Egal ob Halbmarathon, Radrundfahrt oder Berglauf – bei jedem größeren Sportevent auf Mallorca liegen an den Verpflegungsstationen oder im Ziel die Produkte von Sponsoren und Partnern aus, vom Gel über isotonische Getränke bis hin zum Kraftriegel. In das Stelldichein der internationalen Marken hat sich jetzt auch ein Produkt gemischt, das in mehrerer Hinsicht auffällt. Ein Gel mit Schraubverschluss statt zum Aufreißen? Minzgeschmack, im Ernst? Beim Lesen des Etiketts fällt dann der Produktionsstandort ins Auge: Das so global klingende Produkt mit dem Namen Megarawbar kommt praktisch von nebenan – aus Lloseta, dem Dorf bei Inca.

Der Betrieb findet sich dann entgegen der Erwartung nicht im Gewerbegebiet des Ortes, sondern direkt am Dorfplatz. In einer modernen Küche stehen Paolo Tonarini und Serena Sirini mit Kochmützen und Schürzen und bereiten Zutaten in Metallschüsseln vor: gehackte Mandeln, getrocknete Orangen, Datteln. Die Produktion läuft für die kommenden Wochen und Monate, auch an Rezepten für neue Geschmacksrichtungen wird gefeilt. „Bis Ende April wollen wir 20.000 Riegel und 7.000 bis 8.000 Gele produzieren“, sagt Tonarini.

Was heute ein Business mit Expansionsplänen ist und nun alle Energie des Paares fordert, entstand eigentlich nebenbei. Tonarini, selbst Radsportler, entstammt einer italienischen Konditorenfamilie und hat jahrelang als Koch gearbeitet sowie eine Ausbildung als Diätassistent absolviert. Seine Frau ist Patissière, sie hat ihr Handwerk im Familienbetrieb ihres Mannes in Italien gelernt und sich auf Mallorca einen Namen als „Mrs. Sweet“ gemacht – in der Küche in Lloseta entstanden denn auch ihre veganen Süßspeisen aus biologischen Produkten (MZ berichtete). Bio, vegetarisch, vegan, das Paar hat schon etliche Stadien durchlaufen.

Serena Sirini und Paolo Tonarini beißen fürs Foto selbst in ihre Riegel. | FOTO: BENDGENS

Bei seinen eigenen Touren verpflegte sich der 43-Jährige von jeher mit Datteln oder Bananen statt mit Riegeln oder Gels, wie er erzählt. Und als er sah, mit welchen „chemischen“ Produkten sich sein Sohn in dessen Radsportgruppe versorgte, entstanden erste hausgemachte Kraftriegel. Oder besser gesagt ein Teigbatzen in Klarsichtfolie, um sich unterwegs nach Bedarf Portionen abzuschneiden.

Die Produktion lief bald für das gesamte Team – und die Mundpropaganda nahm in der gut vernetzen Sportler-Szene ihren Lauf. Corona hätte dann das gerade erst anlaufende Geschäft fast zunichte gemacht. Als die ersten Maschinen angeschafft waren, kam der Lockdown. „Wir hatten 40.000 Euro investiert und keinen einzigen Kunden“, erinnert sich das Paar an diese Zeit. „Umso mehr hoffen wir jetzt auf die Saison 2022.“ Inzwischen sei man in Filialen von 120 Kunden präsent – vor allem Radsport-Geschäfte –, hinzu kommen zwei Vertriebsfirmen, das Sponsoring eines Mountainbike-Teams sowie der Onlineshop megarawbar.com. Für teure Werbekampagnen gebe es weder Geld noch eine Notwendigkeit.

Auch wenn heute die Riegel in handelsüblichen 40 Gramm portioniert werden, sind die Teigbatzen von damals immer noch im Sortiment (megarawbar.com): Eine 650-Gramm-Packung, bei der ein Papplineal inklusive ist, um sich 50-Gramm-Portionen abzutrennen. Insgesamt sind es also 13 „Riegel“, daher auch der Produktname „Megarawbar 13“. Als Geschmacksrichtungen gibt es bislang Orange-Zitrone sowie Schokolade-Feige. Das Rezept aus Bio-Zutaten etwa der Schokoversion erinnert an Riegel, die sich Anhänger der Real-Food-Bewegung auch selbst zubereiten: Mandeln, Haferflocken, Feigen, Kakaopulver, Datteln, getrocknete Aprikosen, Agavensirup, Meersalz. Auch wenn die Riegel ein halbes Jahr haltbar sind, handle es sich um frische Produkte, betont Tonarini. Die Haltbarkeit – also einen geringen pH-Wert – habe er durch einen höheren Anteil Kakao auf natürliche Weise steigern können. In der Fruchtversion sind Hanfsamen und getrocknete Zitrusfrüchte enthalten.

Weil Ausdauersportler unterwegs in erster Linie Kohlenhydrate statt Proteine brauchen, und das am besten flüssig – Glukose und Fruktose stellen die Energieversorgung der Muskeln sicher –, kamen auch Gele ins Sortiment. „Komplett natürliche und effektive Gele – das war eine ganz schöne Herausforderung“, so Tonarini. Das Packungsetikett führt lediglich drei Zutaten auf: Dattelsirup, Agavensirup, ätherische Öle, auch sie mit Öko-Zertifikat. Natrium, Kalium und Magnesium sind in den natürlichen Zutaten bereits in großen Mengen enthalten. Das ätherische Öl beziehe man vom Festland, mangels Hersteller vor Ort. Ansonsten kämen alle Zutaten von der Insel, was man auch mit der Mallorca-Silhouette auf den Packungen kommunizieren wolle.

Und es gibt jede Menge Pläne für den Ausbau des Sortiments. Hinzu kommen sollen in Kürze die Riegel Tomate-Pistazie sowie Heidelbeere-Guaraná, dieser dann wegen der Nachfrage der Kunden auch mit Koffein. Die Prototypen sind bereits in Vorbereitung: Tomaten aus dem Dörrgerät und Pistazien aus dem Kaffeeröster können schon probiert werden.

Aber warum ausgerechnet Minze? „Ich liebe den Geschmack“, meint der Italiener. Auch wenn er polarisiere, gebe es viele eingefleischte Minz-Fans, zudem habe Menthol wegen seiner erfrischenden und kühlenden Wirkung auch sportliche Vorzüge. Der Schraubverschluss der Packungen ist dagegen eher Verlegenheitslösung statt Strategie: Die Verpackungsmaschine für Gels zum Aufreißen sei teurer und werde gerade erst angeschafft.