Endlich ist es so weit. Ein knappes halbes Jahr später als bei dem englischen Sender BBC kann das deutsche Publikum ab Freitag (17.4.) die erste synchronisierte Staffel der zehnteiligen Krimi-Serie „Mallorca Files" ab 22 Uhr auf ZDFneo sehen. Ab 10 Uhr stehen alle Folgen auch in der ZDF Mediathek zur Verfügung. Es lohnt sich, einmal reinzuschauen. Die MZ hat sich vorab die ersten Folgen angesehen und mit dem Erfinder der Serie und ausführenden Produzenten Ben Donald gesprochen.

Es ermitteln der etwas chaotische deutsche Kommissar Max Winter (gespielt von dem Österreicher Julian Lohmann), seine verkopfte britische Kollegin Miranda Blake (Elen Rhys) und deren spanische Polizeichefin Inés Villegas, die wunderbar bissig von María Fernández Ache dargestellt wird. Es tut in diesen Tagen der Ausgangssperre einfach gut, das sich ständig zoffende Ermittlerduo bei ihren Abenteuern über die Insel zu begleiten: Wie zum Beispiel in der Episode 4 „Das Ying für das Yang", in der eine wilde Verfolgungsjagd durch das gut besuchte Sóller zu sehen ist. Wow, so viele Menschen waren noch vor wenigen Wochen auf den Plätzen und Straßen unterwegs? Unfassbar.

„Der Sendestart ist wegen des Coronavirus natürlich gut", sagt Ben Donald. Die Menschen in Deutschland würden sich nach Mallorca sehnen, das auf einmal in so weite Ferne gerückt ist. „Gerade jetzt möchten die Leute mit dem Fernsehprogramm ein wenig der Realität entfliehen und sich gut fühlen." Das gelingt durchaus. Und als Mallorca-Bewohner gibt es noch den charmanten Vorteil, dass man sich gut auf der Insel auskennt und daher rätseln kann, wie sie diesen Plot wohl hingekriegt haben. So beginnt Folge 3 „Die Ikone des Oligarchen" mit einem Empfang im Almudaina-Palast in Palma. Als ein wertvolles Heiligenbild gestohlen wird, flieht der Dieb durch eine Tür und landet plötzlich in einer Kirche. Weiter geht es durch dunkle Gänge mit Gruften, die stark an die im Zentralfriedhof in Palma erinnern. Die Polizisten rennen durch einige Tunnel - und landen in einer Höhle direkt am Meer. MZ-Preisfrage: Wo befindet sich dieser Zugang zum Wasser?

Schaut man genau hin, werden einem auch immer wieder die kleinen Spitzen auffallen, mit denen die Macher der Show die typischen Klischees von Deutschen und Briten aufs Korn nehmen. In Folge 5 „Saurer Wein" fliegt etwa der deutsche Besitzer einer Bodega mit einer Drohne über sein Anwesen und hört dabei wie in „Apocalypsis Now" über Kopfhörer den Walkürenritt von Richard Wagner. Und die Britin Miranda Blake zieht jedem Wein einen Gin Tonic vor. Das Spiel mit den kulturellen Unterschieden, über die beide Nationen lachen können, war der Grundgedanke hinter der Serie.

Völkerverständigung im Krimi

„Ich habe vor einigen Jahren den Reiseführer ,Springtime for Germany' geschrieben, in dem ich Deutschland als das unentdeckte Ferienland des 21. Jahrhunderts dargestellt habe", sagt Ben Donald. Denn wenn man einmal ehrlich sei, dann würden die Briten vielleicht Berlin als Reiseort wahrnehmen, aber das auch nur, um dort feiern zu gehen. „Wir haben zwei große Traditionen in Großbritannien", sagt er. Die eine sei, Reiseführer über ferne Länder zu lesen. Das stamme vielleicht noch aus der Kolonialzeit der Briten. Die andere Tradition sei, dass man sich über die Deutschen lustig mache, mit Vorliebe in Sketchen im Fernsehen. „Im Gespräch mit Filmproduzenten kam die Idee auf, die Beziehung zwischen den Deutschen und den Engländern im Fernsehen auf ein neues Level zu heben."

Mallorca kam dabei als ein verbindendes Element hinzu. Ben Donald war selbst vor der Show noch nie auf der Insel, aber er wusste: „Beide Nationen lieben die Insel, die Deutschen vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. War da nicht einmal die Rede davon, dass Mallorca das 17. Bundesland werden solle?" Als Genre habe man den Krimi gewählt, weil Krimis in beiden Ländern gern gesehen werden.

Als Drehbuchautor und weiteren Produzenten konnte er Dan Sefton gewinnen, der Mallorca schon kannte. „Ich war schon ein paar Mal auf der Insel und wusste, wie schön es hier ist. Die Grundidee ist natürlich auch, dass die Deutschen das Gefühl haben, Mallorca gehöre ihnen, und die Briten denken, es sei eine britische Insel. Mallorca ist in zwei Hälften geteilt. Aber Mallorca hat natürlich ganz viele unterschiedliche kulturelle Aspekte - hier kommen viele Kulturen zusammen", so Sefton in einem Interview mit der BBC.

Der Erfolg spricht für sich, in mehr als 60 Ländern ist die Show bereits verkauft. Er ist ein besonderer Fan von Folge 7 „Mein Freund Henry", weil es dort sehr düster zugehe, meist nachts gedreht wurde und in jedem Schatten eine Überraschung lauern würde.

Noch mehr Action

Die Vollendung der Dreharbeiten zur zweiten Staffel stockt wegen des Coronavirus. „Wir haben sechs der zehn neuen Episoden abgedreht. Wann wir wieder mit den Arbeiten beginnen können, kann niemand sagen, da wir mit einer internationalen Crew arbeiten. Wir denken, dass der früheste Zeitpunkt wahrscheinlich September ist, bis wir weitermachen können, sagt er. In der neuen Staffel, so lässt er durchblicken, wird es noch mehr Actionszenen geben. Man will sich treu bleiben in dem Versuch, jeder Episode einen ganz eigenen, visuellen Charakter zu geben. „Außerdem haben wir ein paar hochkarätige Gaststars. Die Beziehung zwischen Miranda und Max entwickelt sich weiter - nicht unbedingt immer in die Richtung, die man erwartet."

Jede Krise birgt auch ihre Chance. „Es laufen Gespräche mit der BBC, ob wir bei der Fortsetzung der Dreharbeiten im September gleichzeitig mit der dritten Staffel beginnen." Die „Mallorca Files" würden schließlich gerade erst an ihrem Anfang stehen.