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Louvre-Ausstellung in Palma: Wir sollten sie nicht vergessen

Im CaixaForum sind 177 römische Frauen abgebildet. Sie waren die ersten, die sich einen Platz in der modernen Gesellschaft eroberten

Louvre-Ausstellung in Palma: Wir sollten sie nicht vergessenFoto: Museé du Louvre

Frauen, wohin man blickt. Wenn man die Ausstellung „Dones de Roma. Seductores, maternals, excessives" („Römerinnen, verführerisch, mütterlich, maßlos") durchschreitet, bekommt man das Gefühl, die Römer hätten ihr gesamtes Leben in Begleitung von Frauen und deren Abbildern verbracht. Nicht nur das: Die Frau stand im Zeitalter des ersten römischen Kaisers Augustus - aus dem die meisten der 177 Exponate stammen - scheinbar für alles, was das Leben prägte: Wohlstand, Fruchtbarkeit, Schicksal, Schönheit, Sexualität ... und die Römerin war allgegenwärtig, nicht nur an Wänden von Tempeln, Wohnzimmern oder Schlafzimmern. Abbildungen von Göttinnen, mythischen weiblichen Wesen oder einfach nur nackte Schönheiten zieren auch Topfgriffe, Ringe, Öllampen oder Haarnadeln ...

Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass Frauen damals den rechtlichen Status von Kindern hatten und vom öffentlichen Leben offiziell ausgeschlossen waren. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie keinen Einfluss nehmen konnten: In der reichhaltigen Mythologie sowieso, aber auch als Ehefrauen, Töchter oder Mütter von Machthabern und reichen Bürgern zogen sie ihre Fäden.

Es war eine Zeit der Stabilität, des Wohlstands und der Blüte der Künste. Die Ära rund um die Geburt Christi ging als Pax Romana in die Geschichtsbücher ein. Das glaubt man prompt, wenn man den ersten, schwach beleuchteten Ausstellungsraum des CaixaForum in Palma betritt.

Man sieht Marmorbüsten von Frauen mit fantasievollen, nicht immer vorteilhaften Frisuren. Sie wirken wie antike Modepuppen, die Kundinnen zu einem neuen Look verführen sollen. Im Nebenraum ist sogar eine kleine Terrakotta-Statue zu sehen, die eine Frau beim Friseur zeigt. Sie trägt eine Art Trockenhaube und lässt den Atem kurz stocken: Haben wir uns wirklich so wenig weiterentwickelt?

Dieser erste Bereich, der den realistischen Frauenbildern gewidmet ist, ist der ansprechendste: So haben wir Römerinnen selten gesehen, beziehungsweise ihre Abbilder. Die Figuren lassen uns die 2.000 Jahre vergessen, die zwischen ihnen und uns liegen. Besonders schön sind die Holz­tafeln mit farbigen Frauenporträts: Die Bilder zeigten damals schon Verstorbene, erklärt der Kurator der Ausstellung, Daniel Roger. Der gesamte Bestand der Schau stammt aus der Abteilung griechischer, etruskischer und römischer Antiquitäten des Louvre-Museums in Paris. Die Holztafeln hingen im ewigen Gedenken in den Häusern wohlhabender Bürger. Die drei ausgestellten Frauen wirken ergreifend zeitgenössisch.

Mit ihren großen Augen, dem dunklen Haar und den dichten Augenbrauen sehen sie heutigen Italienerinnen, Griechinnen oder Spanierinnen frappierend ähnlich. Und sie sind realistisch dargestellt, eine der drei Frauen ist sogar auffallend hässlich.

Weiterhin ist die große Ausstellung der Frau als Verführerin, als Muse, Mutter, Göttin, Kriegerin oder Priesterin und sogar dem Mannweib gewidmet. Auch ein Hermaphrodit mit schmeichelhaft bekleidetem Oberkörper und komplett nacktem Unterkörper ist dargestellt. Die lebensgroße, weibliche Marmorstatue lüftet ihr Kleid und schaut neugierig auf ihr männliches Geschlechtsteil.

Alle Varianten des Weiblichen sind dargestellt, als Halbreliefs auf Terrakotta-Platten, auf Mosaiken oder als Statuen. Kein Archetyp fehlt. Zu sehen sind Klassiker wie „Die drei Grazien", der das Schönheitsideal der Römer aus drei Perspektiven zeigt, oder die nachdenkliche, auch stark idealisierte Polyhymnia, eine der neun Musen. Sie wirkt intelligent und sympathisch, beinahe vertraut, trotz ihrer entrückten Haltung.

Heutige Europäerinnen könnten sich durchaus mit diesen Frauen identifizieren. Sie stehen am Anfang unserer Kulturgeschichte. Sie waren die ersten, die sich in einer modernen Gesellschaft ihren Platz eroberten. Wir schulden ihnen etwas. Wir sollten sie nicht vergessen.

Dones de Roma. Seductores, maternals, excessives. 7. Juli bis 9. Oktober. CaixaForum, Plaça Weyler 3, Palma.

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