Noch eine gute Woche ist es bis zum Saisonstart der Liga Adelante, und Fußball-Zweitligist Real Mallorca blickt wieder einmal in eine ungewisse Zukunft. Nachdem am Freitag (8.8.) der Israeli Dudu Aouate - vormals Torhüter des Inselclubs - als Generaldirektor verpflichtet wurde, herrschte tagelang Rätselraten über die Folgen dieses Schrittes. Inzwischen stehen zumindest ein paar Eckdaten fest: Der erst vor einem Monat angeheuerte Trainer Miquel Soler ist seinen Job los, gemeinsam mit den Co-Trainern Xim López und Vicente Engonga. Neuer Trainer wird der Este Waleri Karpin. Außerdem sollen noch zwei oder drei Spieler verpflichtet werden.

Dudu Aouate wird voraussichtlich mit einer noch unbekannten Investorengruppe im Rücken die Anteile von Hauptak­tionär Llorenç Serra Ferrer und von Präsident Biel Cerdà übernehmen. Aus dem Umfeld der Investorengruppe kommt auch Karpin.

Somit würde auch der Abschied von Serra Ferrer und Cerdà unmittelbar bevorstehen. Was für den Club eine gute Nachricht wäre. Denn die sportliche und institutionelle Bilanz der beiden in den vergangenen zwei Jahren war verheerend. Bietet sich für den Club jetzt die Chance, mit Kapital im Rücken, dem finanziellen Dilemma und der sportlichen Mittelmäßigkeit zu entfliehen?

Das Engagement von Aouate wird auf der Insel prinzipiell positiv gesehen, weil dieser in der Vergangenheit mehrfach seinen engen ­Bezug zu

Real Mallorca unter Beweis gestellt hat. Aouate spielte zwischen 2008 und 2014 für den Inselclub und stand 172 Mal im Kasten. Als er aus der Startformation fiel, unterstützte er seinen Konkurrenten Rubén Miño und blieb dem Club treu.

Doch es gibt auch Zweifel. A­ouates Einstand im Amt des Generaldirektors etwa war verbesserungswürdig. Bei einer Pressekonferenz

am Montag stellte Präsident Biel Cerdà Aouate offiziell vor. Der Israeli hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal mit Sportdirektor

Miguel Ángel Nadal gesprochen, weshalb er nichts Handfestes zu verkünden hatte. Dabei war Solers Abschied längst entschieden, denn als ein Reporter den Namen Karpin in der Presserunde fallen ließ, sagte Aouate: „Ich sehe, Ihr habt Informationen." Im anschließenden Vier-Augen-Gespräch ließ Aouate Nadal dann keine Alternative - und das nur zwei Tage vor der Präsentation des Teams am Mittwochabend (13.8.) beim Trofeo Ciutat de Palmas gegen Getafe. Das Testspiel gewann der Inselclub nach einer überzeugenden Leistung mit 2:1.

Für Nadal ein Schlag ins Gesicht, hatte er doch erst vor knapp zwei Monaten auf Vermittlung des deutschen Aktionärs Utz Claassen die Arbeit für den Inselclub in einer Notsituation aufgenommen und den Mallorquiner Miquel Soler als Coach verpflichtet. Nadal hatte es geschafft, trotz eines Minibudgets acht Neuverpflichtungen auf die Insel zu locken. Jetzt sieht es danach aus, dass Nadal in den kommenden Tagen seinen Rücktritt bekanntgibt. Aus dem Umfeld des Clubs heißt es, der frühere Barça- und Real Mallorca-Profi sei gelinde gesagt „nicht begeistert".

Auch der ehemalige Trainer des FC Barcelona, Johan Cruyff, der in den vergangenen Tagen auf der Insel weilte, hatte in einem Interview gefordert, Nadal in Ruhe arbeiten zu lassen. Aouate solle sich nicht in die sportlichen Entscheidungen ein­mischen, Nadal sei die optimale Besetzung für diese Stelle.

Karpin selbst wurde bei einer Verwaltungsratssitzung am Dienstagabend (12.8.) als neuer Trainer bestätigt. Aouate votierte dabei als einer der Repräsentanten von Serra Ferrer, der nicht zur Sitzung erschienen war. Ebenfalls nicht gekommen waren Utz Claassen, sein Sprecher Michael Blum und Pedro Terrassa. Blum und Claassen weilten in Deutschland, Claassen hinderten gesundheitliche Probleme an einer Reise. „Und für mich war es nicht möglich, so kurzfristig anzureisen", sagte Blum der MZ. Präsident Cerdà hatte die Sitzung erst am Montag einberufen.

Claassen und Blum warteten nun „erst einmal ab, was passiert". Claassen hatte vor Wochen der MZ gesagt, dass er einen Einstieg eines ernsthaften Investoren sehr begrüßen würde. Doch bislang habe niemand, weder Aouate noch jemand anderes, mit Claassen oder ihm gesprochen, sagte Blum, der vor allem die Form kritisierte, wie die Personalwechsel vonstatten gegangen sind. Es sei „ein Unding, dass man erst einen Sportdirektor und einen Trainerstab ohne Gegenstimme einstellt und eine Woche vor Saisonbeginn entlässt".

Auf der Insel wird das ähnlich gesehen, Aouates Start wurde von den Medien durchgehend als „unglücklich" bezeichnet. Scharfe Geschütze kamen vor allem von der Familie Nadal. Toni Nadal schimpfte beim Fernsehsender IB3: „Aouate ist von der gleichen Sorte wie der aus Sa Pobla (gemeint ist Serra Ferrer). Es ist traurig, dass ein Club wie Real Mallorca in diesen Händen ist." Auch Tennis-Ass Rafael Nadal schoss gegen den Verein, von dem er bis 2011 noch Anteile besaß. „Ich habe das Gefühl, dass der Fußball eine Welt von Verrückten ist, vor allem auf Mallorca."

Der Eigentümerwechsel ist nun offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Das Unternehmen Ernst & Young will seine Wirtschaftsprüfung nun am Mittwoch (27.8.) abgeschlossen haben, nachdem das zunächst für Montag, den 18. August geplant war. Erst danach wird sich wohl Dudu Aouate in Sachen Verkauf entscheiden. Und dann dürfte auch bekannt werden, wer hinter dem Israeli steht. Berichte, nach denen die Investoren aus dem Umfeld des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch kommen, waren bereits im Juni aufgekommen.

Allzu viel Geld scheint man aber für den Inselclub nicht vorgesehen zu haben, denn noch immer wird versucht, den mit einem Jahresgehalt von einer Million Euro sehr teuren Alejandro Alfaro loszuwerden. Karpin und sein Trainerstab sollen nach derzeitigem Stand das gleiche Gehalt bekommen, das für Soler und seine Co-Trainer eingeplant war: 200.000 Euro pro Saison. Karpins Vertrag läuft über zwei Jahre.

Waleri Karpin: Von Mallorcas Fans ausgepfiffen

Waleri Karpin soll Real Mallorca als Trainer zurück in die Primera División führen. Der 45-jährige Este, der auch die spanische Staatsbürgerschaft besitzt, war in seiner Zeit als aktiver Spieler vor allem in Spanien im Einsatz. Ausgerechnet mit Real Mallorca legte sich Karpin im Jahr 2000 an. Nach einem 2:2 zwischen dem Insel­club und Celta Vigo, in dem der Schiedsrichter drei Tore der Hausherren zu Unrecht annullierte, gab Karpin nach dem Spiel despektierliche Kommentare in Richtung der Spieler von Real Mallorca ab. Diese hatten beim Schiedsrichter protestiert. In den darauffolgenden Partien wurden dann die Zweikämpfe mit Karpin besonders aggressiv geführt. Kam er mit Celta Vigo ins ­Stadion Son Moix, wurde der Este regelmäßig ausgepfiffen. 1999 wurde Karpin zum Fußballer des Jahres in Russland gekürt. In 348 Begegnungen schoss der Mittelfeldmann 68 Tore.

Nach seinem Karriereende 2005 blieb Karpin in Vigo, heiratete eine Spa­nierin und gründete eine Baufirma. Außerdem unterstützte er als Mäzen den Spitzensport in Vigo und sponserte zahlreiche Teams, wie Karpin Galicia (Radsport), Karpin Vigo (Volleyball) oder den Vigo Rugby Club. Zwischen 2009 und Sommer 2012 sowie zwischen Dezember 2012 und März 2014 war Karpin Trainer des russischen Erstligisten Spartak Moskau. Den Posten des Generaldirektors bekleidete er dort zwischen 2008 und 2014.

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