Es ist blass, auffallend blass. Die großen Augen schauen mal gequält, mal blitzen sie schelmisch auf. Die kurzen Beinchen und Ärmchen hängen schlaff in dem roten Strampler. Der Rest des Körpers ist dafür umso lebendiger.

Palmas Baby: Es quäkt, spuckt oder zetert stundenlang auf der Plaça Major. Sein kleines Gitterbettchen misst einen halben

Meter auf einen halben Meter. Die Milchflasche hat es immer griffbereit, auch der Schnuller liegt im Bettchen. Es kokettiert, zwinkert den Passanten zu, streckt auch mal die Zunge raus oder zieht sich schmollend zurück. Das Baby spielt mit den Leuten, scheint sie ärgern zu wollen. Wenn ihm jemand die Flasche reicht, entscheidet es sich für den Schnuller. Die Menge liebt das kleine Baby. Menschentrauben scharen sich um sein Gitterbettchen, halten ihre Smartphones hoch, knipsen es, einige mutige Kinder geben ihm die Flasche, die Netten legen etwas Geld in das Bettchen.

Sein Schöpfer: Alex, wie ihn alle seit seiner Kindheit nennen. In Wirklichkeit heißt der 38-jährige Bulgare Iliya Zlatev. Er kommt aus dem Zentrum Bulgariens, aus Stara Zagora, und lebt schon seit mehreren Jahren in Palma. Früher hat er als Charly-Chaplin-Mime in Barcelona sein Geld verdient. „Aber Babys sind witziger", findet der drahtige Mann mit den kleinen Goldsteckern im Ohr. Er sattelte um und verzaubert die Leute seitdem als liebenswerter Quälgeist im Strampelanzug.

Eine Zeit lang versuchte Alex sein Glück auch in Berlin, doch das sei wegen der hohen Auflagen mühsam gewesen: In der deutschen Hauptstadt hätte er für sein Gitterbettchen Sonder­­zu­lagen zahlen müssen, Palma sei da entspannter, sagt er. Er kauert in Schneidersitzhaltung unter dem selbst gebauten Bett. Die Arme müssen frei sein, für eventuelles Wadenzwicken oder Beinekneifen. Vorzugsweise bei Frauen. Auf dem Kopf trägt er ein rot-weiß geringeltes Baumwollmützchen, das Gesicht ist weiß geschminkt, der Mund kirschrot. „Das geht ganz fix, dafür brauche ich 5 Minuten vor meinem Auftritt. Ich schminke mich direkt auf dem Platz."

Was dem Baby gar nicht gefällt, ist: Wenn die Leute ein Foto machen und einfach abzischen. Dann schaut es böse, streckt die Zunge raus und mault. „Zunge rausstrecken gehört sich ja eigentlich nicht, aber einem Baby verzeiht man so etwas", sagt Alex. Die meisten beugen sich diesem „Druck" und legen eine Münze in den roten Hut vor seinem großen Babykopf.

Eine Gruppe kleiner Mütter, alle um die zehn Jahre alt, gruppiert sich um die Wiege. Der Schnuller wird gereicht, die Flasche gegeben. Das Baby ist glücklich.Noch glücklicher ist es aber, wenn abends die Kasse stimmt. Drei bis vier Stunden schafft er an einem heißen Sommertag, mehr Stunden in der Hitze schlauchen zu sehr.

50 Euro können da zusammenkommen. „Das muss reichen für meine Frau und meine beiden Kinder, einen Jungen und ein Mädchen", erzählt Alex. Sein drittes Kind hat vier Beine und kleine Fellohren, ein Hund. Das Baby hat eine Marktlücke entdeckt. Sein Quäken hat Erfolg.