Mallorca Zeitung

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Europas größte 3D-Drucker-Farm steht in einem Gewerbegebiet auf Mallorca

Mit 1.300 3D-Druckern setzt das neue Start-up auf grüne Energie und zielt darauf ab, die Importabhängigkeit vom Festland zu reduzieren.

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Ehemalige Eisfabrik in Son Castelló ist nun eine 3D-Druckerfarm Redaktion DM

Früher wurde hier Eiscreme produziert, jetzt kann praktisch alles hergestellt werden. Die nach Aussagen der Betreiber größte 3D-Drucker-Farm Europas befindet sich auf Mallorca, in einem unauffälligen Gebäude in Palmas Gewerbegebiet Son Castelló. Die altmodische Fassade und die dunklen Hartholzmöbel in der Lobby lassen nicht erahnen, dass weiter oben mehr als 1.300 3D-Drucker bereitstehen, um Vasen genauso wie Autoteile, Modelle oder Prothesen zu fertigen.

Die ehemalige Eisfabrik La Menorquina in Palma ist heute der Sitz von Phoenix 3D, einem vor über einem Jahr gegründeten Start-up, bei dem nun die ersten Aufträge eingehen. Nach einer Drei-Millionen-Euro-Investition – der Einsatz der Gründer Javier Palomino Sánchez und Jaime Tomás Escarrer – sind die 1.373 FDM-3D-Drucker einsatzbereit. Mögliche Kunden sind etwa Unternehmen, die Artikel nach Maß und wenn nötig in großem Umfang fertigen lassen möchten. Ende des Monats geht zudem ein Online-Shop an den Start, sodass dann jeder die entworfenen und produzierten Artikel kaufen kann. Bereits eingegangen sind Anfragen von Bauunternehmen etwa für eine Fassadenverkleidung oder von Investoren, die einen Prototyp benötigen.

Druckerfarm im Gewerbegebiet Son Castelló Guillem Bosch

Biokompostierbares Material

Die Aufträge kämen auch vom Festland – eine Umkehr des sonst üblichen Wegs der Waren und Dienstleistungen und ein Beitrag für mehr Nachhaltigkeit. Phoenix 3D könne dazu beitragen, die Abhängigkeit der Insel von Industrieprodukten zu verringern sowie zu vermeiden, dass fast alles importiert werden muss, sagt Juan Cruz Carrasco.

Der Geschäftsführer, der Sozialarbeit studiert hat und kurz vor dem Abschluss seines Jurastudiums steht, war zuvor beim Inselrat für Abfallwirtschaft zuständig. Das ergibt Sinn mit Blick auf die verwendeten Rohstoffe in der Druckerfarm, zumeist Polylactide (PLA) aus biokompostierbaren Materialien. In den Regalen liegen Rollen mit den sogenannten Filamenten aller erdenklichen Farben und Materialien bereit: Sie entstanden aus Kartoffel- oder Maisstärke, auch aus Holzabfällen, Olivenkernen oder sogar Austernschalen.

Die Fabrik wird dank Solarpaneelen auf dem Dach zu hundert Prozent mit grüner Energie betrieben, was nicht nur nachhaltig, sondern auch günstig sei. Die Stromrechnung für so viele Drucker könne schließlich „ganz erheblich“ sein, betont Carrasco.

3D-Drucker in Son Castelló. Guillem Bosch

Die Möglichkeiten der Herstellung scheinen unbegrenzt. Obwohl die größten Drucker 5 mal 5 mal 5 Meter messen, können noch größere Dinge hergestellt werden, so sie als zusammensetzbare Module entworfen und produziert wurden. Die Personalisierung ist denn auch eine der Stärken des 3D-Drucks. Zum Tragen kommt sie etwa beim Merchandising oder bei Geschenkartikel mit personalisierten Botschaften oder Formen, sei es für Organisationen, Geschäftsveranstaltungen oder auch private Feiern wie Hochzeiten. Zudem werde man im Vergleich etwa zu chinesischen Großhandelsbasaren, wie es sie auch rund um die Drucker-Farm im Gewerbegebiet gibt, immer günstiger und schneller.

Drucken und veredeln

Zumal hier nicht nur gedruckt, sondern auch veredelt wird. Zurzeit arbeite man im Auftrag einer Firma an der Fertigstellung von Verschlüssen von Parfumfläschchen, die die Form von Miniaturbüsten haben. Dank der Veredelungstechniken könne man jedes Objekt quasi handgefertigt wirken lassen, erklärt Lidia Troyano, Leiterin der Abteilung für die Nachbearbeitung. Und nicht nur das: Auch beim Material seien verschiedene Optiken möglich. Dazu werde beispielsweise eine Schicht Ton auf das gedruckte Objekt aufgetragen.

Zurzeit besteht das Team von Phoenix 3D aus acht Mitarbeitern, aber angesichts der erwarteten Aufträge ist auf Carrascos LinkedIn-Profil bereits „Hiring“ zu lesen. Gebraucht werden Fachleute verschiedener Bereiche: Informatiker, Designer sowie allgemein Menschen, die sich für die Welt des 3D-Drucks interessieren. Troyano, die Spezialistin für die Nachbearbeitung, hatte zum Beispiel Kunst als Abiturfach, absolvierte dann eine Berufsausbildung in Videospielanimation und bastelte zu Hause an einem 3D-Drucker, bevor sie den Anruf von Phoenix 3D erhielt.

Jetzt ist ihr Hobby ihr Beruf – und das in der größten 3D-Drucker-Farm Europas, wie Troyano zufrieden erklärt. Ihr Schreibtisch steht neben einem der alten Industriekühlschränke der ehemaligen Eisfabrik von La Menorquina. Der Betrieb ist heute wieder eine Fabrik, in der so gut wie alles produziert werden kann (außer Eis).

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