Hört man sich an der Playa de Palma unter Geschäftstreibenden und Kennern der Szene um, vergeht einem die Partylaune. Bestenfalls wird dort auf Sparflamme gefeiert, einige haben sich innerlich in diesem Jahr schon komplett vom Ballermann verabschiedet. „Ich gehe erst einmal nicht davon aus, dass ich in diesem Jahr im Megapark auftreten werde", sagt etwa der Unterhaltungskünstler Mickie Krause der MZ.

Der politische Druck stehe einer Öffnung im Weg. „Keiner will und wird die Verantwortung übernehmen, wenn es zu einem CoronaFall kommt, der sich auf die Biergärten an der Playa zurückverfolgen lässt. Ischgl hat ja leider bewiesen, wie schnell sich das Virus verbreiten kann. Das will an der Playa niemand riskieren. Wir können nur auf einen Impfstoff hoffen, damit wir irgendwann wieder an der Playa feiern können", sagt der Sänger.

Auch die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol hatte kürzlich in einem Interview mit der Funke Medien Gruppe die Entwicklung eines Impfstoffes als Voraussetzung genannt, um die Großdiskotheken auf den Balearen wieder öffnen zu können. In einem Interview mit der MZ hatte Gerry Arnsteiner, Verantwortlicher für die Gruppe Cursach an der Playa, und damit auch für den Megapark, dies als eine „Sauerei" bezeichnet. Covid-19 sei für die Unternehmer an der Playa eine „Katastrophe", und ob es den Ballermann in fünf Jahren noch geben wird, wisse er nicht.

Am Donnerstag (18.6.) entschied die Balearen-Regierung nun, die Öffnung von kleineren Clubs mit bis zu 300 Gästen wieder zuzulassen. Getanzt werden darf nicht, die entsprechenden Flächen müssen abgesperrt oder mit Tischen und Stühlen belegt werden. In Cafés oder Bars darf bis 22 Uhr mit Sicherheitsabstand zum Nachbarn am Tresen gestanden werden. In den Clubs, die bis zwei Uhr öffnen dürfen, ist das verboten.

Explizit ausgenommen von dieser Lockerung sind jedoch die Partyhochburgen Playa de Palma, Magaluf und das West End de Sant Antoni auf Ibiza. Als Alternative bleibt den „nächtlichen Vergnügungslokalen" dort lediglich die Bewirtung auf den Außenterrassen. Allerdings dürfen dort nur maximal 100 Gäste Platz nehmen, Sperrstunde ist ebenfalls zwei Uhr nachts.

„Die Lockerung ist das Resultat unserer Verhandlungen mit Vertretern der Landes­regierung", sagt Jesús Sánchez, Präsident der Vereinigung der Diskotheken- und Nachtclubbetreiber, Asociación Balear de Ocio Nocturno y Entretenimiento (ABONE). Als Nächstes will man erreichen, dass ausnahmslos eröffnet werden darf - also auch an der Playa de Palma. „Der Staat konnte im Rahmen des Alarmzustandes in die Privatwirtschaft eingreifen, doch der Alarmzustand ist jetzt vorbei", sagt Jesús Sánchez. Es gebe „keine gesetzliche Rechtfertigung, die Nachtclubs in bestimmten Zonen geschlossen zu halten. Hier bestehen Lizenzen, die nicht ausgeübt werden können." Anwälte der Vereinigung würden derzeit eine Klage vorbereiten.

Doch Jesús Sánchez ist auch Realist. „Wir setzen weiter auf Verhandlungen. Bis unser Anliegen vor einem Richter landet, dauert es zwei bis drei Jahre." Die Zeit habe man nicht. Alle 15 Tage setze man sich deswegen mit Vertretern der Balearen-Regierung an einen Tisch, um über weitere Lockerungen zu verhandeln. Dabei immer im Blick: die Entwicklung der Pandemie. „Die Playa de Palma muss eine Touristenzone bleiben, wo Urlauber den wunderbaren Strand, die Cafés aber auch das Nachtleben genießen können. Mit allem Respekt vor Covid-19 und unter Einhaltung der geltenden Benimmregeln."

Das unterbundene Nachleben wirkt sich derweil an der Playa auch auf das Tagesgeschäft auf. Besonders betroffen ist etwa das Restaurant Cel Blau, 50 Meter vom Megapark entfernt, ein beliebter Treffpunkt der Ballermannstars und deren Fans. „Wir schätzen unseren Verlust auf 60 bis 70 Prozent", sagt Servicechef Ramon Sierra, dessen Familie den Betrieb sei 35 Jahren innehat. Überleben würde man gerade so, dank einer treuen, spanischen Kundschaft. „Doch wenn die weiter den ganzen Sommer über keine Arbeit findet, wird sich die Lage verschlimmern", befürchtet Ramon Sierra. Auch wenn laut Isabel Vidal, Präsidentin der Hoteliersvereinigung der Playa de Palma, bis zu 47 Prozent der Häuser noch in dieser Saison öffnen wollen, reiche das nicht, um den von den Partyurlaubern generierten Umsatz zu ersetzen.

Während der Megapark weiter mit der Balearen-Regierung um die Bedingungen für eine Eröffnung ringt, könnte der Bierkönig mit angezogener Handbremse wieder loslegen. „Rein theoretisch dürften wir wieder aufmachen", sagt eine Sprecherin des Bierkönigs der MZ. Schließlich habe man eine Lizenz, um zum Beispiel Kaffee oder andere Getränke auszuschenken. Das wäre ohne Weiteres im Außenbereich möglich, mit gebührendem Abstand vielleicht auch im Innenbereich. Doch sehe man die Gefahr, dass es zwischen den Tischen verbotenerweise zu einer Gruppen-bildung kommen könnte.

„Wir arbeiten an einem Konzept, mit dem wir möglichst bald wieder aufmachen können", vertröstet die Bierkönig-Sprecherin. Dabei sei klar, dass es keine Live-Auftritte oder Shows geben dürfe. „Es wird anders sein als die letzten Jahre." Und es könne auch sein, dass man gar nicht aufmacht. Angesichts der fehlenden Gäste an der Playa und der Schwierigkeit, erhöhte Sozialabgaben für die Mitarbeiter zahlen zu müssen, die man nicht alle aus der Kurzarbeit holen kann, warte man noch ab. Ähnliche Bedenken hat man auch im Megapark.

Dass im Bierkönig die Zapfhähne möglichst schnell wieder in Betrieb genommen werden, hofft Elke Mohn, besser bekannt als „Peggy - Königin der Nacht". Unter diesem Namen betreibt sie seit Jahrzehnten ihre Kultkneipe am Ballermann. „Wenn der Bierkönig wieder aufmacht, werden die jungen Leute sofort wieder ein Ticket nach Mallorca buchen", glaubt sie. Von den Gästen würde auch sie profitieren, am 1. Juli will sie wieder öffnen.

Wirtin Beatrice Ciccardini von der Gaststätte Zur Krone glaubt indes, dass sich die Playa auch nach dem Coronavirus verändern wird. Vielleicht sogar zum Besseren. „Ich wohne an der Playa und konnte in diesem Sommer zum ersten Mal seit 20 Jahren mit offenem Fenster schlafen." Daran könnte man sich gewöhnen.