20 Meter tief lag die 17-Meter-Yacht in den Gewässern vor Mallorca - ein Auftrag für Andreas Schweimler und sein Team von Ocean Diving (Sud-West Divers). Das auf dem Gelände der Werft Servicios Técnicos Portuarios ansässige Unternehmen rückte aus, um das Schiff mit großen gelben Hebeballons zu bergen. Dazu befestigten die Taucher die noch leeren Ballonhüllen am Rumpf des Schiffes und bliesen sie dann über Schläuche auf. Einen Tag war das Team damit beschäftigt.

Sonst arbeitet Andreas Schweimler meist im Hafen von Palma. Von der kleinen llaüt über die große Motoryacht bis hin zum Kreuzfahrtschiff begutachtet er alles von unten. Der 41-Jährige, der gebürtig aus Elend in Sachsen-Anhalt kommt, hat sich das hart erarbeitet. Der Weg zum Berufstaucher begann für ihn bei der Bundeswehr in Eckernförde, wo er sich zum Minentaucher ausbilden ließ. Nach acht Jahren wechselte er zu einem Hersteller für Druckkammer-Systeme in Karlsbad bei Karlsruhe. Noch während seiner Probezeit ergab sich 2001 die Gelegenheit, auf die Insel zu ziehen. Es war ein Wagnis: aus einem festen Arbeitsverhältnis in Deutschland zu einem Job als Hafentaucher in Arenal.

„Die Anfangszeit war nicht leicht", sagt Andreas Schweimler. Einen Auftrag die Woche habe er gehabt und dafür 10.000 Peseten bekommen. Das waren zum heutigen Kurs umgerechnet circa 240 Euro im Monat. „Gelebt habe ich in einem Kellerloch, wohl eher gehaust," sagt Schweimler. Doch mit der Zeit wurde es besser, vor allem deutsche Bootsbesitzer gewann er als Kunden. Spanisch und Englisch sprach er damals noch nicht - heute tut er es fließend. 2003 wechselte er an seinen jetzigen Standort im Hafen von Palma.

Im selben Jahr kam der in Essen geborene Thomas Heise als sein erster Mitarbeiter hinzu. Heise war auf einem Segelboot aufgewachsen und hatte in England eine Ausbildung zum Bootsbauer absolviert. Bei der französischen Feuerwehr lernte er das Tauchen, anschließend ging es zu einer Tauchstation in Saint Martin in der Karibik, wo er erste Erfahrungen mit Schiffsbergungen sammelte. Mit seinem Segelboot kam er von dort aus nach Mallorca.

Seit 13 Jahren arbeiten sie nun zusammen. Ohneeinander geht es nicht. „Thomas macht alles, was mit Technik zusammenhängt, findet immer eine Lösung. Der kleine McGyver. Ich kümmere mich um die Organisation, Einsatzleitung und Kundenbetreuung", sagt Andreas Schweimler. Die beiden haben mittlerweile fünf weitere Mitarbeiter.

Die Kunden von Ocean Diving sind Häfen, Reedereien, Versicherungen und internationale Firmen, die sich im Auftrag der Eigner um die Yachten kümmern. „Probleme unter Wasser können nicht mal eben schnell selbstständig analysiert und gelöst werden. Da sind Taucher nötig", sagt Andreas Schweimler. Die andere Möglichkeit, das Schiff aus dem Wasser zu holen, koste viel Zeit und damit auch Geld. So bestellt man sich lieber Andreas Schweimler, der mit Tauchern, Schläuchen und Hydraulikmaschinen anrückt und die Arbeit unter Wasser erledigt.

Immer wieder sind auch richtig große Pötte dabei. Wie jener 300-Meter-Tanker, bei dem der 6-Meter-Propeller der Schiffsschraube vollkommen verbogen war. Jeder Ausfalltag hätte die Reederei 500.000 Euro gekostet. „Wir haben die ganze Nacht durch gearbeitet, den kaputten Propeller und den gegenüberliegenden halbiert und anschließend geschliffen", sagt der 45-jährige Thomas Heise. Noch zwei Jahre sei das Schiff mit ihrer Lösung weitergefahren, bevor die gesamte Schraube gewechselt wurde.

Die Arbeit ist nicht ganz ungefährlich. „Neben den Taucherkrankheiten können unter Wasser die gleichen Verletzungen passieren wie über Wasser - sie sind noch gefährlicher, weil man nicht so schnell hochkommt und die Auftauchzeiten beachten muss", so Heise.

Ocean Diving kümmert sich auch um den Qualitätscheck und kleinere Reparaturen an Kreuzfahrtschiffen Die Arbeit im Wasser übernimmt dann meist Thomas Heise. Er ist mit einer Kamera ausgestattet und hält Kontakt zu Andreas Schweimler, der alles am Computer dokumentiert.

Für Schiffe bis zu einer Länge von 70 Metern agiert Ocean Diving auch als Schlepper. Muss eines für Reparaturen in der Werft oder Einlagerungen aus dem Wasser gehoben werden, befestigen die Taucher die bis zu 24 Gurte des Werftkrans am Schiff. Außerdem warten sie die Liegeplätze in mehreren Häfen der Bucht. „Früher hat einfach jeder seinen Anker geworfen, das geht heute natürlich nicht mehr", sagt Andreas Schweimler. Das Hauptaugenmerk gilt dabei den unter Wasser fest in­stallierten Ketten sowie den Bojen. „Wir sind quasi die Unterwasser-Augen im Hafen", sagt Schweimler. Die Kunden werden ihm so schnell nicht ausgehen. „Die Häfen können gar nicht so schnell wachsen, wie die Schiffe groß werden", sagt er.