Musik schallt aus der Lagerhalle in Son Bugadelles. Von der Decke hängen Kletterseile und Ringe, vor einer Wand stehen Reckstangen, im Innenhof liegen mehrere Lkw-Reifen. Muskulöse Menschen springen auf Holzkisten und wieder zu Boden, wuchten ­konzentriert Hanteln aus der Kniebeuge in die Höhe oder machen Klimmzüge im Schnelldurchlauf. „Crossfit ist das Schweizer Taschenmesser der Fitness", sagt Rob Martin.

2011 brachte der gebürtige Brite die Methode in seinem Studio Crossfit Mallorca auf die Insel. Inzwischen gibt es allein in Palma drei dieser

boxes genannten Einrichtungen. Der ehemalige Turner Greg Glassman entwickelte das Konzept in den 90er Jahren in Kalifornien. „Bei uns geht es nicht darum, gut auszusehen, sondern sich gut bewegen zu können", erklärt Martin. Der Sport zielt nicht allein auf maximale Kraft, sondern kombiniert diese mit den anderen motorischen Grundfähigkeiten: Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination.

Auf diese Methode, die einem intensiven Zirkeltraining ähnelt, schwören immer mehr Menschen: Innerhalb der vergangenen sechs Jahre stieg die weltweite Zahl der Studios von etwa 2.000 auf über 11.000. Die kanadischen Streitkräfte trainieren nach Crossfit, das dänische Leibgarde-Regiment ebenfalls. „Wer nicht schwitzen will, ist im Crossfit nicht richtig", sagt Oliver Paul. Rob Martin war sein Trainer und wollte expandieren, seit Februar 2014 sind sie Geschäftspartner. Der Brite, seine Frau Silke Martin und vier weitere Coaches betreuen die Mitglieder - von der Kindergruppe bis zu den Senioren.

Crossfit setzt auf natürliche Bewegungsabläufe, statt einzelne Muskelgruppen isoliert zu trainieren. Beispielsweise mit Übungen aus dem Turnen. „Das Ziel ist nicht, der Beste in einer Disziplin zu sein, sondern gut in allen", sagt Martin. Eine typische Crossfit-Einheit dauert eine Stunde und dreht sich um das Workout of the Day, kurz: WOD. Die härtesten nennen sich heroe workouts - Sport für Helden also. Etwa the Murph: 1,6 Kilometer laufen, 100 Klimmzüge, 200 Liegestütze, 300 Kniebeugen, noch mal 1,6 Kilometer laufen - alles so schnell wie möglich.

Wegen der hohen Intensität warnen Kritiker immer wieder vor Verletzungen. Bei Crossfit Mallorca hat sich den Betreibern zufolge noch niemand ernsthaft verletzt. „Ich hatte am Anfang Rückenprobleme", sagt Oliver Paul. „Nach drei Monaten mit Rob waren sie aber weg." Das Geheimnis sei, jedes Mitglied stets individuell zu betreuen. Denn trainiert wird in der Gruppe und grundsätzlich unter Aufsicht. Wenn die Gruppe mehr als zwölf Teilnehmer hat, komme ein zweiter Trainer hinzu. „Als Coach muss ich jeden von einem Level zum anderen führen und die Übungen anpassen", sagt Rob Martin. „Wer zum Beispiel keinen Klimmzug kann, hält das Kinn 30 Sekunden über der Stange, ohne sich abzusenken. Ist das zu schwierig, bleiben die Fersen auf dem Boden, und der Körper wird schräg gehalten."

Die intensive Betreuung bei Crossfit Mallorca hat ihren Preis: Zehn Einheiten im Monat kosten 120 Euro, die 15er-Karte 150 ­Euro, die Dauerkarte 180 Euro. „Wir wissen, dass wir teuer sind", sagt Silke Martin. „Natürlich wollen wir Geld verdienen, aber auch Leute anziehen, die wirklich trainieren möchten." Dafür sei das Geschäftsmodell flexibel - keine Aufnahmegebühr, keine Verträge, keine Bindung.

Etwa 120 Fitness-Enthusiasten schwitzen regelmäßig in der box. Im Sommer kommen zahlreiche Gäste hinzu. Urlauber aus ganz Europa und Nordamerika, aber auch professionelle Trainingsgruppen, die sich für die Crossfit Games in den USA vorbereiten, quasi die Weltmeisterschaft der Disziplin. Da Rob Martin zu den besten europäischen Athleten gehört, zieht er das entsprechende Publikum an. Seit 2011 nimmt er an den regionals, den Europameisterschaften, teil. 2012 erreichte der ehemalige Rugby-Spieler den neunten Rang, 2013 den achten. „Crossfit ist mein ganzes Leben, mein Beruf, mein Hobby, meine Freunde", sagt der Athlet.

Seinen Geschäftspartner und seine Frau hat Martin längst für den Sport begeistert. Und für die Philosophie, die dahinter steckt: Ernährungsberatung und -umstellung statt Diät, Motivation durch Exklusivität und Gemeinschaft statt einsames Bankdrücken.

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