Sein Hausrat ist bereits eingeschifft und befindet sich vermutlich gerade am Horn von Afrika. Für Wolfgang Wiesner (58), den deutschen Konsul auf Mallorca, endet am 30. Juni nach vier Jahren seine Mission auf Mallorca. Künftig wird er ständiger Vertreter des deutschen Botschafters in Ruandas Hauptstadt

Kigali sein.

Herr Wiesner, Sie verlassen Mallorca: leider oder endlich?

Leider. Wir haben zwischendurch auch einmal mit dem Gedanken gespielt, einen Verlängerungsantrag zu stellen. Das hat sich aber dadurch erledigt, dass die Eigentümerin unser Haus verkaufen möchte. Dann stellte sich für uns nicht mehr die Frage, weil wir nicht noch einmal umziehen wollen. Aber die Insel ist faszinierend, umwerfend schön.

Traumjob Konsul auf Mallorca?

Das würde ich nicht sagen. Aber Mallorca entschädigt für vieles, das man im Job erdulden muss.

Was würden Sie gerne mitnehmen von Mallorca?

Das Meer, den Strand. Leider habe ich es nicht geschafft, ein wenig mehr Zeit auf dem Wasser zu

verbringen.

Werden Sie Ihr Motorrad einmotten?

Es ist unterwegs nach Ruanda. Aber ich weiß nicht, ob die Sicherheitslage es erlaubt, es zu benutzen. Wenn nicht, stelle ich es in den Garten.

Was war der schwierigste Job, den Sie auf Mallorca erledigen mussten?

Der Moment der ETA-Attentate. Die Bomben trafen uns völlig unvorbereitet. Damit hatte ja niemand gerechnet. Und plötzlich rotierte auch das Auswärtige Amt. In solchen Momenten ist es immer schwierig, verlässliche Informationen zu bekommen, trotz aller Krisenpläne.

Aber Bundesbürger waren von den Attentaten doch gar nicht direkt betroffen.

Zum Glück nicht. Aber die Lage war ja zunächst unklar. Aber auch der Schweinegrippen-Alarm der ´Bild´-Zeitung und die Aschewolke waren heftig.

Gibt es etwas, was Sie noch gerne erledigen würden, bevor Sie abreisen?

Ich hätte gerne ein größeres Büro für neue Mitarbeiter geschaffen. Nein, aber jetzt ernsthaft: Ich bin eigentlich zufrieden mit dem, was ich erreicht habe. Die Verwaltungsarbeit ist sehr kompliziert, man muss überall kämpfen. Wir haben intern viel verändert, den Schalter- und Besucherbereich beispielsweise neu gestaltet.

Welche Rolle hat eigentlich die Betreuung deutscher Häftlinge in Palmas Gefängnis gespielt?

Ich bin mit dem Gefängnisdirektor sehr gut befreundet. Wir haben viele Dinge einfach im Privaten besprochen. Für die Häftlingsbetreuung als solche sind zwei meiner Kollegen zuständig.

Ende Juli tritt Ihre Nachfolgerin ihren Dienst in Palma an. Welchen Rat geben Sie ihr mit auf dem Weg?

Sie soll vor allem die Ruhe bewahren und sich nicht schocken lassen, von dem, was auf sie einströmt. Weil wir so knapp besetzt sind, muss man in Palma sehr genau die Prioritäten setzen. Frau Lochner hat in Sarajevo derzeit 60 Mitarbeiter. Da kann man sehr viel delegieren. Hier muss man oft selbst mit anpacken. Als damals die große Kfz-Ummeldewelle im Gang war, habe ich beispielsweise selbst die alten Kennzeichen zerschnitten und zum Recyclen gebracht. So etwas kennt man in den meisten Auslandsvertretungen nicht.

Wie kann es sein, dass für die größte deutsche Auslandskolonie die Mittel so knapp sind?

Das Auswärtige Amt muss seit zehn Jahren jedes Jahr zwei Prozent der Stellen kappen. Wir sind in Palma jetzt auf dem Stand von 1970. Aber ich habe zwei Erfolge erzielt. Ich habe einen Mitarbeiter dazubekommen und wir dürfen für den Sommer eine Aushilfskraft für den Passbereich einstellen.

Ruanda klingt nicht gerade wie eine Prämie für Ihre geleistete Arbeit.

Sie werden es nicht glauben, ich habe dafür gekämpft, dorthin zu kommen. Meine Frau und ich wollten gerne noch einmal das Abenteuer Afrika, nachdem wir ja schon einmal in Kenia waren.

Was reizt Sie an dem Job?

Afrika ist ein Kontinent, der keinen, der dort einmal gelebt hat, unberührt lässt. Es ist ein ganz spezielles Gefühl. Es sind vor allem die Menschen, die mich beeindrucken. Sie lächeln und tanzen noch in der größten Misere, weil sie wissen, es könnte noch schlimmer kommen. Es ist auch die unheimliche Weite, die mich fasziniert.

Welche Aufgaben erwarten Sie in Ruanda?

Die Aufgabenstellung ist komplett anders. Ich kümmere mich vor allem um die gut 200 Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen, die vor Ort Entwicklungsarbeit leisten. Ich finde das sehr spannend.

Sie hätten auch nach Neapel oder Marseille gehen können.

Aber das wäre dann alles wieder sehr normal gewesen.

War auch Mallorca zu normal, so dass Sie jetzt noch einmal den besonderen Kick suchen?

Ja, das kann man so sagen. Solange wir gesundheitlich in der Lage sind, wollen meine Frau und ich das Abenteuer Afrika noch einmal angehen.

Haben Sie sich vorbereitet für Ruanda?

Ich habe in diesem Jahr wieder an einem Sicherheitstraining teilgenommen, bei dem ich für gewisse Risiken sensibilisiert wurde. Das war sehr hilfreich. Ich denke, es sollte Pflichtprogramm für jeden sein, der nach Afrika geht. Aber auch um diese Ausbildung muss man kämpfen und sie inzwischen auch selbst bezahlen.

Sie sind jetzt 58. Wird Ruanda Ihre letzte Station als Diplomat sein?

Darauf spekuliere ich. Ich würde gerne mit 62 in den Ruhestand gehen und noch ein paar Dinge machen, für die ich in meiner beruflichen Laufbahn keine Zeit gefunden habe. Das wäre dann mit ein paar Abschlägen bei der Pension verbunden. Aber das würde ich hinnehmen.

Könnten Sie sich vorstellen, den Ruhestand auf Mallorca zu verbringen?

Ich werde auf Mallorca sicherlich immer wieder meinen Urlaub verbringen. Aber hier niederlassen werde ich mich auf keinen Fall. Das wäre mir zu statisch. Wir werden von unserem Standort in Hannover unsere Enkelkinder in Krefeld und Amsterdam besuchen und wir wollen sehr viel reisen. Sie werden es mir nicht glauben: Aber in diesem Beruf bleibt für das Reisen als solches wenig Zeit. Bei den vielen Heimatbesuchen muss man so viele Dinge erledigen, dass einem keine Zeit zum Urlaub bleibt.

Haben Sie nicht das Verlangen, einmal sesshaft zu werden?

Meine Frau und ich fragen uns manchmal, wie das sein wird, wenn wir nicht mehr umherziehen. Ich glaube, das könnte ein Problem werden.

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