Seit Juni ist aktive Sterbehilfe in Spanien erlaubt. Eine Deutsche ist eine der Ersten, die sie in Anspruch genommen hat. Am Mittwoch (27.11.) um 12.45 starb Doerte Lebender auf eigenen Wunsch in ihrer Wohnung auf Mallorcas Nachbarinsel Ibiza. Die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Ibiza" hat die 59-Jährige in den vergangenen Monaten und auch an ihrem Sterbebett begleitet.

Doerte Lebender war 24 Jahre alt, als bei ihr Multipe Sklerose diagnostiziert wurde. Seit etwa zehn Jahren hat sich ihr Gesundheitszustand zusehends verschlechtert, zuletzt konnte sie nicht mehr alleine aufstehen, hatte Schmerzen, selbst das Reden fiel ihr schwer. "Die Krankheit bringt einen nicht um, aber sie zerstört deinen Körper", so Lebender.

Damit erfüllte Lebender die Voraussetzungen für eine Bewilligung der aktiven Sterbehilfe. Im Gesetzestext, der im Juni in Kraft getreten ist, heißt es, dass bei dem Antragsteller eine "schwerwiegende chronische Krankheit" vorliegen muss, die "unheilbar" ist und "große körperliche oder psychische Schmerzen" mit sich bringt. Am 21. September gab das im Juni auf den Balearen gegründete Expertengremium - bestehend aus fünf Gesundheitsexperten und vier Juristen - dem Antrag der Deutschen statt. Zuvor hatten bereits zwei Fachärzte unabhängig voneinander zugestimmt.

"Ich habe schon so viel gelitten, ich will gehen. Nicht, dass ich nicht leben will - ich mag es zu leben. Aber ich halte diesen Körper nicht mehr aus", sagte Lebender einige Wochen vor ihrem Tod im Gespräch mit "Diario de Ibiza". Sie wollte, dass ihre Geschichte an die Öffentlichkeit gelangt - auch, um klarzustellen, dass es sich bei ihrem Tod nicht um Selbstmord handelt, sondern um ein menschliches Grundrecht: würdevoll und schmerzfrei zu sterben. "Ich will aufklären. Und denen helfen, die Zweifel darüber haben, ob es gut ist oder nicht, sich für das Sterben zu entscheiden."

Doerte Lebender durfte sich ihren Todestag selbst aussuchen. Sie bekam die tödliche Spritze in jenem Sessel in ihrer Wohnung sitzend, den sie seit vier Jahren ohnehin kaum noch verlassen konnte, im Hintergrund lief Herbert Grönemeyers "Feuerlicht". "Für mich ist es eine große Reise. Ich sterbe nicht, ich gehe weg", so Lebender. Ihre Seele könne nun endlich all die Orte besuchen, die ihr Körper nicht mehr erreichen konnte. /somo