Sechs junge Künstler, die Galeristin der Galería Maior mit Standorten in Palma und Pollença, Jerónima Martínez Torrens, und die Kuratorin, Rebecca Horn. Das sind die Menschen, die „Rites of Passage" hervorgebracht haben - eine der besten Ausstellungen, die dieser Tage auf Mallorca zu sehen ist.

Es ist eine Schau, die ein Geschenk von Rebecca Horn an ihre ehemaligen Meisterschüler ist. Mit ihnen hat die international renommierte deutsche Künstlerin über mehrere Jahre gearbeitet - Horn war ihre Professorin an der Universität der Künste in Berlin (UdK) -, und mit ihnen steht sie seitdem in einem kreativen Dialog. „Der Kontakt zwischen uns ist nie abgebrochen", sagt Horn, die auch auf Mallorca ein Atelier hat. Ihren Meisterschülern hat sie in den 20 Jahren, die sie an der UdK unterrichtete, die Neugierde für Kunst und für das Überschreiten von Grenzen mitgegeben.

Antonio González, zum Beispiel, dessen Arbeiten von der Galeristin Martínez für den Standort Palma ausgewählt wurden und dort auch noch bis zum 25. Oktober zu sehen sind. In den Arbeiten des Peruaners - Video, Bilder und Installationen - krabbelt und kribbelt es. Für einen „Fliegenmann" hat der 1973 Geborene tote Fliegen gesammelt und an transparenten Fäden in Form eines Mannes gehängt. Allein durch den Atem des Betrachters bewegt sich die Installation. In einer nicht unästhetischen Videoarbeit formen Larven einen Menschen, der sich auflöst, wenn sie auseinanderkrabbeln.

Fünf weitere Meisterschüler präsentieren ihre Arbeiten bis zum 4. November in der Galerie in Pollença. Von der österreichischen Videokünstlerin Carola Schmidt wird unter anderem der experimentelle Kurzfilm „Wir bitten dich, verführe uns!" gezeigt. Die Künstlerin bewegt sich darin in surrealen Traumsequenzen wie aus einem Film von Luis Buñuel. „Der Film ist eng mit meiner Geschichte verbunden und handelt von Schuld und Vergebung", sagt Schmidt, die ein Jahr an dem Werk gearbeitet hat. Schwierig sei der Schnitt gewesen. Er ist gelungen - der Betrachter wird in die experimentelle Geschichte hineingezogen.

Was ist echt, was nicht?

An dem Film hat auch Ali Kaaf mitgearbeitet, der mit großformatigen - zumeist schwarz-weißen oder schwarz-graphitfarbenen - Werken in Pollença vertreten ist. Kaaf lotet die Balance aus zwischen Papier und Farbe. In den meterhohen Werken, die der Algerier langsam mit Bleistift oder dünnen Pinselstrichen entwickelt, liegt viel Spannung. „Es geht nicht um ein Konzept, sondern um einen Prozess, bei dem ein poetisches Spiel stattfindet: Was ist echt, was nicht? Was liegt vorn, was hinten?", sagt Kaaf, der mit seinen Werken radikal umgeht: Findet er die Balance in ihnen nicht, zerstört er sie.

Der Parallelität von Systemen hat sich Jakob Schaible verschrieben. Auf einer alten Spieluhr liegt eine Lochscheibe, deren Stanzung mit einer Sternenkonstellation des Berliner Nachthimmels korrespondiert. „Es ist die Nacht des Mauerfalls", erklärt Schaible und dreht an der Kurbel. Eine harmonische Melodie erklingt. Das Gleiche habe er auch mit der Sternenkonstellation des 11. Septembers gemacht, dessen Melodie „durchdringend" sei. Verschiedenes trifft auch in einer Serie mit Kleinbildnegativen, über denen eine Salzkristallstruktur wächst, aufeinander. Für Schaible eine „Kristallisierung von Bewusstsein".

Die Arbeiten von Markus Wüste sind Zeugen einer Zeitreise: ein weggeworfener Schuh, eine Luftpumpe, eine Plastiktüte. Wüste bildet die gefundenen Gegenstände in Granit und Marmor nach. „Die Gegenstände, die ich in alten Steinen verewige, können in der Zukunft wieder zu Relikten werden", sagt der Steinbildhauer, der frei arbeitet. Nie länger als drei Monate meißele er an einem Werk. „Ein Stein geht schnell kaputt, aber er kann dich auch kaputt machen."

Die Arbeiten des Mexikaners Erick Meyenberg vervollständigen die Ausstellung. Meyenberg arbeitet mit der Spannung zwischen Leere und Fragment. So schwärzt er im „Oxforder Buch Deutscher Prosa von Luther bis Rilke" Wörter, die er nicht versteht. Von einer beinah vollständig schwarzen Seite entwickelt sich im Folgenden ein Wortmeer, das sich zunehmend zu sinnhaften Sätzen verdichtet.

„Meine Schüler haben sich große kreative Freiheit und Eigenständigkeit erarbeitet", sagt Rebecca Horn, die sich selbst nie auf ein Medium hat festlegen lassen, die immer alles ausprobiert hat. Sie dreht Filme, entwickelt Installationen, zeichnet, performt - und verknüpft all dies seit Jahrzehnten zu einer ganz eigene künstlerischen Sprache. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

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Happening und Häppchen bei der 12. ýNit de l´Art"

Fitzners Kunststückchen 3

Loriot als deutsches Kulturerbe bei der Theaterwoche in Andratx