Vergessen werden Harald Oberkirch (64) und Hans Müller (48) das vergangene Wochenende wohl nicht mehr. Als Strippenzieher im Hintergrund haben die beiden für den Touristik-Konzern Thomas Cook fast rund um die Uhr dafür gesorgt, dass kein Hotelgast auf die Straße gesetzt wurde.

„In dieser Qualität hatten wir solche Probleme noch nie", sagt Oberkirch, der als General Manager für die Betreuung der Thomas-Cook-Kunden auf den Balearen zuständig ist. Seit 40 Jahren arbeitet er für das Unternehmen, seit 27 Jahren ist er auf Mallorca. „Anfangs dachten wir noch, dass die Sache nach einem Tag vorbei ist", sagt er am Mittwoch (21.4.) in einem Gespräch mit der MZ. Zu diesem Zeitpunkt sind fast alle Kunden schon wieder Zuhause in Deutschland „Morgen werden auch die letzten ausgeflogen", verspricht er und lehnt sich entspannt zurück.

Sonntag, als Palmas Flughafen vorübergehend gesperrt wurde, sah die Welt für Krisenmanager Oberkirch und seine Kollegen noch ganz anders aus. „Noch Platz für Gäste? Wie lange kannst Du sie aufnehmen? Nein, lassen wir es. Was ist mit denen? Gut. Wir übernehmen die Kosten." Hans Müller stand in ständigem Kontakt mit den Hoteliers, um freie Kapazitäten für gestrandete Gäste aufzuspüren und die Urlauber zu verteilen, möglichst schnell und unbürokratisch. Die Auswahl an Hotels war groß, denn Thomas Cook arbeitet mit circa 400 Häusern zusammen. „Deshalb konnten wir alle Gäste problemlos unterbringen." Die meisten in Flughafennähe, um sie schnell zum Flieger in die Heimat bringen zu können. Urlaub auf Abruf.

Tagelang waren alle unter Hochspannung im Einsatz: der Krisenstab in der deutschen Konzernzentrale in Oberursel und die Chefs in der Mallorca-Zentrale neben Palmas Vía Cintura. Dazu die circa 80 Reiseleiter vor Ort in den Hotels und die Transportunternehmen, die auf Abruf Hotelgäste von A nach B karren mussten. Manchmal auch wieder zurück, wenn der anvisierte Flug nach Deutschland kurzfristig wieder abgesagt wurde.

Und immer die Hoffnung, mit kurzfristig organisierten Flugzeugen durch die Löcher im europäischen Luftraum zu schlüpfen. Problem: „Minütlich hat sich die Situation verändert. Wir haben unsere Busse teilweise auf gut Glück losschicken müssen", sagt Harald Oberkirch. Beispiel: Als der Berliner Flughafen Sonntagabend noch für ein paar Stunden offen war und drei Maschinen in Son Sant Joan bereitstanden, wollte Oberkirch spontan Hunderte seiner Gäste ausfliegen. „Sie hatten die Koffer gepackt und waren schon in Bussen auf dem Weg zum Flughafen. Als sie am Terminal ankamen, erfuhren wir, dass Berlin schon wieder dicht war, also ging es wieder zurück in die Hotels." Die Gäste seien danach ziemlich genervt gewesen. „Für die Reiseleiter ein besonders kritischer Moment." Aber alle seien sachlich und ruhig geblieben.

Am Ende hätte jeder Kunde eingesehen, dass es nicht die Schuld des Reiseveranstalters war, sondern höhere Gewalt. Besonders wichtig: „Die Gäste müssen zu jeder Zeit wissen, wie es weitergeht – über die Reiseleiter haben wir es ihnen gesagt." Und wer Bescheid wisse, habe auch Verständnis, so das Credo der Krisenbewältiger.

In der Printausgabe vom 22. April (Nummer 520) lesen Sie außerdem zum Thema Aschewolke:

- Folgen für die Tourismusbranche

- Wie Urlauber das Chaos erlebten

- Lagebericht der Hoteliers

- Die Rechte der Betroffenen

- Die Aschewolke als Alarmsignal zum Wandel des Wirtschaftssystems

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