Beim „Oculoplastic Symposium Beut & Jelks" trafen sich vom 13. bis 16. Oktober über 25 Plastische Chirurgen aus Europa, Israel und den USA. In Vorträgen und Workshops präsentierten sie ihre neuesten Forschungsergebnisse und Operationstechniken im Bereich Augenplastik. Die MZ traf Professor Dr. Neven Olivari (früher Chefarzt der Plastischen Chirurgie des Krankenhauses Köln-Wesseling) und Dr. Olaf Kauder (Praxis für Plastische Chirurgie Berlin) zu einem Gespräch über Schönheit, Trends und Risiken …

Schönheit ist ein ständiges Thema in unserer Gesellschaft. Wird nicht schon zu viel geschnippelt und gespritzt?

Olivari: Der Trend ist nicht aufzuhalten. Früher haben wir rund 20 Prozent ästhetische und 80 Prozent rekonstruktive Chirurgie gemacht. Das hat sich fast umgedreht. In den meisten Praxen geht es heute um ästhetische Chirurgie, oft wird auch ambulant behandelt. Man muss ganz ehrlich sagen, dass es dabei auch um Geld geht.

Was sind die häufigsten ­Patienten-Wünsche?

Kauder: Das liegt immer daran, wo der Arzt seinen Schwerpunkt hat. Meiner ist im Bereich Brustchirurgie.

Sagen Sie nein, wenn Sie der Ansicht sind, eine Operation ist völlig unnötig?

Kauder: Die Indikationsstellung ist das Wichtigste an unserem Beruf. Sie müssen ­Patienten auch wegschicken. Sie dürfen sich nicht von finanziellen Aspekten leiten lassen, sondern schauen, was würde ich bei meiner Frau, Schwester oder Tante machen, wenn es um ästhetische Dinge geht.

Olivari: In der Presse liest man meist von Brustvergrößerungen. In meiner Praxis waren aber 80 Prozent Brustverkleinerungen. Das waren die glücklichen Frauen. Weil sie vorher erhebliche Probleme hatten. Diese Operation ist auch ungleich schwieriger, als eine Brust mit Silikonkissen zu vergrößern.

Es klingt nicht gerade gesund, einen Fremdkörper in sich zu haben …

Olivari: Man muss immer wiederholen, dass Silikonkissen, die man implantiert, nicht für ewig sind. Verhärtungen können auftreten, manchmal nur auf einer Seite. Es sind oft ganz leichte Infektionen, die sich einschleichen.

Ist ein Ende des Trends zu den Brustvergrößerungen abzusehen?

Olivari: In Europa ist der Trend zu Riesenbrüsten gar nicht so ausgeprägt – in den USA schon. Laut einer Umfrage gilt bei uns ein Silikonkissen von 200 Milliliter schon als sehr groß. In den USA sind es 400.

Von welcher Haltbarkeit kann man bei Brustimplantaten ausgehen?

Kauder: Sie können von gar nichts ausgehen, weil es keiner weiß. Ich sage meinen Patientinnen: In 10 bis 15 Jahren wissen wir mehr darüber, was man mit diesen Implantaten macht. Keiner von uns hat eine Zeitreise hinter sich, und Medizin ist keine saubere Wissenschaft. Weil wir viele Größen gar nicht kennen. Das muss man ganz offen sagen. Die meisten Patienten schätzen diese Ehrlichkeit.

Olivari: Wenn man einer Frau sagt, in acht bis zehn Jahren müssen wir die Silikonkissen wechseln, ist sie ganz zufrieden, wenn es 15 Jahre dauert. Ich habe 1968 zum ersten Mal Silikon bei einer brustamputierten Frau implantiert. Es war eine Sensation. Das Implantat hielt zehn Jahre, aber das Silikon war noch sehr flüssig, es musste später mühsam aus dem Gewebe entfernt werden.

Thema Gesicht. Können Filler-Substanzen oder Botox ein Facelift ersetzen?

Kauder: Man kann nicht sagen, dass sie ein Lifting ersetzen. Sie ergänzen Therapien und bieten neue Optionen. Durch nicht chirurgische Verfahren bekommt man Optionen, die sehr vielversprechend sind.

Oft sieht man keine schönen Resultate. Wie sicher sind diese Substanzen?

Kauder: Solange es Substanzen sind, die sich auflösen, ist man auf der sicheren Seite. Das Arbeitspferd ist die Hyaluronsäure. Und die kann man durch ein Enzym auflösen. Es ist also steuerbar. Leider ist es bis heute in Deutschland nicht verboten, Silikon zu injizieren. Es gibt leider auch noch genug Menschen, die es machen. Die Folgen sind katastrophal. Das Material ist zwar in den ersten Jahren wunderbar, aber dann verhärtet und verkapselt es sich. Wenn es rausoperiert werden muss, sind die Folgen sehr entstellend.

Olivari: Wenn eine Frau zwischen 50 und 60 Jahren unter hängendem Hals, Tränensäcken und hängenden Lidern leidet, muss man operieren. Das ist eine große Operation. Wer was anderes sagt, lügt. Man darf auch nie sagen: Nach zwei, drei Wochen können Sie wieder arbeiten. Ich sage: Rechnen Sie lieber mit sechs Wochen. Es gibt viele neue Methoden. Aber ich glaube nicht, dass die eine große Zukunft haben. Die helfen alle nur eine gewisse Zeit.

Was halten Sie von Botox?

Olivari: Es ist ein Gift, das Nerven tötet. Nerven, die Falten machen. Das ist okay. Aber es ist keine Gesichtsstraffung.

Kauder: Botox ist deshalb auch geeignet für Menschen, die diesen Hautüberschuss noch nicht haben. Wo sich die Haut noch selbst reparieren kann. Darauf basiert es ja: Ich gebe der Haut eine Ruhepause, indem ich den darunterliegenden Muskel stilllege. Dann kann sich die Haut reparieren und die Falte geht weg. Wenn die Falte schon sehr tief ist, und ich ein Elastizitätsproblem habe, brauche ich einen Füller wie Hyalu­ronsäure. Wenn das alles nicht mehr geht, sollte man doch lieber ein Lifting machen, sonst entstehen die Ballongesichter, die man häufig sieht.

Was kann Chirurgie nicht?

Kauder: Den Verlust der Elastizität der Haut rückgängig machen. Es ist ein Irrtum zu glauben, durch ein Facelift werde die Haut elastischer. Man nimmt nur den Überschuss weg und bringt die Unterhautstrukturen wieder dort hin, wo sie waren.

Wie häufig muss man mit Komplikationen rechnen?

Olivari: Wer behauptet, dass er alles super macht und nie Komplikationen auftreten, der lügt. Es gibt Komplikationen, die kann man nicht vertuschen. Die hat jeder. Leider gibt es halbseidene Ärzte auf dem Gebiet der ästhetischen Chirurgie, die nicht mal richtig ausgebildet sind. Wenn jemand Kiefernchirurg ist und Schönheits-OPs anbietet – laufen Sie weg! Wer keine Facharztausbildung für Plastische Chirurgie hat, hat das Handwerk nicht richtig gelernt.

Kauder: Die Frage ist auch, was man als Komplikation bezeichnet. Ein kritischer Arzt hat mehr Komplikationen, weil er mehr sieht. Er schaut halt genauer hin.

Gehen Männer jetzt öfter zum Schönheitschirurgen?

Olivari: Früher galt es als unmännlich. Heute kommen sie schon. Am häufigsten wegen einem hängendem Hals, Tränensäcken oder hängenden Oberlidern. Das ist auch bei Männern kein Thema mehr. Ein Facelift ist eher selten.

Kauder: Gerade bei Gesichtseingriffen muss man mit Männern noch genauer sprechen als mit Frauen. Ich glaube, dass man bei Männern eher weniger machen sollte. Weil es sonst lächerlich und unnatürlich aussieht. Das sieht man ja bei einigen Hollywoodschauspielern. Zum Beispiel Robert Redford. Der hat plötzlich runde Augen.

Sind Frauen zu kritisch mit sich?

Olivari: Frauen sind sehr kritisch. Unsere Aufgabe ist es, lange mit ihnen zu reden. Wenn sie versuchen, mit einer Operation ihren Mann zurückzugewinnen – das klappt nie. Wenn ich die operiere, gibt es eine Katastrophe. Wenn sie es nur für sich selbst machen, ist es okay. Ein Rat gilt für alle Frauen: Lachen Sie mehr – eine Frau, die lacht, ist immer schön!

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