Zum Gesprächstermin nach dem Training erscheint Emilio N‘Sue ein wenig verspätet. Man verzeiht es ihm gerne, schließlich hat er an diesem Tag Geburtstag, den es in der Kabine mit den Teamkameraden noch ein wenig zu feiern galt. N‘Sue ist 21 Jahre alt geworden und schon einer der zentralen Spieler bei Real Mallorca.

Immer wenn von der erfolgreichen Jugendarbeit des Inselclubs die Rede ist, dann fällt auch der Name N‘Sue. Seit er 14 ist, steht der Sohn einer Mallorquinerin und eines Guineers bei Real unter Vertrag. N‘Sue kam ausgerechnet vom Erzrivalen Atlético Baleares und wurde beim Erstligisten von Beginn an hofiert. Er war als Jugendlicher so gut, dass auch Späher des englischen Erstligisten Arsenal London auf ihn aufmerksam wurden. Als er 15 war, luden sie ihn nach London ein. „Wir haben eine Stadtrundfahrt gemacht, das Stadion besucht und mit der ersten Mannschaft zu Mittag gegessen“, erinnert er sich. Auch Arsene Wenger, seit ewigen Zeiten Trainer der Gunners, nahm sich den jungen Mallorquiner beiseite. Man war sich schnell einig, Emilio sollte ins Internat von Arsenal. „Es war alles geregelt“, so N‘Sue.

Doch dann starb plötzlich sein Vater und der 15-Jährige stand vor einer schweren Entscheidung: „Ich konnte nicht gehen und meine Mutter und meine kleine Schwester allein in Palma lassen“, sagt er. N‘Sue blieb hier. Er wurde in alle Jugendauswahlmannschaften des spanischen Verbands berufen. Mit der U19 wurde er 2007 Europameister.

Mit 18 debütierte er dann in der ersten Mannschaft von Real Mallorca, kam aber beim 1:1 gegen Villarreal nur die letzten drei Minuten zum Einsatz. Dann wurde er ausgeliehen, zunächst an den Zweitligisten CD Castellón und später an den Ligarivalen Real Societat San Sebastián. Den Basken verhalf er im vergangenen Jahr mit fünf Toren zur Rückkehr in die Primera División. „Dort bin ich als Fußballer und auch als Mensch gereift“, sagt er.

Real Mallorca ließ seinen begabten Nachwuchsspieler nie aus den Augen. Als er zu Beginn der Saison auf die Insel zurückkehrte, erwarb sich N‘Sue sofort das Vertrauen von Trainer Michael Laudrup. Von den sechs Spielen hat er fünf Partien durchgespielt. Beim 2:0-Erfolg gegen San Sebastián holte ihn der Trainer 20 Minuten vor dem Ende der Begegnung vom Platz, weil er mit einer Knöchelverletzung bereits angeschlagen ins Spiel gegangen war.

Der vielversprechende Jugendspieler ist zu einer festen Größe geworden. Seit zwei Jahren fragt auch der Fußball-Verband Guineas ständig an, ob N‘Sue nicht für die Heimat seines Vaters spielen möchte. Doch er lehnt ab. Das Land hat er nie gesehen. Seine Mutter ist Mallorquinerin, mit Spanien hat er Titel gewonnen. „Ich fühle mich einfach als Spanier“, sagt er. In Palma lebten überdies seine Freunde, mit den meisten von ihnen sei er seit den Kindertagen verbunden. Daran werde sich auch nichts ändern. „Ich weiß, dass sie mich zurechtstutzen, wenn ich mal überheblich werden sollte. Das ist mir wichtig“, sagt er. Den Traum, einmal für einen großen Verein zu spielen, den hegt er, seitdem er Arsenal einst eine Absage erteilen musste. „Wer weiß? Wenn ich bei Mallorca weiter gute Leistungen zeige, ruft Wenger vielleicht eines Tages noch einmal an.“

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Radsport: Mountainbikerin Marga Fullana gesteht Doping

- Wasserwelten: Memoiren eines Zweimasters

- Gratis auf der Driving Range vom Robinson Club in Cala Serena