Mallorca Zeitung

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Studie: Wie ein Limit für Immobilienkäufe durch Nicht-Residenten auf Mallorca möglich wäre

Ein Experte für internationales Recht von der Balearen-Uni führt aus, warum das Vorhaben der Linksregierung so schwierig ist - und am Ende wieder einkassiert werden könnte

Rund 51 Prozent der 2021 verkauften Immobilien auf den Balearen gingen an Ausländer. Margalida Salas

In der Debatte um eine Beschränkung beim Immobilienerwerb auf den Balearen durch Nicht-Residenten hat die balearische Linksregierung ihr Vorhaben für ein Limit noch einmal bekräftigt. Man beschäftige sich intensiv mit dem Projekt, so Ministerpräsidentin Francina Armengol am Dienstag (22.11.) im Balearen-Parlament, es sei von zentraler Bedeutung für die Wohnungspolitik. Die zu diesem Zweck angekündigte Kommission ist aber bislang noch nicht zusammengetreten. Dass Spanien im zweiten Halbjahr 2023 die EU-Präsidentschaft übernehme, sei eine Chance, die besondere Situation auf den Balearen auf EU-Ebene zu analysieren und die Initiative voranzubringen, so die Sozialistin.

Dass die EU und speziell die EU-Richter die entscheidende Rolle spielen, macht auch ein Bericht klar, der im Auftrag der im europäischen Parlament vertretenen Fraktion Els Verds/ALE angefertigt worden ist. Besonders der EU-Parlamentarier Jordi Solé von der Linksgruppierung ERC setzt sich dort für eine Ausnahmeregelung beim Immobilienkauf in einer Inselregion wie den Balearen ein. Autor der Studie ist Joan David Janer Torrens, Experte für internationales Recht an der Balearen-Universität (UIB). Seine Erkenntnisse fasst er in einem Interview mit der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“ zusammen. Das Resümee: Eine gesetzliche Beschränkung sei zwar prinzipiell möglich. In der Praxis müsse das Regelwerk aber handwerklich extrem gut vorbereitet und ausgearbeitet sein. Und trotzdem werde man nicht sicher sein können, dass es nicht wieder von EU-Richtern einkassiert werde.

Ausnahmeklauseln

Denn in der EU gelten die Prinzipien der Freizügigkeit, des freien Kapitalverkehrs sowie ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Einige Länder haben beim Beitritt zur Europäischen Union zwar bestimmte Ausnahmen beim Immobilienerwerb durch Ausländer ausgehandelt. Das ist der Fall von Finnland für die Region Åland, des Weiteren von Malta, von Kroatien sowie von Dänemark. Spanien aber hat darauf verzichtet. Zum einen war im Jahr 1986 die heutige Situation noch nicht absehbar. Zum anderen sei das früher praktisch autarke Wirtschaftssystem Spaniens darauf angewiesen gewesen, sich für ausländische Investitionen zu öffnen, erklärt Janer Torrens.

Joan David Janer erklärt die Hürden für das geforderte Immobilienkauf-Limit. | FOTO: B. RAMON Elena Vallés, Frank Feldmeier

Wie die Balearen dennoch ein Limit einführen können, lasse sich aus der EU-Rechtssprechung ableiten. Bislang gibt es dazu eine einzige Entscheidung, sie stammt von 2013. Damals ging es um Restriktionen, die für eine Reihe von Gemeinden in Flandern eingeführt worden waren. Interessierte Käufer wurden zunächst von einer Kommission daraufhin geprüft, ob sie eine ausreichende „persönliche Verbindung“ zur Region hatten, in der sich die Immobilie befand. So sollten auch weniger vermögende Käufer aus der Region zum Zug kommen können. Diese Regelung wurde von den EU-Richtern gekippt, mit Verweis auf die Prinzipien der Freizügigkeit und des freien Kapitalverkehrs. In der Entscheidung wurde aber auch darauf verwiesen, dass eine Ausnahmeregelung prinzipiell möglich sei – und zwar dann, wenn sie sich mit dem Allgemeinwohl begründen lasse und dies stichhaltig gerechtfertigt werde. „In Rechtstexten müssen Ausnahmen exakt abgegrenzt werden“, so der Jurist von der UIB, „und im Fall von Flandern war das nicht gegeben, in der Praxis lag Diskriminierung vor.“

Palma ist nicht Ariany

Was heißt das nun konkret für die Balearen? Zunächst müssten inselweit alle Regionen identifiziert werden, in denen Einheimische massive Probleme beim Erwerb des Eigenheims haben. „Ich glaube nicht, dass man die gesamten Balearen unterschiedslos betrachten kann, die Wohnungsnot in Ariany ist nicht dieselbe wie in Palma“, so Janer Torrens. Und Gebiete wie die Villensiedlung Son Vida in Palma seien noch einmal ein eigener Fall. Schon diese Abgrenzungen, die dem geplanten Gesetz vorausgehen müssten, seien ein komplexes Unterfangen.

In einem zweiten Schritt müsste dann das Balearen-Parlament mit ausreichender, also absoluter Mehrheit ein Gesetz verabschieden, in dem das Limit zum Immobilienkauf zweifelsfrei und detailliert mit dem Allgemeinwohl begründet werde. Prinzipiell könnten die Balearen aufgrund ihrer Zuständigkeit für Raumordnung und Wohnungspolitik ein solches Gesetz verabschieden.

Dritte Hürde wäre dann die Rolle der spanischen Zentralregierung. Sie hat bereits in anderen Fällen wegen Zweifeln an der Vereinbarkeit mit EU-Recht die Landesregierung aufgefordert, Gesetze nachzubessern. In Madrid werde man genau prüfen, ob man sich hinter das Gesetz stellt, schließlich ist es die spanische Zentralregierung, die die Regelung gegenüber Brüssel mit Verweis auf das Allgemeinwohl verantworten muss. Wird ein Verfahren gegen Madrid angestrengt, wäre es an der spanischen Staatsanwaltschaft, das Limit für den Immobilienkauf zu verteidigen.

Und das vor dem Hintergrund, dass die Balearen mit der Initiative bislang ziemlich allein dastehen. Obwohl auch anderswo eine angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt herrscht, hat sich noch keine andere Region dem Vorschlag angeschlossen. Aus Valencia hieß es zumindest, dass man eine derartige Maßnahme nicht von vornherein ausschließen solle.

Für wen genau gilt das Limit?

Klar ist auch: Es gibt praktisch keine Sicherheit, dass nicht gegen das einmal in Kraft getretene Regelwerk doch noch vorgegangen wird. Das letzte Wort hätte dann in jedem Fall der Europäische Gerichtshof. Alles steht und fällt mit der Solidität der Gesetzesausarbeitung und der letztendlich vor den Richtern angeführten Argumente.

Eine entscheide Rolle wird auch die Frage spielen, wer laut dem Gesetz von dem Limit betroffen ist. Nur ausländische Nicht-Residenten? Auch spanische Nicht-Residenten? Wie lange müssen interessierte Käufer bereits auf den Balearen gemeldet sein? Alle diese Fragen müssten nicht nur genau definiert, sondern auch begründet werden, um Bestand zu haben. Laut Statistik der spanischen Regierung wurden auf den Balearen im zweiten Quartal 2022 rund 28 Prozent der verkauften Immobilien an Nicht-Residenten veräußert. Davon waren 97,6 Prozent Ausländer.

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