Technologie made in Mallorca: Juniper steuert von Palma aus weltweite Urlaubsbuchungen

Das Tech-Unternehmen Juniper wickelt einen beträchtlichen Anteil der internationalen Reiseanfragen ab. Jetzt auch für die Tui

Urlauber am Strand Anse Patates auf der Insel La Digue (Seychellen).

Urlauber am Strand Anse Patates auf der Insel La Digue (Seychellen). / Sabrina Hentschel/dpa

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Wenn ein Mallorca-Urlauber im Internet bei der Buchungsplattform Booking einen Ausflug zu den Drach-Höhlen bucht, dann rasen die Daten dieser Reservierung mit großer Wahrscheinlichkeit durch Server im Gewerbegebiet von Son Castelló in Palma. Ebenso, wenn sich beispielsweise ein Tourist in Mexiko für eine Tour mit einem Schiff um die Insel Holbox interessiert. Auch dann ist das oft ein Fall für die Rechner des Tech-Unternehmens Juniper, das im Carrer Gremi Fusters seinen Stammsitz hat. Dort laufen riesige Datenmengen zusammen, damit das Geschäft mit dem Tourismus in vielen Ländern der Erde läuft, nicht nur auf Mallorca.

MZ-Rundgang durch die Firmenzentrale

Camilo Pereira ist für die Außendarstellung des schnell wachsenden Unternehmens zuständig. Der Kolumbianer, der in Großbritannien aufgewachsen ist, führt die MZ durch die weitläufigen Räumlichkeiten der Firma, in denen rund 100 Programmierer damit beschäftigt sind, dass alles möglichst so gebucht werden kann, wie es gebucht werden soll. Auch die schieren Datenmengen sind beeindruckend. Rund eine Milliarde Anfragen bekommen die Server von Juniper, sagt Camilo Pereira – am Tag.

Wobei Privatkunden mit der Firma nicht unmittelbar in Berührung kommen. Juniper bietet IT-Lösungen für Reiseveranstalter, Airlines, Reisebüros, Agenturen und andere Anbieter von touristischen Produkten. Nach eigener Aussage verfügt die Firma in diesem Bereich über das weltweit umfangreichste Netz an Verbindungen zwischen Geschäftskunden. Mehr als 440 externe Touristik-Anbieter weltweit verknüpfen die Programmierer in Son Castelló inzwischen miteinander.

Fehlerfreie Datenübertragung ist enorm wichtig

Der allergrößte Anteil der täglich einlaufenden Anfragen läuft automatisiert ab, es sind meist verschiedene Kombinationsmöglichkeiten für Reisebuchungen, die durchgespielt werden müssen. Die IT-Spezialisten kümmern sich dabei nur um die Änderungen auf den Websites, die die Kunden bei ihnen bestellen. Die Online-Auftritte stammen in diesen Fällen alle von den Juniper-Programmierern selbst. Deshalb müssen sie auch bei technischen Fehler schnell reagieren. „Wenn Kunden etwa auf der Website der mexikanischen Airline Nexus, einem unserer wichtigsten Kunden, eine Fehlermeldung erhalten, können Sie davon ausgehen, dass hier bei uns ein gewisser Stress ausbricht“, erklärt Camilo Pereira. Dann wird unter Hochdruck daran gearbeitet, dass die Seite möglichst schnell wieder online ist.

Juniper-Mitarbeiter bei einer Firmenfeier in der Showbühne Son Amar.

Juniper-Mitarbeiter bei einer Firmenfeier in der Showbühne Son Amar. / Juniper

Nun auch für deutschsprachige Anbieter verfügbar

Vor Kurzem ist Juniper auch für deutschsprachige Reisebüros, Agenturen, aber auch für Privatleute noch stärker in den Fokus gerückt, denn der deutsche Reiseriese Tui schloss im August ein Abkommen mit dem Unternehmen auf Mallorca. Nun können die weltweit verteilten Kunden von Juniper auf das gesamte Portfolio des Hannoveraner Reiseveranstalters zugreifen. Insgesamt sind das rund 88.000 Ausflüge und Aktivitäten in über 100 Ländern – ein ziemlicher Quantensprung für Juniper. Das Unternehmen muss zurzeit ständig neue Mitarbeiter einstellen, just am Tag des MZ-Besuchs nahmen drei neue Kollegen ihre Arbeit auf.

300 Mitarbeiter und vier Büros weltweit

Damit arbeiten derzeit 213 Personen am Hauptsitz und etwa 300 Menschen insgesamt bei Juniper – weitere Firmensitze befinden sich in Miami, Cali (Kolumbien), São Paulo (Brasilien) und Dubai (EAU). Dabei hat das Unternehmen vor genau 20 Jahren einmal sehr klein angefangen. Damals, 2003, gründete der Mallorquiner Jaime Sastre Juniper. Die Idee war bereits dieselbe wie heute, nur in anderen Dimensionen: eine Plattform schaffen, auf der sich Angebot und Nachfrage in der Tourismusbranche treffen und sich die Unternehmen vernetzen. 2014 wurde Juniper das erste Mal aufgekauft, von der kanadischen Firma Constellation Software. In den folgenden Jahren kamen eine brasilianische Booking Engine hinzu, bevor 2020 die Juniper Group gegründet wurde. Die Firma war so groß geworden, dass sie nun mehrere Unterabteilungen für die unterschiedlichen Geschäftsbereiche bekam.

Die Juniper-Gruppe auf einem Schaubild.

Die Juniper-Gruppe auf einem Schaubild. / Juniper

Reiselust ist ungebremst, besonders bei Chinesen

Die große Menge an Anfragen auf den Servern und die weltweite Vernetzung mit der Reisebranche macht das Unternehmen auch zu einer Art Sensor, was Urlaubstrends angeht. Trotz weiter steigender Preise sei kein Rückgang bei der Reiselust festzustellen, sagt Camilo Pereira. „Wir sehen, dass der Tourismus immer weiter wächst. So wie es auch in den vergangenen beiden Jahren nach dem Ende der akuten Phase der Coronapandemie war.“ Vor allem der asiatische Markt sei stark im Kommen, und da ganz besonders die Chinesen, die zunehmend auch weite Reisen buchten.

Neue Hotspots und neue Urlaubsformen

Und es gebe neue angesagte Zielgebiete. „Wir beobachten schon seit einiger Zeit, dass Dubai boomt“, sagt Camilo Pereira. Aber auch Länder in Lateinamerika würden immer stärker nachgefragt. Und weil individuelle Erlebnisse inzwischen gefragter seien als ein Pauschalurlaub, komme neben den individuell buchbaren Aktivitäten vor allem der privaten Ferienvermietung eine immer größere Bedeutung zu. „In den USA gibt es gerade einen richtigen Run auf Ferienwohnungen oder -häuser“, sagt Camilo Pereira.

Dass das steigende Angebot von Ferienwohnungen den Wohnungsmarkt der Einheimischen, beispielsweise auch auf Mallorca, weiter verkompliziert, wird angesichts des Geschäfts billigend in Kauf genommen. Überhaupt befindet sich Juniper inzwischen in einer Wachstumsschraube, in der ein Schrumpfen keine Option ist. Das Geschäftsmodell ist darauf ausgelegt, dass die Menschen immer mehr Urlaub buchen und möglichst mehr Geld ausgeben.

Geschäft mit Zusatzleistungen inklusive

So ist Juniper etwa auch für die Zusatzleistungen zuständig, die man angezeigt bekommt, wenn man einen Flug oder eine Kreuzfahrt bucht. Hier noch einen Mietwagen, da ein Transfer oder vielleicht eine Reiserücktrittsversicherung? „Es ist schon wahr, dass manche Menschen das ein bisschen nervt bei der Buchung, aber die Erfahrung zeigt, dass diese Angebote gerne angenommen werden“, berichtet Camilo Pereira.

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