In letzter Zeit fühle ich mich noch wohler auf Mallorca. Woran das liegt? Mallorca erscheint mir zunehmend südamerikanisch. Dazu muss ich sagen, dass ich diesen Kontinent und seine Menschen sehr schätze. Ich habe in Brasilien studiert, einen halb brasilianischen Sohn und hatte noch in meiner Heimatstadt Berlin beruflich viel mit Südamerika zu tun.

Mittlerweile lebe ich seit 20 Jahren auf Mallorca. Neuerdings habe ich das Gefühl, dass es mehr Südamerikaner auf Mallorca gibt als früher. Laut den Anfang 2022 erhobenen Daten des Nationalen Statistikinstitut INE (Instituto Nacional de Estadística) leben auf den Balearen rund 55.550 Süd- und Lateinamerikaner.

Die größte Gruppe mit knapp 14.000 sind die Kolumbianer, gefolgt von 8.500 Menschen aus Argentinien und über 5.000 aus Ecuador. Die tatsächlichen Zahlen liegen vermutlich noch viel höher.

Jobben auf Mallorca

Sicherlich sind viele Südamerikaner aufgrund der Pandemie zunächst in ihre Heimatländer zurückgekehrt, doch sie kommen wieder. Die Gründe dafür sind überwiegend wirtschaftlich, weil es im Gegensatz zu den eigenen Ländern auf den Inseln Arbeit gibt – in den Hotels, in der Gastronomie und in anderen Bereichen.

Jobs, die meistens weder gut bezahlt noch sonderlich attraktiv sind und die man sich mit Afrikanern und (weniger) mit Asiaten teilt. Ja, es herrscht Wohnungsnot auf Mallorca, doch viele haben irgendwo auf der Insel einen Verwandten, wo sie unterkommen können. Besonders in Palma gibt es immer mehr Restaurants und Geschäfte, die lateinamerikanische Spezialitäten und Produkte anbieten. Ich finde das wunderbar.

Latino-Party am Strand

Besonders ist es mir in der Nit de Sant Joan, der Johannisnacht, aufgefallen: Tausende haben friedlich am Stadtstrand von Palma gefeiert. Nicht, um sich wie andernorts sinnlos zu betrinken, sondern um diese so besondere Sommernacht gemeinsam zu verbringen.

Ich fühlte mich fast wie in Südamerika. Darüber unterhielt ich mich mit einem Mallorquiner. Er sagte einen bemerkenswerten Satz, den ich hier teilen möchte: „Nicht nur Mallorca, sondern ganz Europa braucht dringend die südamerikanische Herzlichkeit und Lebensfreude.“