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Tag 4 im Prozess gegen die Hells Angels: Die Marathon-Aussage eines Guardia Civil

Tag 4 im Prozess gegen die Hells Angels: Die Marathon-Aussage eines Guardia CivilJohannes Krayer

Am Nationalen Gerichtshof in San Fernando de Henares nahe Madrid ist am Donnerstagvormittag (26.1.) der vierte Verhandlungstag im Prozess gegen die Rockerbande Hells Angels und Rockerboss Frank Hanebuth gestartet. Der erste Zeuge sagte nun aus, und obwohl es erneut ein langer Tag wurde, blieb es bei einer einzigen Zeugenbefragung. Es handelte sich um einen ranghohen Guardia Civil, der die Ermittlungen gegen die Hells Angels auf Mallorca geleitet hatte.

Zunächst wurde er von der Staatsanwaltschaft befragt, wie die Guardia Civil zu der Einschätzung kam, dass es sich bei den Hells Angels auf Mallorca um eine kriminelle Vereinigung handele. Das ist ein ganz zentraler Punkt im Prozess gegen die Rockerbande. Denn nur wenn der Vorwurf einer kriminellen Vereinigung gerechtfertigt ist, wäre auch das Abhören der Telefone erlaubt - auf die Erkenntnisse aus den Telefongesprächen stützt sich ein großer Teil der Anklageschrift gegen die insgesamt 49 Angeklagten, von denen 34 bereits am ersten Prozesstag Deals mit der Staatsanwaltschaft geschlossen hatten und der Verhandlung somit nicht mehr folgen müssen.

Viele Hells Angels seien straffällig

Der Guardia Civil verwies zunächst auf Studien, nach denen ein beträchtlicher Teil der Hells Angels weltweit Vorstrafen hätten. Auch auf Mallorca seien viele der Mitglieder straffällig gewesen. Das habe man unter anderem daraus geschlossen, dass mehrere von ihnen - etwa die Brüder Y. - einen luxuriösen Lebensstil führten, aber keinerlei Eigentum auf ihren Namen hatten.

Auch habe etwa A. Y. eine Vorstrafe wegen Zuhälterei in den 90er-Jahren in Deutschland. Der Guardia Civil gab im Grunde über einen langen Zeitraum mehr oder weniger die Ermittlungsakten wieder, ohne wirklich Neues beizutragen.

Der entscheidende Faktor für die Ermittlungen gegen die Hells Angels auf Mallorca sei dann eine Auseinandersetzung zwischen den Hells Angels und der Motorradbande "Gremium" an der Playa de Palma gewesen. Die Gremium-Mitglieder seien geflohen, als die Hells Angels Waffen gezückt hätten. Allerdings waren auch die Gremium-Mitglieder mit Macheten und Schlagwaffen ausgerüstet.

Charter "nicht offiziell eingeschrieben"

Zur Frage, die ebenfalls nicht ganz unwichtig ist, nämlich, ob zur Zeit der mutmaßlichen Straftaten zwischen 2011 und 2013 überhaupt ein Charter der Hells Angels auf Mallorca existierte - was Frank Hanebuth und andere bestreiten -, sagte der Guardia Civil: "Es gab ein Charter, das war allerdings nicht offiziell eingeschrieben." Und zwar deshalb, damit man nach der Auflösung des Hannover-Charters nicht wisse, dass die selben Mitglieder ein neues Charter eröffnet haben, behauptete der Guardia Civil.

Zu Frank Hanebuth gefragt, sagte der Guardia Civil, dass der Hannoveraner die Geschäfte auf der Insel aus der Ferne gesteuert habe. Ferner habe er mehrere Besitztümer auf den Balearen gehabt. Hanebuth hatte das am Dienstag (24.1.) bei seiner Befragung kategorisch verneint. Natürlich liefen die Immobilien und Grundstücke nicht unter dem Namen Hanebuths, sondern seien über Strohmänner gekauft worden, so der Guardia Civil.

Der Zeuge wirkt gegen Nachmittag erschöpft und unkonzentriert

Ab etwa 12 Uhr bis zum Ende der Verhandlung um 19.30 Uhr - bei einer eineinhalbstündigen Unterbrechung zum Mittagessen - schloss sich ein Marathon von Befragungen der Anwältinnen und Anwälte der Angeklagten an. Jeder durfte ran, fast alle hatten Dutzende Nachfragen an den Beamten. Und immer wieder ging es um den Versuch, der Guardia Civil schlampige Ermittlungsmethoden zu unterstellen oder Ermittlungen ohne hinreichenden Grund.

Der Vorgesetzte der Polizeieinheit wirkte gegen Nachmittag immer genervter und erschöpfter. An viele Details, die die Anwälte ihn fragten, konnte er sich nicht mehr erinnern. "Das ist alles über zehn Jahre her", verteidigte er sich mehrfach.

Als die Vorsitzende Richterin um 19.30 Uhr die Verhandlung unterbrach, fehlten noch immer einige Fragen der Anwälte. Der Guardia Civil muss also am kommenden Verhandlungstag wieder erscheinen. Nach den bisherigen Planungen findet dieser erst am 6. Februar statt.

Wie Tag 3 gelaufen ist, lesen Sie hier.

Und eine Zusammenfassung aus der Nahaufnahme, was bisher passiert ist, finden Sie hier.

Und hier geht es zum Live-Ticker des heutigen vierten Verhandlungstages:

Jetzt vertagt die Richterin die Verhandlung. Eigentlich wollte man um 19 Uhr Schluss machen.

Noch immer ist nicht Schluss. Zeuge, Anwälte und Vorsitzende Richterin sind längst an ihrem Punkt der Erschöpfung angelangt. Es geht immer noch um die internen Ermittlungen der Guardia Civil gegen den Beamten J.F.V.

Anwalt Ospina spricht das Thema der angeblichen Geldpaletten in der Türkei an. 500 Millionen Euro sollten dort lagern und in die Schweiz gebracht werden. Der angeklagte Guardia Civil J.F.V. soll zunächst mitgeholfen haben bei den Bemühungen, dieses Geld zu transferieren. Die Guardia Civil bekam das mit und ermittelte gegen den Kollegen. Der Anwalt will wissen, warum bei der Verhaftung von J.F.V. im Juli 2013 ihm noch immer vorgeworfen wurde, dass er eine mögliche Straftat - nämlich das Verschieben der 500 Millionen Euro - nicht verfolgt, sondern im Gegenteil sich aktiv daran beteiligt hatte. Obwohl die Guardia Civil bereits seit 2012 wusste, dass das Geld nicht existierte. Der Zeuge rechtfertigt sich, dass es seinerzeit durchaus um ein Delikt ging, auch wenn sich am Ende herausstellte, dass das Geld nicht existierte.

Der Anwalt des angeklagten Guardia Civil, J.F.V., und des Beraters A.R. ergreift das Wort. Der Zeuge reibt sich die Augen, ist sichtlich erschöpft.

Der Anwalt von J. K. ist fertig, nun ist der Anwalt von N. K. an der Reihe. Er will keine Fragen stellen, sondern lediglich ein paar Konkretisierungen vornehmen.

Das Verhör verliert sich in Einzelheiten, die wenig zur Rolle der Hauptangeklagten beitragen. Der Guardia Civil erinnert sich an viele Details nicht mehr.

Erneut wird zum Problem, dass der Prozess rund zehn Jahre nach der Festnahme der Hells Angels auf Mallorca stattfindet. Der Guardia Civil erinnert sich an zahlreiche Einzelheiten nicht mehr, die im Jahr 2011 ermittelt wurden.

Jetzt geht es um die möglichen Delikte der Brüder Y. im Hinblick auf Prostitution. Der Anwalt treibt den Guardia Civil in die Enge, wie man auf die Idee komme, dass die Brüder Y. das Nachtleben kontrollieren wollten. Der Guardia Civil sagt, man bringe ihn mit Nachtclubs und Prostituierten in Verbindung. Der Anwalt will wissen, was "in Verbindung bringen" bedeutet. Ganz aufklären kann es der Guardia Civil nicht.

Nun konzentriert sich der Anwalt auf das Thema der telefonischen Abhöraktion. Das einzige Delikt, was die Überwachung der Telefone ausgelöst habe, sei illegaler Waffenbesitz bei einer der Personen, gegen die ermittelt wurde, will der Anwalt wissen. Ja, bestätigt der Guardia Civil.

Es geht um Daten. Wann wurde das frühere Charter aufgelöst? Wann wurde das mutmaßlich zweite Charter gegründet? Der Guardia Civil kann sich nicht sicher an die Jahre erinnern. "Könnte 2012 gewesen sein", sagt er auf die Frage, wann mutmaßlich das Charter der jetzt Angeklagten gegründet wurde.

Der Prozess geht weiter, der Anwalt von J. K. ist nun dran.

Die Vorsitzende Richterin unterbricht die Verhandlung für die Mittagspause.

Lucinia Llanos fragt, woher der Guardia Civil wissen will, dass N. G. mit den Hells Angels zusammengearbeitet habe. Der Beamte erklärt, dass der Polizist in abgehörten Telefongesprächen von Diplomatenpässen gesprochen habe, die er beschaffen könne. "Nur abgehörte Gespräche?", fragt Llanos. Der Guardia Civil wirkt zunehmend müde und unkonzentrierter. Er wird bereits seit vier Stunden befragt.

Lucinia Llanos will wissen, woher die Guardia Civil die Einschätzung nimmt, dass P. E. die rechte Hand von Hanebuth auf der Insel ist. Der Guardia Civil hat zunächst Schwierigkeiten zu antworten, führt dann aber das Beispiel des fehlgeschlagenen Kaufs des Nachtlubs "Globo Rojo" an. Hier sei P. E. involviert gewesen.

Anwältin Mar Vega ist fertig, jetzt ist Lucinia Llanos, die Anwältin von P. E. dran.

In Bezug auf die Finca Son Paraíso, erklärt der Guardia Civil, dass die Grundsteuer für die Finca eine Firma zahlt, die P. E., dem engen Freund von Frank Hanebuth, gehört. Aus abgehörten Telefongesprächen wisse er, dass Hanebuth und E. die Eigentümer der Finca seien.

Ana Madera startet direkt mit dem Aspekt, dass das angebliche Mallorca-Charter, dem die Angeklagten angehört haben sollen, gar kein Charter war. Der Guardia Civil wiederholt, dass es sehr wohl ein Charter war, das auch ein Clubhaus gesucht hat. Allerdings habe sich das neue Charter nicht offiziell eingeschrieben, damit nicht für jeden sichtbar sei, wer dahinterstecke.