Es würde irgendwie passen, wenn Birte Glang jetzt mir nichts dir nichts - beim Fototermin an einem Hotel-Pool hoch über Palma - kapriziös hochschnellen oder entfesselt herumkeifen würde. So wie Tausende andere im Film-Business das tagaus, tagein machen, felsenfest überzeugt davon, dass sich die Welt allein um sie dreht. Grund genug zu divenhaftem Getue hat die seit geraumer Zeit auch als Model wirkende 30-jährige Schauspielerin allemal, so wie sie dasteht, gertenschlank, perfekt frisiert und geschminkt, mit puppenhaften und zugleich ausdrucksstarken Gesichtszügen und mit engelsgleichen langen blonden Haaren, wie mal eben herabgeschwebt vom Himmel, um alles zu betören, was überhaupt betört werden kann.

Überhaupt: Ihre sich mittlerweile häufenden Foto-Shootings für Modefirmen wie Pierre Cardin und ihr auf bereits mehreren Zeitschriften-Titeln verortetes Antlitz - Rätselheftchen, TV-Blätter, Männer- oder Frauenmagazine - hätten Birte Glang durchaus im Laufe der Zeit zu einem großsprecherischen und oberflächlichen, sich nach Dingen wie der PS-Stärke ihres Autos definierenden Luder werden lassen können, wie es so viele überall auf der Welt gibt.

Jura-Studium mit Schmackes

Doch die bei der RTL-Daily-Soap "Unter uns" kurzzeitig ins Rampenlicht gelangte Nachwuchs-Darstellerin ist alles andere als abgehoben. Sicherlich liegt das an ihrer gutbürgerlichen Herkunft, ihrem Bildungs-Level und an der Region, aus der sie stammt: "Ich bin froh, dass ich aus dem Ruhrgebiet komme", sagt die Lehrers-Tochter, die in Oer-­Erkenschwick ihr Abitur machte, und verweist damit auf einen deutschen Landstrich, dessen Bewohner als besonders unprätentiös und geerdet gelten. Möglicherweise kann auch das Jurastudium, das sie übrigens zur Gänze mit Schmackes an der Ruhr-Universität in Bochum absolviert hat, mit ihrer korrekt-offenen Art in Verbindung gebracht werden. Wie dem auch sei, das ganze in der Mode- und Filmwelt zuweilen bis über die Schmerzgrenze hinaus zelebrierte Glitzer- und Glamour-Getue korrumpierter, verdorbener und verbogener Figuren ist Birte Glang ein Gräuel.

Der mit dem Musikproduzenten und DJ André Tegeler verheirateten Recklinghausenerin geht es zum einen um das Ausleben der Schauspielkunst als solcher und die damit verbundene Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten und zum anderen ganz nüchtern um die Tatsache, damit - ehrgeizig, wie sie ist - Erfolg zu haben.

Deswegen ist sie nach Mallorca gekommen, wo RTL gerade allerlei Szenen für einen zünftigen 90-minütigen Krawumm-Krimi namens €Der Mallorca-Detektiv" aus der Schmiede der "Alarm für Cobra 11"-Produktionsfirma "Action Concept" dreht. Darin wird der Deutschen liebste Insel zum Mittelpunkt eines Mordes und die sich darum rankende fiese Geschichte.

Tobias Licht spielt einen Polizisten, der auf eigene Faust die Mörder seines besten Freundes sucht. Kommt der Film beim Publikum gut an, ist eine Fernseh-Serie drin. Birte Glang spielt eine Nebenrolle, "eine toughe und sexy Frau, eine Art Bond-Girl", wie sie sagt, die der ausgebufften Insel-Bösen Sonja Kirchberger zu Diensten ist, die übrigens im wirklichen Leben lange Zeit auf Mallorca gewohnt hat.

Showdown in Son Verí Nou

Um sich als Assistentin dieser hochdubiosen Person mit der nötigen Virtuosität zu gebärden, begibt sich die Schöne am Tag nach dem Fotoshooting zum ersten Drehort: das fast unangenehm stille und sterile Küsten-Kaff Son ­Verí Nou östlich von Palma. Dorthin, wo man zwar von dem ein oder anderen Linienbus oder der ein oder anderen Frau mit Hunden, aber ansonsten nicht über Gebühr von Schaulustigen gestört wird, wenn mal - wie diesmal - ein richtiger Autounfall in Szene gesetzt werden soll. Heute fährt die Schauspielerin - in Wirklichkeit ist es wie in dem Gewerbe üblich ein Double - mit einem blitzblanken metallicfarbenen Opel Corsa wohl bewusst schnell in Richtung eines dunkelblauen BMW, in welchem Polizisten sitzen. Das Gefährt rast in einen anderen Opel, und nach dem Crash stößt Birte heuchlerisch ein paar Sätze hervor, unter anderem "es tut mir sehr leid" und "ich habe nicht aufgepasst". Weitere Szenen-Drehs auf der Insel werden im Juni folgen.

Hier ist Birte Glang nicht die liebe und aufgeschlossene Frau aus dem wirklichen Leben, sondern zeigt ein anderes, abgründiges Gesicht, was ja nun mal in der Natur der Sache der Schauspielkunst liegt.

Und genau das ist es, was Birte Glang so sehr an diesem Metier reizt: "Ich will viele verschiedene Rollen spielen", sagt sie. Und deswegen sei sie regelrecht froh über die Tatsache, nach etwas mehr als einem Jahr Knochenarbeit als Backpackerin Heidi Danne im Frühjahr 2011 per Serientod aus der Daily Soap "Unter uns" auf eigenen Wunsch herausgebeamt worden zu sein. Schauspielerisch gesehen sei der tägliche Dreh, wie bei dem bereits seit 1994 existierenden Spätnachmittags-Format üblich, "eine tolle Übung, weil man viel ausprobieren kann, aber man kann sich nicht weiterentwickeln", sagt Birte Glang.

Ihre mimische Ader entdeckte sie bereits im zarten Alter von sechs Jahren, als sie unbedingt Clown werden wollte, später brillierte sie beim Theater in der Schule und bei Krippenspielen. "Unter uns" ist nach "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" (RTL), "Verbotene Liebe" (ARD) und "Marienhof" die vierte deutsche Daily Soap und dürfte im kollektiven Gedächtnis zwischen Nordsee und Alpen mit mehr als 4.300 Folgen mittlerweile das ihr gebührende Plätzchen eingenommen haben.

An der Seite von Kaya Yanar

Nun sitzt Birte Glang also in Palma und denkt über ihre Zukunft nach. Auf dem Weg zur vielgesichtigen Darstellerin, die nicht - wie das in Deutschland häufig vorkommt - für alle Ewigkeit auf einen Charakter festgenagelt ist, laufe alles zu ihrer größten Freude, sagt die aufstrebende 30-Jährige. Sogar ein erster Kinofilm sei bereits in trockenen Tüchern, die Actionkomödie "Agent Ranjid rettet die Welt", die das deutschsprachige Publikum im Oktober über alle Maßen begeistern soll. Birte spielt darin an der Seite des türkischstämmigen Fernseh-Comedians Kaya Yanar und Film-Urgesteins Rutger Hauer sogar eine Hauptrolle.

Doch das ist der Schönen nicht genug: "Ich habe darüber hinaus angefangen, Drehbücher zu schreiben", sagt sie. Das würde ihr erheblich mehr Mitspracherecht bei Filmen geben, was zur Folge habe, dass sie ihrer ausufernden Fantasie ausgelassener denn je freien Lauf lassen könne.

Und Theaterspielen, was ja Darstellern bekanntlich eine noch intensivere Hingabe abverlange und wobei man die Geschichte der Figur chronologisch erlebt - was am Filmset eigentlich nie der Fall ist -, sei für sie ebenfalls vorstellbar - irgendwann. Es gebe schließlich auch andere Schauspielerinnen, sie nennt Heike Makatsch, die zunächst durch diverse nicht kontinuierlich anspruchsvolle Rollen im Fernsehen bekannt geworden seien und erst dann den Brettern, die die Welt bedeuten, anheim gefallen seien.

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