Mallorca Zeitung

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Chipstüte, Hexe und Hasen: Bei der Keramikmesse auf Mallorca gibt es viel mehr als nur Geschirr aus Ton

Die 39. Ausgabe der Fira del Fang ist in vollem Gange. Die Aussteller der Töpfer- und Keramikmesse in Marratxí haben längst nicht nur traditionelle Produkte im Angebot

Zu Besuch auf der Fira del Fang: Was die Keramikmesse auf Mallorca zu bieten hat

Zu Besuch auf der Fira del Fang: Was die Keramikmesse auf Mallorca zu bieten hat Nele Bendgens

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Zu Besuch auf der Fira del Fang: Was die Keramikmesse auf Mallorca zu bieten hat Simone Werner

Noch gibt es auf der Plaça Sant Marçal vor der großen Kirche eine recht große Auswahl an Ständen mit Keramikprodukten. Elf Töpfereien sowie die Hersteller der Mallorca-Figuren siurells aus der für seine Keramik bekannten Gemeinde Marratxi stellen auf der Fira del Fang Produkte eines jahrhundertalten Handwerks aus. 14 Aussteller kommen zudem aus anderen Gemeinden Mallorcas, einer aus Barcelona. Es ist bereits die 39. Ausgabe der Töpfer- und Keramikmesse, und Maria Amengual war von Beginn an dabei, zunächst im Kindesalter, als ihre Eltern siurells feilboten. „Früher gab es um die 60 Stände. Mittlerweile sind es jedes Jahr weniger“, klagt die dick eingepackte Familienmutter am Montag (4.3.). Ihre Tochter, die schulfrei hat und auf ihrem Handy spielt, wird den Betrieb Can Bernadí Nou wohl nicht übernehmen, sondern einen anderen Weg einschlagen.

Zumindest vonseiten der Besucher scheint die Nachfrage nach handgemachten Keramikprodukten ungebrochen. Rund 18.000, wie die Ortspolizei von Marratxí schätzt, kamen am Eröffnungstag, der mit dem Tag der Balearen am 1. März zusammenfiel. Auf Wunsch der Aussteller findet die Messe, die in diesem Jahr unter dem Motto Keramik im ländlichen Raum“ steht, mittlerweile im März und nicht wie einst im Mai statt. „Zu diesem Zeitpunkt gibt es kaum andere Messen“, erklärt die zuständige Gemeinderätin Antonia Coll. Und in der Nebensaison kommen mehr Einheimische und Residenten statt Urlauber.

Pflichttermin für viele Deutsche

Amengual kann das bestätigen. Zu ihrem Stand finden auch viele Deutsche. „Im Gegensatz zu den Sommerurlaubern kennen die derzeitigen Besucher die Tradition der siurells.“ Auch Manuela Maier und Sandra Friedeheim schlendern gerade über die Messe. Maier lebt dauerhaft in Coll d’en Rabassa, Friedeheim während der Wintermonate. Die beiden Frauen sind bewusst unter der Woche gekommen. „Ich will nah an die Stände heran, um die Produkte gut zu sehen, und nicht in dritter Reihe stehen“, sagt Maier.

Seit drei Jahren ist die Fira del Fang ein Pflichttermin für die beiden Freundinnen. Sie sind auf der Suche nach etwas Farbenfrohem. „Ich habe hier mal eine Tasse mit einem Flamingo gesehen. Leider war der Henkel auf der falschen Seite. Ich will den Flamingo beim Trinken schließlich sehen“, erzählt Maier, die hofft, den Aussteller auch bei der diesjährigen Ausgabe anzutreffen.

Stände mit bunten Kunstwerken

Während die Frauen auf die bunten Stände zusteuern, staunen Ana Felipe und Julio León besonders über die klassischen, mit dem besonderen rötlichen Ton der Gemeinde gefertigten Gefäße. Die beiden sind vom Fach. „Wir wissen, wie schwer die Arbeit mit dem hiesigen Ton ist. Er ist eisenhaltiger. Aus fünf angefangenen Teilen entsteht oft nur ein brauchbares, auch weil es leicht zu Rissen kommt oder sich das Objekt bei nicht exakt kontrollierter Brenntemperatur schnell verformt“, sagt Felipe, die in Zaragoza lebt, aber auf der Insel ab und an Keramikkurse gibt.

Ana Felipe und Julio León wissen die Arbeiten aus lokalem Ton zu schätzen. Nele Bendgens

Neben den nützlichen Gefäßen aus rötlichem Ton stechen auch die Stände mit anderen bunten Kunstwerken hervor. Über die Verkaufstheke von Francisca Truyol aus Inca gehen besonders häufig Moskitofallen oder etwa die Fastenhexe: Die Märchenfigur Jaia Corema hat sieben Beine. „Jaia heißt Großmutter, Corema steht für die siebenwöchige Fastenzeit“, erklärt Truyol auf Deutsch. Kinder nutzen die Hexe als eine Art Countdown bis zum Beginn der Osterfeiertage: Jede Woche schneiden sie ihr einen der – in diesem Fall mit Fäden befestigten – sieben Füße ab. Neben den Hexen gibt es auch Zahlen aus Keramik inklusive Kerzenhalter für die Geburtstagstorte oder auch Zitronen- und Orangenpressen sowie Tassen.

Keramikkatzen sind dieses Jahr sehr beliebt

Bei Cati Verd und Chus Barrachina aus Alaró sind Keramikkatzen in diesem Jahr der Renner. „Macht lieber keine Fotos von ihnen und damit noch mehr Werbung“, scherzt Barrachina gegenüber der MZ-Fotografin. Etwas versteckt drapiert sind die Trommeln (tambores), Flöten (flautas) und eine Kleingeige namens Rebec (rabel), auf der Barrachina spontan ein kleines Konzert gibt. Kinder fänden vor allem die Trommeln spannend, sagt er.

Katzen aus Keramik werden dieses Jahr besonders gern gekauft. Nele Bendgens

Wir verlassen den Vorplatz der Kirche und begeben uns in das weiße Festzelt, das in der Nähe aufgestellt ist. Im vorderen Teil können Besucher bunte Werke bewundern, die unter anderem in der Keramikschule der Gemeinde entstanden sind, darunter beispielsweise Chipstüten. Auch 18 altertümliche Keramikgegenstände, die einst im ländlichen Raum auf Mallorca zum Einsatz kamen, sind ausgestellt. Da ist etwa eine caragolera mit Löchern zur Aufbewahrung von Schnecken oder ein Gefäß mit Deckel namens alfàbia d’ossos, in dem die Knochen von Tieren Platz fanden. Zudem darf im Zelt jeder Standbetreiber des Vorplatzes einen Teil seiner Kollektion mit Wiedererkennungswert ausstellen.

Workshops für Kinder

Im hinteren Teil des Zeltes geht es wuselig zu. Im 30-Minuten-Takt dürfen an insgesamt zehn Tischen jeweils bis zu sechs Schüler selbst ans Werk und mit Ton hantieren. Während der zehntägigen Fira profitieren rund 1.500 Schüler von den Workshops, heißt es. Die Klasse, die beim MZ-Besuch gerade am Werk ist, soll Hasen formen. Vor allem mit deren Ohren tun sich viele Kinder schwer. Immer wieder brechen sie ab. „Ich bin handwerklich begabt“, sagt ein Mädchen und zeigt stolz die Figur ihres Osterhasen.

Nicht weniger begeistert ist das Aufsichtspersonal, Menschen mit Behinderung, die die Stiftung Amadip Esment betreut. Ein Mann mittleren Alters stellt gerade fertige Hasenfiguren der Kinder auf eine Fläche aus Erde und Stöcken auf dem Boden. „Die Kids sind wahre Künstler, oder?

Moderne Keramikarbeiten, die sich im großen Zelt bestaunen lassen. Nele Bendgens

Per Bimmelbahn zum Museum

Wer will, kann mit einer Bimmelbahn zum Museu del Fang weiterfahren. Neben der Dauerausstellung sind hier auch einige Neuheiten zu sehen, etwa ein Miniatur-Modellofen mit Keramikteilen darin. Zu bestaunen ist im Museum auch das Werk der Gewinnerin des alljährlichen Designwettbewerbs Benet Mas, Leticia Muñoz. Neu in diesem Jahr: Bei der „Pecatta Minuta“ am Samstag (9.3.) bereiten Köche den Tapasmix variat zu und servieren ihn in von lokalen Keramikern gefertigten Gefäßen (nur noch Wartelisten-Plätze).

Fira del Fang, bis zum 10. März, Mo.-Fr. 10-13.30 Uhr, 16-19 Uhr, Sa./So. 10-20 Uhr, Plaça Sant Marçal, Programm und Aussteller: ceramicademarratxi.com

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