Das Reads Hotel liegt etwas ­außerhalb von Santa Maria del Camí und erinnert an ein Landhaus in Cornwall. Hier startet unsere heutige Tour zum Kloster Lluc. Eingebettet in die flache, von Hecken und kleinen Bäumen bewachsene Landschaft schlängelt sich eine winzige Straße in Richtung Alaró. Die ersten Kilometer geht es zum Aufwärmen ohne Steigung ­voran. Der Tourführer heißt Stefan Grecu und ist US-Amerikaner. Er kommt aus Pennsylvania. Obwohl er erst 24 Jahre alt ist, hat er sich beruflich schon einmal umorientiert. „Mit 17 habe ich angefangen, Rennrad zu fahren, was schon fast zu spät ist. Trotzdem habe ich sehr schnell erste Erfolge gehabt und bin unter anderem Straßenrad-Meister von Pennsylvania geworden."

Aus der Profi-Karriere aber wurde nichts, denn auf den steilen Aufstieg folgte schnell der Burnout. Stefan wollte immer mehr, verlor stark an Gewicht und war bald am Ende seiner Kräfte. Er trat langsamer und heuerte bei TrekTravel an. Der US-amerikanische Veranstalter organisiert geführte Rennrad-Touren in Europa. Stefan ist in diesem Jahr das erste Mal auf Mallorca und schon begeistert. „Es gibt atemberaubende Strecken hier."

Stefan hat eine Gruppe von Landsleuten dabei, die heute 145 Kilometer bis zum Cap Formentor vordringen wollen. Ich begnüge mich mit dem Abschnitt bis Lluc. Mit einem ehemaligen Champion kann ich ohnehin nicht mithalten. Auch der Schotte Malcolm Wyse, der sich im Reads Hotel um die Koordination der Touren und die Fahrräder kümmert, will nicht so hoch hinaus und wird mich zurückbegleiten.

Kurz vor Alaró geht es an den beiden Tafelbergen vorbei. Wir fahren durch den Ort, der Beschilderung nach Lloseta folgend. Die Mandelblüten, die hier vor wenigen Wochen noch so zahlreich weiß und rosa leuchteten, sind gänzlich verschwunden. Dafür grünt es überall.

Kurz hinter Alaró geht es mit sieben bis acht Prozent bergab. Das Rad beschleunigt schnell auf über 55 Stundenkilometer. Kleine Kurven, schlechte Straßenverhältnisse und entgegenkommende ­Autos erhöhen den Nervenkitzel.

Schnell sind wir in Lloseta und nehmen im Kreisverkehr vor dem Ort die Hauptstraße nach Selva. Selva besticht vor allem durch seine Lage. Es ist ein richtiges Bergdorf, obwohl es nicht gerade im Hochgebirge liegt. Den alten Ortskern lassen wir links liegen und folgen der Straße nach Caimari. Bis hierhin kommt auch ein Ungeübter noch bestens zurecht.

Am Ortsausgang Caimari in Richtung Lluc deutet sich schon an, dass die nächsten Kilometer viel Schweiß fließen wird. Die Straße windet sich in die Serra de Tramuntana hinauf. Am Ortsausgang sitzt ein alter Mann mit Stock auf einer Mauer. Er schaut uns hinterher und schüttelt den Kopf. Zunächst ist die Steigung noch erträglich, im Schatten der Berge und der Kiefern geht es aufwärts. Stefan ist inzwischen schon mehrere hundert Meter weiter vorne. Er tritt in die Pedale, als würde er ebenerdig fahren. Ich bemühe mich, den Anschluss nicht ganz zu verlieren. Mit Tempo 15 bis 20 komme ich für meine Verhältnisse ziemlich schnell ­voran, überhole sogar ein Mitglied des Radrennclubs Cottbus 95. Das gibt Motivation.

Die Straße windet sich in Serpentinen ins Gebirge hinauf. Einen Blick für die Landschaft habe ich inzwischen nicht mehr. Kurz erschreckt mich ein Schaf, das direkt an der Fahrbahn steht. Glücklicherweise erschrickt es selbst genauso und rennt den Berg hinab. Kurve für Kurve geht es in Richtung Coll de sa Batalla. Es stellt sich ein eigenartiges Glücks­gefühl ein. Busse und Autos überholen mich, ich aber möchte da jetzt nicht drinsitzen, sondern lieber strampeln, strampeln, strampeln. Als ­Autofahrer habe ich die Radfahrer immer bemitleidet.

Gegen Ende des Aufstiegs wird es dann aber doch hart. Der Sattel wird unbequem, die Knie melden sich mit einem leichten Ziehen. Nicht umsonst ist dieser Aufstieg im Internetportal www.quaeldich.de gelistet. Auf fast 600 Metern über dem Meeresspiegel und nach 9,5 Kilometern Steigung haben wir es geschafft, 369 Höhenmeter sind überwunden.

Am Coll de sa Batalla sitzen Gruppen von Radfahrern im Café und ruhen sich in der Sonne aus. Wir machen noch einen Abstecher zum Kloster Lluc, das an diesem sonnigen Tag von vielen Touristen bevölkert wird.

Der Rückweg beginnt wieder mit einer Steigung hinauf zum Coll de sa Batalla. Von da ab lassen wir uns einfach nur noch rollen. Bis Caimari ist keinerlei Anstrengung mehr nötig, dafür bieten sich tolle Ausblicke. In Caimari sitzt der alte Mann immer noch auf der Mauer und wundert sich. Nach etwas über drei Stunden und 62 Kilometern erreichen wir das Reads Hotel.

Das Reads Hotel bietet verschiedene Pakete für Radfahrer an. Darin sind unter anderem Übernachtung, Vollpension, Leihgebühren für die Räder und Spa-Benutzung enthalten. Preis: ab 940 Euro pro Person. Informationen zu den Angeboten unter: www.readshotel.com.