„Das ist Deine Chance. Bewirb Dich jetzt! Wir drücken fest die Daumen!“ Die Sätze stehen in einer Stellenanzeige, in der die Hotelkette Dorint einen „Mitarbeiter in den Bereichen Service, Küche, Housekeeping und Empfang (m/w/d)“ sucht. Unterkunft und Verpflegung im Hotel sowie Flüge von und nach Deutschland würden bezahlt, auf Wunsch auch ein Deutschkurs. Für die Bewerbung reicht eine WhatsApp-Nachricht.

Die Stellenbörse ist der neueste Streich von Hope Mallorca. Arbeitslose Menschen auf der Insel sollen im Winter im deutschen Jobmarkt unterkommen, dabei Sprachkenntnisse erwerben und Auslandserfahrung sammeln. Die ersten Bewerber sind vermittelt, auch ein Pilotversuch mit McDonald’s ist angelaufen. „Dieses Jobangebot eignet sich besonders gut für ein Paar“, heißt es in einer weiteren Anzeige. „Die Flugkosten werden von McDonald’s übernommen. Es steht eine möblierte 53-Quadratmeter-Wohnung für monatlich 500 Euro zur Verfügung.“

Was nach Ausbruch der Corona-Krise mit einer Ausgabestelle für Lebensmittelspenden in Santanyí begonnen hatte, ist inzwischen ein weitverzweigtes Netzwerk mit mehr als 160 freiwilligen Helfern und mehr als 3.300 „Kunden“, wie die in Not geratenen Menschen genannt werden. Sie sollen Hilfe in allen Lebensbereichen erhalten, unbürokratisch, nachhaltig, auf Augenhöhe. „Einfach anpacken“, so lautet das Motto von Mitgründerin Heimke Mansfeld. Neben Santanyí gibt es inzwischen auch Ausgabestellen in Pollença, Alcúdia, Can Picafort, Cala Bona, s’Illot und Portocolom. Eine Art Franchise der Hoffnung

"Viele sitzen auf einem Pulverfass"

Die Hilfstätigkeit wurde schließlich so umfangreich und vielfältig, dass der wohltätige Verein in eine Stiftung mit zwei fest angestellten Mitarbeitern übergegangen ist. Und obwohl Corona aus sanitärer Sicht inzwischen weitgehend bezwungen wurde, ist das im sozialen Bereich nach Einschätzung der Gründerinnen noch lange nicht der Fall. „Viele Menschen sitzen auf einem Pulverfass“, sagt Präsidentin Heimke Mansfeld, Stylistin in Santanyí. Die Schlangen vor den Ausgabestellen würden nun wieder länger. Die ersten größeren Hotels machen zu, und nach einer kurzen Saison sowie dem Corona-Jahr 2020 drücken in vielen Haushalten die Schulden.

„Ich habe das Gefühl, es ist schlimmer als vergangenes Jahr“, meint Vizepräsidentin Jasmin Nordiek, „spätestens jetzt sind alle Reserven aufgebraucht.“ Auch wer im Sommer in Arbeit gekommen sei, habe beileibe nicht genügend Zeit gehabt, um ausreichend Geld in die Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Die durch Corona entstandene soziale Not auf der Insel könnte locker noch zwei, drei Jahre andauern, befürchtet Rechtsanwältin Sonja Willner, die sich als Schatzmeisterin und Dritte im Bunde um finanzielle wie juristische Belange bei Hope Mallorca kümmert. Die Mallorca Zeitung hat die drei Frauen Ende September mit einem Preis für soziales Engagement ausgezeichnet.

Die vielen Facetten des Hilfsangebotes

Die Lebensmitteltüten, die mit aussortierten Produkten der Lidl-Supermärkte, aber auch dank Geld- und Sachspenden prall gepackt und erst nach einem strengen Abgleich der „Kundendaten“ wöchentlich ausgegeben werden, sind inzwischen nur noch eine von vielen Facetten des Hilfsangebots. Das wuchs seit Gründung der Initiative so konstant, dass fast jede Woche Neuigkeiten zu vermelden sind.

Da stellen Bauern bei Manacor ihre Felder zum Abernten zur Verfügung. Da holt der Lions Club Palma aussortierte Lebensmittel ab und bringt sie nach Pollença, Alcúdia, Can Picafort, Cala Bona und Santanyí. Da werden Hausaufgaben betreut. Da wird ein Charity-Event mit spendablen Gästen und prominenten Partnern auf die Beine gestellt. Da werden Möbel nach Haushaltsauflösungen vermittelt. Da kommen ganze Trucks aus Deutschland mit Lebensmittel-Überschüssen auf die Insel gefahren, während die Strickgruppe eines Altenheims in der Schweiz Wintersachen für Kinder schickt. Zuletzt hat die Stiftung bis zu 200 Familien auf der Insel beim Erwerb der Schulbücher unter die Arme gegriffen.

Inzwischen übernimmt Hope Mallorca sogar ganze Patenschaften für Familien in Not: Die Stiftung schließt einen Mietvertrag ab, übernimmt die Stromkosten, organisiert etwa Rollstühle oder Spezialbetten und will darüber hinaus psychologische Hilfe anbieten. Ein halbes Dutzend solcher Patenschaften für Familien gibt es bereits. Die Menschen, die so unterstützt werden, packen wiederum selbst mit an bei der Verteilung der Lebensmittel.

Löcher im sozialen Netz

Und der spanische Sozialstaat? Das Problem seien nicht nur die Löcher im sozialen Netz, sondern auch die im Vergleich zu Deutschland größere Bürokratie sowie die mangelnde Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen, erklärt Rechtsanwältin Willner. In der Praxis gebe es viele, oft unüberwindbare Hürden, um an staatliche Hilfen zu kommen. Gerade auch das Ausfüllen von komplizierten Online-Formularen stelle viele Bedürftige vor große Probleme, „daran sind auch schon gestandene Gestorías gescheitert.“ 

Im Unterschied zur staatlichen Hilfe versteht sich Hope Mallorca aber ohnehin als große Familie, die zusammensteht und in der sich die Menschen eben nicht als Bittsteller und Gönner begegnen. Statt Scham und betretenes Suppenküchen-Schweigen herrscht hier das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Community. „Da geht es längst nicht mehr nur um die Kartoffel, die ausgegeben wird“, so Nordiek. Die Unternehmensberaterin spricht von einer für sie in jeder Hinsicht bereichernden Erfahrung. Es habe zahlreiche rührende Momente gegeben, und sie habe in den vergangenen Monaten viel gelernt. „Da ist viel Schönes entstanden“, sagt auch Mansfeld –statt Tristesse sei jetzt ganz viel Hoffnung zu spüren. Der Name ist eben Programm. 

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Weitere Informationen unter https://hope-mallorca.org.