Selbst im Liegen betet die Jungfrau Maria noch. Mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen wartet sie auf den Moment, in dem sie zum Himmel auffährt, sich mit ihrem Sohn vereint. Abbildungen der Muttergottes, in denen sie nicht schwanger auf einem Esel reitet, ein neugeborenes Jesuskind in den Armen hält oder am Kreuz weint, sind eher selten. Das Bistum von Mallorca stellt zu Mariä Himmelfahrt (15. August) seit 2010 Figuren von Maria auf ihrem Totenbett aus.

Damit soll die bis ins 14. Jahrhundert zurückreichende Tradition der liegenden Madonnen auf der Insel am Leben erhalten werden. Sie heißen hier „Llits de la Mare de Deú“ (Betten der Gottesmutter) und sollen die Jungfrau kurz vor dem Moment zeigen, in dem sie laut katholischem Glauben in den Himmel auffährt und als Königin gekrönt wird.

Immer mehr Kirchen auf Mallorca stellen liegende Madonnen aus

Ganz nebenbei soll die Ausstellung der liegenden Madonnen Besuchern und Einheimischen die Vielfalt der Kirchen der Insel zeigen. Denn wer mehrere verschiedene llits bewundern will, muss entsprechend viele Kirchen besuchen.

Mit den Jahren machen immer mehr Pfarreien bei der Aktion mit, die 2010 mit 35 Kirchen startete. 2020 gab es 53 Statuen zu bewundern, in diesem Jahr sind es schon 67 liegende Madonnen in ebenso vielen Kirchen. 17 davon sind in Palma, die restlichen 50 in der Part Forana, also den Gemeinden außerhalb der einstigen Stadttore. Wer bisher nur Kathedrale, Santa Eulàlia und Sant Miquel kennt, kann so viele neue Kirchen erkunden.

Brücke zwischen Kunst und Religion

Da die Ausstellung der Madonnen die Brücke zwischen Kunst und Religion schlägt, wird auch moderne Kunst gefördert. Seit 2003 erstellt jährlich ein Künstler eine Marien-Installation. In diesem Jahr ist seit Mittwochabend (10.8.) in der Iglesia de los Sagrados Corazones in Palma eine Arbeit des Künstlers Rafael Mahdavi mit dem Titel „Un esfuerzo para la misteriosa Virgen“ (Ein Einsatz für die geheimnisvolle Jungfrau) zu sehen.

Mahdavi schafft mit Tüll-Tüchern in Meer- und Erdfarben „seiner“ Jungfrau einen „einfachen und bescheidenen Raum“. „Die wichtigen Dinge geschehen oft an den einfachsten Orten“, erklärte er bei einer Pressekonferenz. Dadurch, dass die Madonna zum Teil verdeckt ist, soll sich der Betrachter selbst einbringen und sich ihr Leid besser vorstellen.

Die ausgestellten Statuen sind sehr unterschiedlich. In Santa Maria del Camí trägt die Jungfrau einen dunkelblauen, goldbestickten Umhang und schläft in einem Himmelbett. In Artà liegt Maria in einem Kasten, wie in einem Sarg. Sie trägt simple Sandalen und eine Tunika, ihr Haar ist zu sehen. In Sineu ist sie dagegen schon gekrönt. Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann das über die Website des Inselrats tun.