Der Inselduden

Deutsche Theorie und mallorquinische Praxis

Uhr, Instrument, mit dem die Zeit durch Zeiger angegeben wird

… und das seit über 80 Jahren, ebenso wie auf der Iberischen Halbinsel. Denn 1940 ordnete Spaniens Diktator Franco wider alle Vernunft an, die Uhrzeit eine Stunde vorzuverlegen und damit an die faschistischen Länder Italien und Deutschland anzugleichen. Dabei liegt Spanien westlich des Nullmeridians, der durch Greenwich in London verläuft. Zuvor galt in Spanien dieselbe Zeit wie in Großbritannien und Portugal. Vor diesem historischen Hintergrund ist die feinsinnige Bemerkung des deutschen Philosophen Manfred Hinrich umso zutreffender, dass „die Diktatur der Uhr nur für Hörige gilt“.

Auf Mallorca existierten jahrhundertelang Sonnenuhren an wohlhabenden Herrenhäusern und Kirchen, bevor sie durch mechanische Zeitmesser ersetzt wurden. Der einfache Landarbeiter besaß dieses Hilfsmittel jedoch nicht und hatte sich an den Signalen der Natur zu orientieren: „Der Hahn, die Sonne und die Sterne sind die Uhr des Bauern“ (Es gall, es sol i els estels, són es rellotge des pagès). In der gehobenen Gesellschaft hingegen galt es, sich in Geduld zu üben: „Wenn die Dame sich fein macht, bleibt die Uhr stehen“ (Quan sa senyora se prepara, es rellotge se para) – eine Tatsache, an der sich bis heute nichts Wesentliches geändert hat. Eine verschwätzte Person wird auf mallorquí mit dem Ausdruck versehen, „aufgezogener als eine Uhr zu sein“ (Tenir més corda que un rellotge).

Drei Gefahren können einen fleißigen Zeitgenossen von der gewissenhaften Ausübung seiner Arbeit ablenken und somit zum Verhängnis werden: „Eine Uhr, eine Gitarre und ein Garten sind der Ruin eines Handwerkers“ (Un rellotge, una guiterra i un hortal, són sa ruïna per a un menestral). Das Schlusswort stammt von Friedrich von Schiller, der in seiner Dramen-Trilogie das bis heute gern zitierte Bonmot erschuf: „Die Uhr schlägt keinem Glücklichen.“