Der Herbst 2008 auf Mallorca ist die Jahreszeit der Sopranistinnen. Erst Barbara Hendricks, dann June Anderson und wenige Tage danach, am 17. November, Emma Kirkby. Im CaixaForum in Palma gibt sie am 17. November ein Konzert mit dem schwedischen Lautenisten Jacob Lindberg. Auf dem Programm stehen Werke von John Dowland (1563-1629) und Henry Purcell (1659-1695).

Lindberg und Kirkby, zwei Namen, die viel versprechen. Lindberg gilt als einer der herausragenden Lautenspieler, Kirkby als eine der besten Sängerinnen auf dem Gebiet der sogenannten Alten Musik. Kritiker schwärmen von ihrer klaren Stimme, manche adelten sie sogar mit der Bezeichnung „Queen der Alten Musik". Und der Auszeichnung durch die Musikexperten folgte im vergangenen Jahr die der britischen Königin Elisabeth II., die Emma Kirkby den Titel „Dame" verlieh, sie mithin in den Ritterstand erhob.

Dabei hatte Kirkby, wie manch andere ihrer Kolleginnen und Kollegen, ursprünglich gar nicht vor, Sängerin zu werden. Sie interessierte sich noch nicht einmal sonderlich für Gesang. Erst als Studentin begann die Engländerin, die 1949 in Cambridge geboren wurde, mehr Vokalmusik zu hören, und bei weitem nicht nur Klassik, sondern Julie Andrews, Petula Clark und die Beatles. In ihrem Grundstudium in Oxford nahm sie zwar Gesangsunterricht, doch ihr eigentliches Interesse an der altehrwürdigen Hochschule galt dem Latein und dem Altgriechisch.

Erst im Verlauf ihres Referendariats an einer Schule begann die studierte Altphilologin mit einer ernsthaften Ausbildung als Sängerin. 1971 wurde sie Mitglied beim Taverner Choir, einem Vokalensemble, das seinerzeit aus Amateuren und Berufssängern bestand. Wie Kirkby später einmal erzählte, hätten die Chormitglieder deshalb auch die Solo-Partien besetzt, anstatt, wie üblich, Solisten von außen zu holen.

Zwei Jahre später trat sie in ein neues Ensemble ein, das Consort of Musicke. Dessen Leiter, der Lautenist Anthony Rooley, und sie hatten nicht nur persönlich dieselbe Wellenlänge, was in einer Ehe mündete, sondern auch musikalisch, was der Beginn einer langen Entdeckungsreise wurde: einer Annäherung an eine möglichst historisch authentische Aufführungsweise der Alten Musik - ein Unterfangen, das damals noch in den Kinderschuhen steckte. So gab es zu dieser Zeit kaum eine Sängerin mit einem Ton, der für historische Instrumente geeignet war. Als Rooley einen Vertrag mit dem Label Decca abschloss, um vier Alben mit Renaissance-Musik einzuspielen, kam er zu dem Schluss, dass Kirkby diesen Ton habe. Ihrem Einwand, dass sie Amateurin sei, entgegnete er, dass die Aufnahmen in einem halben Jahr stattfänden und sie Zeit hätte, bis dahin die erforderliche Technik zu erlernen.

Damit war das Ende des Lehrerberufs besiegelt und der Weg in die musikalische Laufbahn geebnet. Es folgten Aufnahmen und Konzerte mit renommierten Instrumental-Ensembles wie der Academy of Ancient Music, London Baroque, dem Freiburger Barockorchester und dem Orchestra of the Age of Enlightenment.

Musik der Renaissance, des Barock und der Frühklassik gehören zum Repertoire Kirkbys, aber auch Musik des 20. Jahrhunderts, etwa von der US-amerikanischen Komponistin Amy Beach. Kantaten, Oratorien, Arien, geistliche Werke, Lieder. Für die Interpretation dieser Werke hat sie das „BBC Music Magazine" unter die zehn besten Sopranistinnen der Welt platziert. Trotz ihres Erfolges bei Fachleuten und Publikum hat es Kirkby immer abgelehnt, sich als Opernsängerin auszuprobieren. „Oper ist eine fantastische Welt mit sehr begabten Leuten. Ich werde da nicht benötigt", gab sie einmal in einem Interview zu Protokoll, und daran hat sie sich bis heute gehalten.

Obwohl Kirkby in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreiche Alben bei renommierten Labels wie Decca und Hyperion eingespielt hat, zieht sie Auftritte auf der Bühne vor. Eine Aufnahme, sagt sie, könne nie alle Einzelheiten eines Live-Konzerts erfassen. Und weil jedes Konzert anders ist, wiederholt sie gerne ihre Programme - zum Beispiel die Lieder und Fantasien von Purcell und Dowland, die sie mit Jacob Lindberg interpretiert.

Dass diese Werke in englischer Sprache sind, freut sie besonders. Auf Englisch zu singen, sei für sie wie nach Hause zu kommen, zumal wenn es sich um Texte aus der Renaissance handelt, die ganz bewusst für Sänger geschrieben worden seien.

Das Konzert am 17.11. im CaixaForum in Palma beginnt um 20 Uhr.

Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 2 Euro. Karten im Vorverkauf sind bis eine Stunde vor Konzertbeginn bei ServiCaixa erhältlich sowie im CaixaForum.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Bewegung zwischen Musik und Luft: Interaktive Kunstwerke von J.A. Orts

- Showtime für die Kleinsten

- Fitzners Kunststückchen

- Joan-Miró-Schau im Baluard