Sie könnten verschiedener nicht sein: Jannis Kounellis hängt zwei Dutzend schwere, schwarze Mäntel vor ein Fenster oder fügt in eine Stahlplatte schmutzige Glasscherben, auf die er staubige Spielzeug-Lokomotiven stellt. Rebecca Horn setzt einen mechanischen Schmetterling in einen Glaskasten und baut eine Geigen-Installation, der ein Bogen alle paar Minuten einen „Sonnenseufzer“ entlockt. Gemeinsam bestreiten die 65-jährige Deutsche und der 73-jährige Grieche jene Ausstellung, mit der unter dem Titel „Aigües tortes“ (wörtlich: Verkrümmte Gewässer) im privaten Zentrum für zeitgenössische Kunst Pelaires, einem ehemaligen Konvent in der Innenstadt von Palma, das 40-jährige Jubiläum der Galerie Pelaires gefeiert wird.

Mit dem Duo Horn-Kounellis haben sich Gründer Pep Pinya und sein Sohn Frederic zwei Spitzenfiguren der internationalen Kunstszene ins Haus geholt. Rebecca Horn, Tochter eines wohlhabenden Textilfabrikanten, machte sich ab den 60er Jahren mit Performance-Kunst und ab den 70ern mit konzeptuellen Projekten einen Namen, in denen Installationen, Videos, Performance und Malerei zusammenfließen. Auf der Documenta in Kassel war sie viele Jahre hindurch Stammgast.

Der in Rom lebende Grieche Kounellis wird der Arte Povera zugeschrieben und ist für seine massiven Installationen und Objekte bekannt. Auf der Documenta 1972 fand die erste Begegnung zwischen Kounellis und Horn statt, und es entstand eine Freundschaft, die gelegentlich in gemeinsame Projekte mündet. Wie nun in Palma, wohin die Künstler von Pep Pinya im Oktober des vergangenen Jahres eingeladen wurden, sich das Kulturzentrum anzusehen und speziell für diese Gelegenheit und diesen Raum zwei Installationen zu schaffen. Horn und Kounellis arbeiteten jedoch weder gemeinsam noch koordiniert.

Die Kunsthistorikerin Doris von Drathen weist auf die Gemeinsamkeiten bei allen Unterschieden hin. Die Leichtigkeit und das Filigrane bei Horn und die eminente Präsenz der Schwerkraft in Kounellis‘ Objekten treten in einen Dialog zueinander und spiegeln zugleich den Werdegang beider wider. Sie sprechen über dasselbe, jedoch auf grundverschiedene Weise. „Mit Kounellis zu arbeiten, ist wie eine Reise durch Länder, durch Ideen, durch Horizonte, eine Reise, die nie endet“, sagt Horn. Kounellis wiederum spricht von Kunst als ein Akt der Liebe. Trotz dieser intensiven Beziehung haben Horn und Kounellis nur wenige gemeinsame Ausstellungen bestritten. In Palma bietet sich somit eine seltene Gelegenheit.

„Aigües tortes“, Rebecca Horn & Jannis Kounellis, Centre Cultural Pelaires, Palma, bis Mitte November, Tel.: 971-72 03 75.