Es war im Oktober 1968, als der Maler Joan Miró seinem guten Freund, dem für seine Postkarten bekannten Fotografen Josep Planas i Montanyà, ein Angebot machte: Zieh mir ein Bild groß auf eine Leinwand, und ich gestalte es dir.

Das ließ sich Planas nicht zweimal sagen. Er nahm ein Foto, das er im Atelier Son Boter gemacht hatte, und baute auf dem Abzug noch ein weiteres Bild ein, auf dem Planas, Miró und der Schriftsteller Baltasar Porcel zu sehen waren. Nach ein paar Tagen bekam er das Bild zurück. Miró hatte ein paar dünne Linien draufgemalt und eine Widmung draufgeschrieben.

Als Planas mit dem Bild nach Hause kam, war die Familie enttäuscht. „Was, das soll alles sein?, fragten wir meinen Vater", erzählt Mariano Planas, einer der Söhne des Fotografen. Also bat Planas Miró um mehr „Miró" im Bild. „Ich wollte doch nicht deine Fotografie verhunzen", rechtfertigte sich der Maler. Aber er tat wie gebeten und gab der Leinwand den für seine Werke typischen Touch.

Bislang war das Bild nur im Wohnzimmer in Mariano Planas Wohnung in Palma de Mallorca zu sehen. Jetzt ist es Teil der Ausstellung „Miró mai vist" (Der nie gesehene Miró), die vergangene Woche anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Museums der nach dem Künstler benannten Stiftung in Palma eröffnet wurde.

Insgesamt 95 Werke vereint die Schau. Alle haben gemeinsam, dass sie in Mirós Ateliers auf Mallorca - zunächst in Son Boter, danach im Taller Sert - entstanden sind. Und dass von ihnen so gut wie keines bisher auf der Insel gezeigt wurde. Ausnahmen bestätigen die Regel: etwa drei Bilder, die Miró 1970 in seiner ersten Mallorca-Ausstellung in der Galerie Pelaires präsentierte, sowie das Originalbild für das Cover des dritten Albums von Maria del Mar Bonet aus dem Jahr 1974.

Die Ausstellung sei eine ausgezeichnete Gelegenheit, einen bisher unbekannten Miró kennenzulernen, sagte Kunsthistoriker ­Robert Lubar bei der Präsentation am Freitag (23.6.), bei der zahlreiche hochkarätige Gäste aus der mallorquinischen Kultur und Politik anwesend waren. „Häufig wird Miró in den großen Ausstellungen nur auf seine Arbeit aus den 20er- bis 40er-Jahren reduziert. Das ist der klassische Miró. Seine Arbeiten aus den 60er- und 70er-Jahren standen bisher immer im Schatten." Es sei diese Zeit, in der sich der Katalane neben der Malerei auch der Bildhauerei, dem Druck und der Weberei widmete, die in „Miró mai vist" im Mittelpunkt stehe.

Die Stiftung solle nicht danach streben, Besuchermassen anzuziehen, sagte indes der bei der Präsentation ebenfalls anwesende

Architekt des Museums und Pritzker-Preisträger Rafael Moneo. „Stattdessen sollte sie ein Pilgerort für jene sein, die Miró wirklich lieben."

Ohnehin war die Liebe ein großes Thema bei der Präsentation der Ausstellung. Joan Punyet Miró, Enkel des Malers und einer der großen Wahrer seines Erbes, reduzierte seinen Redebeitrag auf eine Anekdote, die die Liebe seines Großvaters zu dessen Frau Pilar Juncosa beweisen soll. So lag der alte Miró im Sterben und bat seine Frau um Zettel und Stift. Dann schrieb er: „Mai oblidis lo molt que t´he estimat" (Vergiss nie, wie sehr ich dich geliebt habe).

Dass Miró aber auch eine hinterlistige Seite hatte, beweist das Bild, dass er dem Fotografen Planas widmete. Denn von den drei Männern auf dem ursprünglichen kleinen Bild sind nur Planas und Miró zu sehen. „Porcel hat in seinen Artikeln Miró immer als ´aquest homonet´, als ´dieses Männchen´ bezeichnet. Das hat Miró wahnsinnig geärgert. Um sich zu rächen, hat er den Schriftsteller einfach übermalt", erzählt Mariano Planas.

Miró mai vist, Fundació Pilar i Joan Miró, bis 28.1.2018, weitere Infos: www.miromallorca.com