Am Ende, als die Gäste schon Richtung Fingerfood und Wein verschwunden waren, drehten sie noch mal eine ganz langsame, ja liebevolle Runde um ihr auf über sechs Meter aufgetürmtes Hirn­gespinst: Tony Cragg (62), der weltweit renommierte britische Bildhauer mit Lebensmittelpunkt Wuppertal, und Michael Popp (52), der weltweit agierende Pharmazeut, Unternehmer und Hobby-Winzer (Bionorica, Castell Miquel) mit Teilzeit-Lebensmittelpunkt Mallorca.

Erstmals vorgestellt hatten sie sich diese schwankende und tanzende, mit über 40 Tonnen federleichte Säule in einer weinseligen Nacht vor über zwei Jahren. Jetzt stand sie da, aufgeschichtet aus ­tonnenschweren Scheiben ­Marmors, der auf der anderen Seite des Berges abgebaut worden war. Und war einfach „astrein", um mit Tony Cragg zu sprechen, der sein millimetergenau um einen von Computern errechneten Schwerpunkt kreisendes Werk an diesem Dienstag zum ersten Mal fertigstellt sah und sich gar nicht satt sehen konnte daran. „Schau nur, es hat dieselbe Farbe wie die Berge!"

Mit dem auf dem Weinberg der Bodega Castell Miquel zwischen Alaró und Lloseta errichteten Werk hat die Insel eine künstlerische Attraktion mehr, und es ist bemerkenswert, dass dies nicht nur von den teils eigens eingeflogenen deutschen Freunden und Prominenten so wahrgenommen wurde, sondern auch von der zahlreich vertretenen politischen und intellektuellen Elite der Insel. Inselratspräsidentin Maria Salom mag in ihrem Grußwort nicht allzu spitzfindig gewesen sein, als sie daran erinnerte, dass das Welterbe Serra de Tramuntana von Menschenhand geformt ist, aber sie traf ins Schwarze: Craggs Skulptur fügt sich nicht nur – entgegen erster Befürchtungen – harmonisch ein in diese Landschaft, tatsächlich einer der schönsten der Insel, sondern baut sie auch aus.

Michael Popp will – für sich und Tony Cragg, aber auch für die Bodega-Besucher – hier demnächst noch zwei Bänke aufstellen, und dann wird man sich von diesem Blick und dieser Präsenz wohl noch schwerer trennen können. Kunst sei Lebensqualität, sagt Popp. Man kann ihm da nur beipflichten. Auch im ganz unmittelbaren Sinne, wie es der Entsandte des Bischofs kurz vor der Segnung tat. Von „schwierigen Zeiten" sprach er, die dennoch „voller Hoffnung" seien – auch dank der Kunst und der „vielen Arbeitsplätze, die sie geschaffen hat" .

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