Anwalt klagen will.

„Dass mir als Projektentwickler so etwas passiert, ist natürlich schon ein Ding“, sagt Dethlefs. Passiert ist Folgendes: Der 64-Jährige hatte sich beim Kauf des Grundstücks auf die Aussagen des Verkäufers verlassen. Das kleine, zur Finca gehörende Gebäude, bestehend aus einer Küche mit Kamin und Waschbecken, Toilette, aljub (Zisterne) und Veranda, stehe seit Jahrzehnten und genieße deshalb Bestandsschutz. Und die Behörde habe sicherlich auch nichts dagegen, wenn er die Raumhöhe der einzelnen Elemente angleichen würde, solange er die Grundfläche nicht vergrößere. „Gesagt, getan, ein paar Fenster ergänzt, und alles mit Marès-Stein verkleidet, damit sich das Gebäude in die Umgebung einpasst. Ich bin schließlich Architekt, also mache ich da ein schnuckeliges Häuschen draus“, gibt Dethlefs seine damaligen Gedankengänge wieder. „Ich hätte nie gedacht, dass ich damit jemandem so auf die Füße treten würde. Es ist ja kein riesiges Ferienhaus daraus geworden.“

So sah das Häuschen vor der Reform aus.

So sah das Häuschen vor der Reform aus. / Sven Erik Dethlefs

Kein Bestandschutz

Tatsächlich hat die dem Inselrat von Mallorca unterstehende Behörde ADT ganz entschieden etwas gegen das Ergebnis der Baumaßnahmen. Es habe eine „umfassende Renovierung“ stattgefunden, die ohne entsprechende Lizenz erfolgt sei. Auch den Bestandsschutz relativiert die ADT gegenüber der MZ. Einen solchen hätten nur Gebäude, die vor 1956 errichtet worden sei. Alles, was danach ohne die entsprechende Erlaubnis erbaut wurde, sei ordnungswidrig (fuera de ordenación). Und an dieser Art von Gebäuden dürfe nicht die geringste Baumaßnahme ergriffen werden, ohne dass eine Legalisierungslizenz vorliege. Um diese zu erhalten, müsse das heute geltende Raumplanungsrecht angewandt werden.

Dem Hamburger Architekt drängt sich nach vielen Gesprächen mit verschiedenen Anwälten und Bekannten auf der Insel der Verdacht auf, dass auf solch kleinen Parzellen wie seiner eigenen gar keine Landwirtschaft mehr betrieben werden soll. Und dass dies auch langfristig das Ende all der kleinen Steinbauten bedeute, die auf vielen Grundstücken im Inselinneren stehen und das Landschaftsbild prägen.

Landwirtschaftliche Nutzung möglich

Die Behörde widerspricht: Die landwirtschaftliche Nutzung einer so kleinen Finca inklusive einem Wirtschaftsgebäude sei durchaus möglich, erklärt die ADT auf Anfrage schriftlich. Allerdings müsse dazu ein entsprechender Betrieb beim Landwirtschaftsministerium der Balearen registriert sein. Eine weitere Möglichkeit sei Kompetenz der zuständigen Gemeinde: Das Rathaus von Artà könne im Flächennutzungsplan festlegen, dass auch kleinere Fincas über Bauten verfügen könnten, die Landwirtschaft in kleinem Rahmen für Freizeit und Eigenkonsum ermöglichen. Von dieser im balearischen Landwirtschaftsgesetz von 2015 bestehenden Möglichkeit habe die Gemeinde aber bisher keinen Gebrauch gemacht.

Und so droht dem Architekten nun nicht nur die Geldstrafe, sondern auch der Abriss seines Häuschens – wenn er diesen nicht selbst vornimmt, erledigt es die ADT und stellt ihm die so entstandenen Kosten in Rechnung. Doch Dethlefs will noch nicht kapitulieren und wird mit seinem Anwalt gegen den Abrissbescheid klagen. Sie errechnen sich Chancen, weil Dethlefs vor der Renovierung ein Video des Originalgebäudes gedreht hat, in dem die ursprünglich vorhandenen Elemente ausführlich dokumentiert sind.

Schon beim Kauf einen Anwalt heranziehen

Als Lektion aus seiner leidvollen Erfahrung mit Verträgen, Notaren, Lizenzen und Behörden hat der Deutsche einen recht einleuchtenden Rat an andere, die sich ein kleines Grundstück zulegen wollen: Vorsicht! Die Situation auf der Insel sei eben längst nicht mehr so leger wie noch vor zwanzig Jahren, als Dethlefs zum ersten Mal für einen Auftraggeber ein Haus auf Mallorca errichtete. Schon beim Kauf solle man einen Anwalt seines Vertrauens hinzuziehen, und sich nicht auf „Hasardeure oder das eigene Herz“ verlassen. „Das ganze ist ein Dschungel, da blickst du alleine gar nicht durch.“

Der Architekt findet es widersinnig, dass „mit aller Wucht gegen solche Mikrohäuschen“ vorgegangen wird und kann nicht nachvollziehen, dass sein Projekt so ausgebremst wird: „Da wird doch mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“ Gerade für die steinigen und trockenen Böden von Mallorca könne Permakultur die Zukunft sein, und für diese seien kleine Anbauflächen nun einmal ideal.

Erstmal kann die Finca genutzt werden

Solange das Verfahren läuft – seinem Anwalt zufolge könnte das Jahre dauern – darf er die Finca nun jedenfalls erst einmal nutzen. Und will das Permakultur-Vorhaben auch wirklich angehen. Da sich das von Hamburg aus alleine nur schwer bewältigen lässt, sucht Dethlefs nun Anwohner Artàs als Mitstreiter. Wie eine Art Schrebergarten stellt er sich das vor, auf dem interessierte Familien kostenlos „ihre eigenen Zucchinis“ anbauen könnten (Kontakt: mail@casava.de). Vielleicht könne sich die Gesamtsituation ja ändern, wenn das Land tatsächlich genutzt würde und die Menschen verstehen würden, was er da eigentlich vorhabe. Und vielleicht dauert das Verfahren ja lang genug, sodass er doch noch Schwärme von Schmetterlingen von seinem Grundstück aufsteigen sieht.

Abonnieren, um zu lesen