Der Inselduden

Deutsche Theorie und mallorquinische Praxis

Weisheitszahn, hinterster Backenzahn des Menschen

Vor einer wütenden und mitunter handgreiflichen Person wird auf Mallorca immer dann anschaulich gewarnt, wenn jemandem „Feuer aus den Weisheitszähnen sprüht“ (Treure foc pers queixals). Die nicht nur sprachlich herausgehobene Funktion der hinteren Backenzähne im 32-teiligen Gebiss des Menschen bemerkt man besonders wenn sie fehlt: „Ein Mund ohne Weisheitszähne ist wie eine Mühle ohne Mühlstein“ (Una boca sense queixals és com un molí sense mola). Aus unbekannter Feder stammt die in der humoristischen deutschen Wochenschrift erschienene spitzfindige Bemerkung, dass „auch der dümmste Kerl Weisheitszähne bekommen kann“.

Die Behandlungen im Kieferbereich waren in vergangenen Jahrhunderten ein heikles, da schmerzhaftes Thema. Die folgende diesbezügliche Bauernregel besagt, dass „ein entzündeter Weisheitszahn ein geheilter ist“ (Mal de queixal inflat, mal de queixal curat) – denn die Infektion ging nach dem Entfernen des Eiters für gewöhnlich zurück, während tiefer liegende Wurzelentzündungen wesentlich schwieriger zu behandeln und kurieren waren.

Der deutsche Ausdruck, Perlen vor die Säue zu werfen, findet seine inseleigene Entsprechung im Ausdruck „Gott gibt demjenigen Bohnen, der keine Backenzähne hat“ (Déu dona faves a qui no té queixals) – er kann sie also weder essen noch wertschätzen. Die Verwendung des Begriffes der Weisheit in diesem Zusammenhang leitet sich übrigens daher ab, dass diese hinteren Backenzähne beim Menschen erst im Erwachsenenalter durchbrechen, wenn er klug und verständig geworden ist. Da die Lebenserwartung in früheren Jahrhunderten wesentlich geringer als heute war, galten bereits 30- und 40-Jährige als weise Alte.