Von Kirsten Lehmkuhl

In Binissalem, in der Bodega Ca´n Novell, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Sieben wuchtige Holzfässer, mit weißer Kreide beschriftet, stehen in dem Raum, der ein wenig an eine Garage erinnert. Man geht hinein, kauft einen kleinen Demijohn mit einem Plastikmäntelchen drumherum (2,40 Euro) - und lässt sich einen der Roten, Weißen, Rosés oder den Sherry-Wein direkt vom Fass abzapfen.

Die Kellerei von Andreu Villalonga ist eine der wenigen auf Mallorca, die Wein auf diese traditionelle Art anbietet - zu Preisen, die sich, so ganz ohne Zwischenhandel, sehen lassen können. Der Liter des negre etwa schlägt mit 1,40 Euro zu Buche, für 5,60 Euro geht man mit einem der Vier-Liter-Kanister nach Hause.

ýDiese Holzfässer, die botes congrenyades, gibt es nur auf Mallorca", sagt Villalonga. ýSie sind etwa 200 Jahre alt und wurden aus Steineiche und Olivenholz gefertigt, eben mit dem Holz, das auf der Insel zur Verfügung stand." Und weil die mächtigen Fässer bis zu zwei Tonnen wiegen, wurden sie meist vor Ort gebaut. Ein Transport dieser Kolosse war zu beschwerlich.

Der ausgebildete Weinbauer und Önologe führt die Bodega, zu der 13 Hektar Land gehören, in der vierten Generation. Und von Bezeichnungen wie pittoresk oder verwunschen will er nichts hören. Schließlich ist sein Job harte Arbeit, die den ganzen Mann erfordert.

Villalonga baut zahlreiche Weinsorten an, experimentiert auch mit kleinen Mengen, von mancher Rebart besitzt er nur 100, 200 Pflanzen. Darunter sind Mantonegro, Callet, Fogoneu, Monastrell, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Tempranillo, Garnacha, Graciano, Prensal Blanc, Macabeu, Chardonnay ? Demnächst plant er, einen Teil der Produktion als Bio-Wein anzubieten. ýGrüne" Gedanken sind dem 34-Jährigen durchaus sympathisch. Schon jetzt setzt er einiges davon um. ýBei uns werden die Demijohns nicht recycelt, sie werden wiederverwendet", betont er. Das heißt: Die Leute geben die leeren Flaschen ab und bekommen dafür eine neue mit nach Hause. Die Behälter werden per Hand gewaschen - und immer wiederverwendet. ýDas", glaubt Unternehmenschef Villalonga, ýist das Ökologischste, was es gibt."

Keiner seiner Weine, die man übrigens alle auch in Flaschen erstehen kann, tragen die Herkunftsbezeichnung Denominación de Origen (D.O.) Binissalem. Villalonga wollte sich nie den strengen Regeln dieser Vereinigung unterwerfen. Solche ýKorsetts", wie er sagt, sind nichts für ihn. ýWarum sollen alle Winzer hier in der Gegend den gleichen Wein machen", fragt er.

Allerdings hat diese Entscheidung zu einem Kuriosum geführt. Weil die D.O. Binissalem den Namen des Ortes quasi für seine Mitglieder gepachtet hat, darf Villalonga auf seinen Etiketten das Wort Binissalem nicht verwenden. So gibt er darauf zwar die Straße, die Hausnummer und die Postleitzahl an. Das B-Wort allerdings ist tabu ? Dass man nicht mal den Sitz seiner Firma nennen darf, findet der Jungwinzer ungerecht. Man könnte es auch absurd nennen.

Mit oder ohne Binissalem, der Beliebtheit seiner Weine tut das keinen Abbruch. Da sind die Nachbarn, die Woche für Woche eine der bauchigen Vier-Liter-Flaschen kaufen. Da ist die junge Frau, die mit dem Moped herbeigesaust kommt und in einem Balanceakt den gläsernen Demijohn auf ihrem Zweirad nach Hause transportiert. Und da gibt es den 101-jährigen alten Herr, der gleich um die Ecke wohnt, der schon sein ganzes Leben auf die Tropfen von Ca´n Novell schwört. Dass er sich in seinem hohen Alter noch so guter Gesundheit erfreut, da hat auch sein Lieblingswein eine Rolle gespielt, glaubt er. Keine allzu kleine.

Ca´n Novell, Calle Bonaire, 17,

Binissalem,

Telefon 971-51 13 10.

Mo bis Fr 8 bis 13 Uhr und 15 bis 20 Uhr. Sa 8.30 bis 14 Uhr.

Es gibt auch einen Hauslieferservice.