Wenn Unternehmer und Politiker vom Tourismus auf Mallorca sprechen, zitieren sie gerne die Fabel von Jean de La Fontaine über das Huhn mit den goldenen Eiern. Statt sich mit einem Ei pro Tag zu begnügen, schlachtet es sein Besitzer, weil er einen Schatz darin vermutet – und steht leer da. So ist auch der Tourismusbranche auf Mallorca eigentlich klar, wem sie die goldenen Eier verdankt. Und trotzdem herrscht in Sachen Umwelt- und Landschaftsschutz immer noch oftmals Kurzsichtigkeit.

Der Naturstrand Es Trenc ist ein Symbol für Mallorcas Idylle, eine kilometerlange Projektionsfläche für Urlauberfantasien. Und wenn es um Emotionen geht, lässt sich schlecht damit argumentieren, wie viele Meter das jetzt geplante Mega-Hotel vom Strand entfernt ist, wie viele Hektar Bebauung ein Raumordnungsplan zulässt oder wie ungerecht das Schicksal bislang der Gemeinde Campos mitgespielt hat. Mallorca-Liebhaber lassen sich nicht mit Definitionen abspeisen, wo genau Es Trenc beginnt und Sa Ràpita aufhört – der feine Sand fühlt sich hier wie dort genauso an. Der Bürgermeister kann zudem von Glück reden, dass der deutsche Boulevard noch nicht auf das Thema gestoßen ist.

Der Naturschutz ist freilich kein K.o.-Argument gegen touristische Innovationen, und ökologisch sinnvolle Projekte dürfen nicht für Bausünden der Vergangenheit bestraft werden. Bevor allerdings bis zu 1.200 Urlauber im Einzugsgebiet von Es Trenc-Sa Ràpita untergebracht werden, müsste zunächst einmal der Schutz dieses Strandes garantiert sein. Und hier liegt noch einiges im Argen. Um ihr Stück vom Tourismuskuchen einzufordern, müsste die Gemeinde erst einmal unter Beweis stellen, dass sie dieses Naturerbe auch wirklich wertschätzt und sich für dringend notwendige Auflagen zum Schutz des sensiblen Ökosystems einsetzt. Anders gesagt: Die viel zitierten goldenen Eier hat nur verdient, wer sich auch um das Wohl der Henne sorgt.