Was macht eigentlich Rudolf Scharping? Er macht sich Gedanken über die Globalisierung. Bei einer Gesprächsrunde in der Kulturfinca am vergangenen Freitag (5.9) zeigte sich der ehemalige SPD-Vorsitzende und Verteidigungsminister so informiert, analytisch und redegewandt als sei er noch Kanzlerkandidat. Zusammen mit seiner Frau Kristina Gräfin Pilati erholt sich der 66-­jährige Ex-Politiker - Scharping schied 2005 aus dem Bundestag aus - häufig in Colònia de Sant Jordi. Dort haben die beiden eine „kleine Bleibe". Die Fragen stellten MZ-Chefredakteur Ciro Krauthausen (CK) und der­ langjährige Politikchef der „Zeit" Werner A. Perger (WAP).

CK: Sie gründeten 2003 die ­Beratungsfirma RSBK. Womit beschäftigen Sie sich?

Wir konzentrieren uns auf zwei Themen: den öffentlichen Sektor und die Frage, ob er mit dem Geld des Steuerzahlers vernünftig umgeht, sowie die Beziehung zwischen Deutschland und China. Letzteres führt dazu, dass ich etwa 100 Tage im Jahr in China bin.

CK: Beginnen wir mit Deutschland. Wen beraten Sie?

Sowohl Unternehmen als auch Institutionen. Mir ist nur wichtig, ob es eine spannende Herausforderung ist. Etwa das Thema Energiewende in Deutschland: Das ist eine große Idee, aber leider ohne Masterplan. Wir haben jetzt für die Förderung der Sonnenenergie schon deutlich mehr ausgegeben als während der Geschichte der Bundesrepublik zur Aufrechterhaltung der Steinkohle: 23 ­Milliarden Euro im Jahr mit weiteren Verpflichtungen von weit über 150 Milliarden. Unsere Firma, mit derzeit 17 Leuten, macht diesbezüglich schon mal einen Vorschlag. Etwa, dass es gut wäre, wenn Herr Gabriel als der zuständige deutsche Minister, Herr Oettinger, als der zuständige EU-Kommissar, sowie einige andere sich mit einer größeren Zahl von Unternehmen zusammensetzten. Das hat in Berlin stattgefunden, da waren rund 70 Leute, und es hat Gott sei Dank in keiner Zeitung gestanden. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen politische und wirtschaftliche Entscheider miteinander reden können, ohne befürchten zu müssen, dass das am nächsten Tag alles in einer Zeitung steht, weil dies das ruhige Überlegen, das gründliche Nachdenken und das Aufeinandereingehen eher nicht befördert.

CK: Sie agieren als Vermittler?

Ja, als eine Art Brückenbauer. Ich bringe Leute zusammen, die ein gemeinsames Interesse haben sollten, und vielleicht auch die Fähigkeit, aus dem gemeinsamen Interesse ein gemeinsames Handeln zu entwickeln. Wenn Sie 30 Jahre in der Politik aktiv sind, legen Sie das ja nicht zur Seite und sagen, das war´s jetzt. Die Fragen, die ein Gemeinwesen und seine Zukunft betreffen, interessieren mich weiter.

WAP: Wie muss man sich das vorstellen? Sie gelten jetzt nicht als Energie-Experte.

Nun, was den Sachverstand angeht, bin ich immerhin Mitglied im Global Energy Board von Accenture, einer weltweiten Firma mit 140.000 Mitarbeitern € In Deutschland haben wir die höchsten Energiepreise im internationalen Vergleich, wir haben die höchsten Lohnkosten im internationalen Vergleich und wir haben die höchsten Sozialaufwendungen im internationalen Vergleich. Zugleich sind wir aber ein Land, von dem man sagen kann, dass ein Drittel der Arbeitsplätze irgendwie mit interna­tionalem Austausch zusammenhängt. Vor diesem Hintergrund kann man sich schon die Frage stellen, ob das auf Dauer gut gehen kann. Wir sind keine Insel - auch nicht auf Mallorca. Wir müssen also auch bei Innova­tion, Qualität oder Bildung weltweit Spitze sein.

CK: Es regiert die Große Koali­tion. Was macht die Auftragslage?

Mit einem Parteibuch erwerben Sie weder Verstand noch Charakter, das müssen Sie mitbringen, und deswegen habe ich in der CDU und in der FDP, die leider keine Rolle mehr spielt, gute Bekannte.

WAP: Wieso „leider"?

Organisierter Liberalismus in Deutschland wäre ja nicht schlecht, aber leider ist die FDP einem Missverständnis aufgesessen, Gewerbefreiheit mit Gedankenfreiheit und sonstigen Freiheiten in eins zu setzen.

WAP: Sie sind also mehr in China als auf Mallorca. Wer sind Ihre dortigen Partner?

Dazu muss man sagen, dass ich Anfang der 80er Jahre, bei einem Delegationsaustausch eine bis heute bestehende Freundschaft mit Hu Qili geschlossen habe, damals der dritte Mann Chinas. Ich berate zum Beispiel den Gouverneur der Provinz Guangdong. Sie liegt in Südchina und hat 120 Millionen Einwohner. Es gibt zwei Stadt­entwicklungsprojekte, in denen ich engagiert bin. Das sind, wenn Sie so wollen, die chinesischen Partner. Die deutschen Partner sind DAX-Konzerne, M-Dax-Konzerne, Familienunternehmen. Die Kenntnis Chinas ist nicht sehr ausgeprägt, und die Risiken und die Herausforderungen, die sich für unternehmerisches Tun in China stellen, sind komplett andere als bei uns. Da ein bisschen zu helfen und zu unterstützen, das macht Spaß.

WAP: Viele China-Besucher bewundern die Effizienz des Systems und sind beeindruckt, dass Großprojekte im chinesischen System viel leichter und schneller durchzusetzen seien als in unserer Demokratie. Sehen sie das auch so?

Ich stimme zu, wenn man sagt, dass das Land eine unglaublich ­schnelle Entwicklung durchgemacht hat.

Allerdings gibt es auch ständig Auseinandersetzungen in der politischen Führung und mit gesellschaftlichen Gruppen, auch Bürgerproteste, die Großprojekte verhindern. Stabilität im schnellen Wandel, die Suche nach Konsens - solche chinesischen Prinzipien werden bei uns oft unterschätzt.

CK: Wird die Entwicklung in einen Rechtsstaat münden?

China ist nach meiner Beobachtung auf der Suche. Vergessen Sie nicht, wie lange wir dafür gebraucht haben: Nehmen wir nur die kürzeste denkbare Zeitspanne zwischen Sozia­listengesetz 1871 und der Demokratie, wie wir sie heute kennen, 1949. Demokratie ist kein Geschenk des Himmels, und der Demokratieexport funktioniert nicht nach dem Motto: Ihr seid jetzt eine Demokratie, wir fragen nicht nach den kulturellen und nach den historischen Voraussetzungen, wir fragen nur nach der Methode, nach der ihre Führung gewählt wird. Ich habe das oft genug erlebt und denke etwa an Gespräche mit meinem amerikanischen Kollegen Donald Rumsfeld. Der meinte: Wozu nation building? Wir schicken da die Soldaten rein, wir machen Al-Kaida kaputt, und dann gehen wir wieder raus.

WAP: Die Krisen auf der Welt eskalieren. Sind wir hier in Europa zu sorglos, besonders in einer Re­gion wie Mallorca, die dazu einlädt, die Krisen zu verdrängen?

Meine persönlich größte Sorge ist, dass wir etwas aus den Augen verlieren: Am Ende des Zweiten Weltkriegs stellten die Europäer mehr als 15 Prozent der Weltbevölkerung dar. Bald sind es nur noch

6 Prozent. Bei alledem, was wir hier an Freiheit, Fortschritt und Sicherheit haben, sollten wir uns nicht für den Nabel der Welt halten. Wie aber reagieren viele Europäer darauf, dass sich die Welt dynamisch entwickelt und gleichzeitig an verschiedenen Stellen zu explodieren scheint? Die Schotten reden über einen eigenen Staat, die Katalanen wollen eine entsprechende Abstimmung, und wenn man mit Norditalienern über die Süditaliener redet, ist die einzige spannende Frage nur, ob man nördlich oder südlich von Rom eine Mauer baut € Wir riskieren eine interne Fragmentierung, die Europa nach außen nicht mehr handlungsfähig macht. Zugleich sind die Kriege nicht so weit von uns weg, und ich rede bewusst weiter über Bevölkerung. Gucken Sie sich nur einmal Nordafrika an: Bei uns nimmt die Zahl der Jüngeren kontinuierlich ab, dort sind zum Teil deutlich über 30 Prozent der Bevölkerung jünger als 25 Jahre. Was machen diese jungen Leute? Wo kriegen die einen Job? Wie können die eine Familie ernähren, was macht das mit denen? Wenn die sich in einer verzweifelten Lage sehen, mit korrupten

Führungen, mit radikalisierten Teilen der Gesellschaft, gleiten viele ab, etwa in den Terrorismus.

WAP: Wie beurteilen Sie die Lage in der Ukraine?

Der Vorwand ist der Schutz der russisch­stämmigen Bevölkerung in der östlichen Ukraine, das reale Machtspiel aber ein anderes: die Industrie, die Einflusszonen, Sewastopol als der Schwarzmeer-Hafen der russischen Flotte € Man kann nur hoffen, dass Frau Merkel und Herr Steinmeier - ich halte sie für kluge Politiker - eine Linie beibehalten können: sanktionieren, ohne zu eskalieren. Denn völkerrechtswidriges Verhalten muss sanktioniert werden.

WAP: Wie laufen solche Beratungen wie beim NATO-Gipfel Ihrer Erfahrung nach ab? Welche Rolle spielen die Amerikaner?

In der Politik geht es um Macht, um Interessen, um Werte und um Menschen, und wenn Menschen nicht miteinander können, dann macht das ­Politik manchmal sehr schwierig. Wenn die amerikanische Politik sich heute über die deutsche auslässt, nach dem Motto: Ihr seid zu nah an Russland, und umgekehrt die deutsche Regierung sagt: Ihr drängelt zu viel, kommt man zu überhaupt keiner Lösung. Man muss akzeptieren, dass es unterschiedliche Reaktions­möglichkeiten gibt, die aus unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichem Vertrauen unter Personen erwachsen. Wenn man das nicht koordiniert einsetzt, sondern sich gegenseitig Vorwürfe an den Kopf wirft, kommt Herr Putin zu dem Schluss: Die quatschen nur rum, und auch noch mit unterschiedlichen Intentionen. Er wird dann sein Spiel kühl bis zum Ende spielen: skrupellos, hinterhältig und aggressiv.

CK: Es muss aufgerüstet werden?

Hätten wir unsere Verpflichtungen seit den Jahren der deutschen Einheit sorgfältig erfüllt, müssten wir nicht über Aufrüstung reden, sondern über das, was vorhanden ist. Wir leiden daran, dass Sicherheitsvorsorge, sobald es um die Bundeswehr geht, in Deutschland als nicht sehr populär eingeschätzt wird. Es hat doch so lange keinen Krieg mehr gegeben, wofür brauchen wir die eigentlich noch, warum so viel, warum so teuer, heißt es. Wir kreisen hier wieder um dasselbe Thema: Wie viel, von dem was ich heute habe, kann ich zukunftssicher machen, und was muss ich dafür als Anstrengung auf mich nehmen? Leistungen ohne Anstrengungen gibt es nicht.

WAP: Laufen wir Gefahr in eine Zeit zurückzufallen vor der Entspannungspolitik und der KSZE?

Ich glaube nicht, dass wir noch einmal Gefahr laufen, in eine Blockkonfrontation zurückzufallen, jedenfalls nicht in Europa. Was es aber durchaus geben kann, ist eine gewisse, möglicherweise sogar längere Zeit der harten Auseinandersetzung mit Russland und einen aggressiven Stil der Politik, wenn es um die Rechte kleiner Nachbarn geht. Ein großer Satz in der Entspannungspolitik war, dass die Größe eines Landes nicht über seine Rechte entscheidet.

WAP: Wie bei den zehn Geboten.

Ja, aber sogar die zehn Gebote waren ja ein riesiger zivilisatorischer Fortschritt. Auch das verweist auf etwas, was schon den ganzen Abend hier kreist: Welchen historischen Kontext haben bestimmte Entwicklungen?

WAP: Viele vormals kritische Russen scheinen auf Putin umzuschwenken.

Da gibt es zwei Aspekte. Der eine, dass in Russland bestimmte Politiker auf einem sehr gefährlichen

russischnationalistischen Weg sind - Dmitri Rogosin ist so ein Name -, und Putin ein Auge auf sie haben muss. Der andere ist die emotionale Nähe zu Putin: Wenn Sie ­einer Gruppe von einflussreichen und super­reichen Leuten den Zugang zu ihren Konten im Westen versperren und keine Visa mehr erteilen, gibt es nach außen Schulterschluss und nach innen Kritik. Das sollte man aber nicht mit deren Interessen verwechseln. Die Russen, die sich das leisten können, fahren lieber an die Cote d´Azur oder nach Mallorca als nach Hainan in China. Was aber nichts an einer anderen Sache ändert, nämlich welches geopolitische Spiel im Gange ist: Russland versucht, an seiner Peripherie Stabilität dadurch zu sichern, dass es sich Gebiete einverleibt. Das haben wir in Ossetien gesehen, das haben wir in Abchasien und Geor­gien gesehen, das sehen wir jetzt in der Ukraine, das sehen wir im südlichen Kaukasus.

WAP: War´s das?

So weit ich das beobachten kann, ja, aber das ist mehr als genug.

CK: Wie mit der Barbarei vom Islamischen Staat verfahren?

Da hat die Bundesrepublik ja fast routinemäßig im Auftreten eine fundamentale Neuorientierung deutscher Außenpolitik vorgenommen und sich für Waffenlieferungen ausgesprochen. Es gibt auch einen sehr ernsten Grund dafür: Wenn Sie sehen, wie bestialisch diese Milizen vorgehen, können Sie nicht mehr hingehen und sagen: Liebe Leute, seht mal zu, wie Ihr überlebt. Das können Sie weder den Kurden noch den Jesiden noch irgendjemand sonst sagen. Wir sprachen über Werte und Interessen, und hier sind beide im Spiel. Dieser Schritt entspricht unseren Werten - von Humanität, dem Wert des einzelnen menschlichen Lebens - und entspricht auch unserem Interesse. Denn so etwas wie ein Kalifat mit Gebieten aus dem heutigen Syrien und dem Irak und möglicherweise in Zukunft noch ein bisschen aus dem Iran oder der Türkei, das ist eine ernste Bedrohung, nicht nur der deutschen, sondern der europäischen und der weltweiten Sicherheitsinteressen.

WAP: Unserer Zivilisation.

Richtig. Im Übrigen ist es auch noch eine Verantwortung. Jetzt bin ich wieder beim historischen Kontext: Denn wer hat diese Grenzen gezogen? Die Briten und die Franzosen. Das waren Folgen des Ersten Weltkriegs. Wenn wir uns als Europa verstehen, dann ist das eine wenn auch nachgelagerte Verantwortung, die sich aus der Kolonialgeschichte herleiten lässt.

WAP: Unserem Gespräch entnehme ich, dass Sie zwar angeblich ein Leben nach der Politik führen, aber jederzeit wieder - sportlich gesprochen - auflaufen könnten.

Der Unterschied ist: Wenn Sie in der Politik Erfolg haben, dann hat der Erfolg wie immer im Leben viele Väter. Wenn Sie Misserfolg haben, dann bleibt es an Ihnen hängen - das Dumme ist nur, es bleibt lebenslang an Ihnen hängen. Im Unternehmerischen ist der Weg zwischen Engagement und Ergebnis - auch zwischen Ursache und Wirkung - ziemlich überschaubar, in der Politik leider nicht. Das ist in Ordnung so, aber ich finde das Leben, das ich jetzt habe, mit der Erfahrung, die ich jetzt habe, einfach schöner. Was ja nicht bedeutet, dass ich an Politik nicht weiter interessiert bin. Also bin ich mit vielen, die jetzt in der Bundesregierung sitzen oder anderswo Verantwortung tragen, in einem regelmäßigen Austausch. Nur, aktiv dorthin zurück: never.

WAP: Das macht mich frei für eine Frage zu einem ganz anderen Thema: Wie geht es eigentlich der SPD?

Der SPD geht´s nicht gut € Das kann man sehen, in den Umfragen, in Sachsen usw. Und es wird auch noch eine gewisse Zeit dauern, bis es der SPD wieder besser geht. Sie muss dann nämlich etwas finden, was man den Frieden zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen und sozialen Bedürfnissen nennen könnte. Eine Partei, die auf sich selbst nicht stolz ist, und auf das, was sie geleistet hat, die findet nicht so leicht Zuspruch. Ich habe viele Konflikte und Auseinandersetzungen mit Gerhard Schröder gehabt, eines aber kann man ihm nicht abstreiten: Deutschland stünde wirtschaftlich heute ohne die Agenda 2010 nicht so da, wie es dasteht. Es hat ihn die Macht gekostet und der Sozial­demokratie auch.

WAP: Und sie hat sich davon noch nicht erholt, oder?

Sie ist auf dem richtigen Weg, aber ich glaube, es wird noch eine Weile dauern. Und ich weiß ja auch nicht, ob Frau Merkel 2017 noch einmal antritt. Wahrscheinlich wird sie es. Die Deutschen fühlen sich wohl mit ihr, und das hat auch Gründe, ernstzunehmende gute Gründe.

WAP: Ist die SPD eigentlich noch eine linke Partei?

Links von der Mitte ist die Sozialdemokratie in dem Sinne, dass sie immer die Hüterin der Interessen von Schwachen war. Das eigentlich Spannende ist, ob man es schaffen kann, soziale Marktwirtschaft unter den Bedingungen der Globalisierung und eines weltweiten Finanzcasinos noch zu festigen oder zu behaupten. Diese Frage werden wir in Deutschland alleine nicht beantworten können. Dabei ist schon erstaunlich, was wir so hinkriegen. „Deutsche, Ihr könnt stolz sein auf euer Land!", war der Slogan von Willy Brandt im Bundestagswahlkampf 1972. Wenn die heutige Sozialdemokratie, also die Urenkel, hier und da mal dran denken würde, wäre das gar nicht so schlecht: Es gibt viele gute Gründe, auf Deutschland wirklich stolz zu sein. Ich war drei Jahre lang, zwischen 2004 und 2007, Professor für internationale Politik an einer amerikanischen Universität und habe meinen Studenten immer eine Frage gestellt: Stellt euch vor, Ihr werdet noch mal neu geboren. Ihr wisst nicht wo, Ihr wisst nichts über die Hautfarbe eurer Eltern, euren sozialen Status, Ihr wisst gar nichts - nur was Ihr heute von der Welt wisst. Wo wollt Ihr dann geboren sein? In Kairo, Brasilia, Peking, Djakarta, Bagdad, Washington? Unter diesen Voraussetzungen in Westeuropa, haben sie zu mindestens 70 Prozent geantwortet. Am liebsten in Deutschland.

CK: Ein schönes Schlusswort, aber ich habe noch eine Frage, schließlich sitzen Sie hier mit zwei Journalisten zusammen. Was sagen Sie zur „Causa Wulff"?

Ein gnadenloses Gejage mit einem Menschen, der sich leider ungeschickt verhalten hat. Und das betrifft nicht nur die Journalisten, sondern auch die Justiz. Dass wegen des Verdachts der Vorteilsnahme ermittelt werden musste, ist keine Frage - aber hätte da nicht jemand am Ende des Tages den Mut oder die Souveränität aufbringen können, zu sagen: Leute, da ist nichts dran? Ich verstehe es nicht. Allerdings: Auf die Idee, den Chefredakteur der „Bild" anzurufen und dem auf die Mailbox meine Seelenpein draufzuquatschen, auf die bin ich auch nicht gekommen. Auch mich hat Kai Diekmann einmal angerufen. Er sagte, ich nenne Ihnen nur zwei Stichworte: Anwältin und Gräfin. Ich sagte: Wollen Sie Streit oder machen wir eine gemeinsame Meldung? Da haben wir uns für die gemeinsame Meldung entschieden, und so ist die Tatsache, dass Kristina Gräfin Pilati und Rudolf Scharping ein Paar waren, auf Seite 1 der „Bild-Zeitung" veröffentlicht worden. Sorgfältig abgestimmt, auch die Überschrift. Da war ich etwas klüger als bei der Geschichte mit dem Pool auf Mallorca.