Von Holger Weber

Gabriel Barceló, das ist offensichtlich, erzählt die Geschichte seiner Familie nicht zum ersten Mal. Würde man ihn nicht hier und da unterbrechen, gäbe der 79-Jährige eine nahezu lückenlose und druckreife Chronologie der Unternehmensgruppe Barceló wieder. Der Mallorquiner sitzt in seinem holzvertäfelten Büro der 1989 gegründeten Stiftung Barceló - wie fast jeden Tag, seitdem er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat. Die Kontrolle über mittlerweile 130 Hotels, 506 Reisebüros und mehr als 20.000 Mitarbeiter hat längst die dritte Generation der Familie übernommen.

Zum erfolgreichen Unternehmer, meint Gabriel Barceló, könne man nicht einfach so werden, dazu werde man geboren. Simón Barceló Obrador, sein Vater, sei ein echter Unternehmertyp gewesen - intelligent, umsichtig und risikobereit. Er gründete 1931 eine kleine Transportfirma. Die 3.000 Peseten für seinen ersten gebrauchten Autobus borgte sich das älteste von sechs Kindern einer armen Bauernfamilie aus Felanitx bei Freunden und Verwandten. Tagtäglich pilgerte Simón Barceló fortan zwischen Palma und Felanitx. Er transportierte Personen, Post und Waren. Damals war die knapp 50 Kilometer lange Fahrt auf unasphaltierten Wegen noch eine weite Reise, doch sie lohnte sich. Bis zum Beginn des Bürgerkrieges 1936 fuhren bereits vier Busse unter seinem Namen.

Erste Krise nach dem Krieg

Nach dem Krieg musste die kleine Firma die erste schwere Krise überstehen, weil es kein Benzin mehr gab. Barceló rüstete die Fahrzeuge mit Holzvergasern aus. Gabriel und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Sebastián, die mittlerweile in den Betrieb eingestiegen waren, mussten die Maschine bei den täglichen Touren in die Balearenhauptstadt mit Kohle, Holz und Mandelschalen füttern.

Weil immer mehr Mallorquiner ihre Insel kennenlernen wollten, boten die Barcelós Anfang der 50er Jahre Ausflüge in alle Winkel Mallorcas an. Zu den Einheimischen gesellten sich frisch vermählte Hochzeitspaare aus Barcelona, die von den Barceló-Bussen gleich am Hafen abgeholt wurden. Das Geschäft kam immer mehr in Fahrt. 1954 stieg die Familie ganz ins Tourismusgeschäft ein und übernahm eine Filiale der Reiseagentur Ultramar-Express in Palma.

Nach dem Tod des Vaters gründeten Sebastián und Gabriel 1960 ihr eigenes Reisebüro mit dem Namen ýBarceló Viajes". Jetzt ging es richtig los mit dem Tourismus auf Mallorca. Weil die Brüder nicht genügend Hotels finden konnten, um alle ihre Kunden unterzubringen, trafen sie an einem der Samstage, an denen die Familie zusammenzukommen pflegte, einen weitreichenden Entschluss.

ýWir müssen ein geeignetes Grundstück finden und selbst ein Hotel bauen", habe Sebastián gesagt. Bereits am Montag darauf befanden sich drei Grundstücke im Besitz der Familie.

ýDas war Neuland für uns und ein gleichsam riskanter wie entscheidender Schritt", bilanziert Gabriel Barceló. Fünf Jahre später wurde an der Playa de Palma das ýPueblo" eröffnet, das mit mehr als 400 Zimmern seinerzeit größte Hotel Spaniens. Entgegen des damaligen Trends, die Hotels in die Höhe zu bauen, wurde das ýPueblo" auf einer Fläche von 18.000 Quadratmetern horizontal konzipiert. Die Gästezimmer mit Bad befanden sich in zweistöckigen Gebäuden. Es gab ein Haupthaus, Schwimmbäder, Boutiquen, ein Fitness-Studio und sogar einen eigenen Friseur. ýEs war das erste Hotel-Resort seiner Zeit", sagt Gabriel Barceló. Nach dem erfolgreichen Start auf Mallorca wurde das Modell auf die Nachbarinseln Menorca und Ibiza exportiert. Auch wagte man den Sprung aufs Festland und die Kanarischen Inseln.

Als die Tourismuswirtschaft in den 70er Jahren durch zwei Ölkrisen in die Rezession schlitterte, waren die Barcelós bereits so gefestigt, dass sie aus der Krise Kapital schlagen konnten. Die Kette kaufte zahlreiche Hotels - darunter waren auch erstmals Stadthotels, die keinen reinen Feriencharakter hatten.

Mitte der 80er Jahre entdeckte Gabriel Barceló ýein kleines Paradies" in der Dominikanischen Republik, in dem später das ýBávaro Beach" entstand, ein Hotel-Resort mit zwei Kilometer langem Strand. Auf die Baugenehmigung seitens der dominikanischen Regierung mussten die Barcelós drei Jahre warten. Erst nach der Zusage der Mallorquiner, auch die Verkehrsinfrastruktur schaffen zu wollen, durften die Bagger anrollen. Weil es vor Ort kaum Materialien gab, ließ das Unternehmen alle Werkstoffe aus Spanien und den USA importieren. ýDamit hatte die Internationalisierung begonnen", so Barceló.

Mittlerweile gibt es Barceló-Hotels in 14 Ländern, das mallor-quinische Familienunternehmen gehört mit einem jährlichen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro zu den 30 größten Hotelketten der Welt. 2006 feierte Barceló Hotel Resorts seinen 75. Geburtstag. ýViele Menschen", sagt Gabriel Barceló, ýhaben bei uns ihren ersten und letzten Arbeitstag erlebt."