"Liegende Madonnen" auf Mallorca: Himmelfahrt horizontal
In 45 Kirchen der Insel werden Inszenierungen des Betts der Gottesmutter ausgestellt
In Mitteleuropa feiern Katholiken Mariä Himmelfahrt oft mit Lichterprozessionen, auf Mallorca folgt man einer typisch mediterranen Tradition: In den Kirchen wird das so genannte „Llit de la Mare de Déu“ (Bett der Gottesmutter) aufgebaut, eine Inszenierung des Moments, bevor die heilige Jungfrau in den Himmel emporsteigt.
Nachdem der Brauch, der im Zeitalter des Barock seine Glanzzeit erlebte, schon ein wenig eingeschlafen war, erfährt er derzeit eine Art Wiedergeburt: Insgesamt 45 mallorquinische Kirchen beteiligen sich dieser Tage an der inselweiten Kollektivausstellung zu Mariä Himmelfahrt. Vor zwei Jahren waren es „nur“ 35 gewesen.
Den Auftakt macht eine zeitgenössische Interpretation des Themas in der Kirche Sagrats Cors in Palma: Das Künstlerpaar Ben Jakober und Yannick Vu eröffnet dort am Freitag (10.8.) um 20.15 Uhr eine Installation namens „El viaje celestial“ (die himmlische Reise). Ansonsten sind in den Gotteshäusern historische Figuren aufgebahrt, die zwischen naiver Volkskunst und hoher religiöser Bildhauerei rangieren. Von beachtlicher Qualität sind etwa die Marienfiguren, die vor vier Jahren im Kloster der Kapuzinerinnen (Monestir de la Puríssima Concepció) in Palma entdeckt wurden. Dort erforscht der Historiker Jaume Llabrés schon seit rund 15 Jahren die immensen Bestände - die Nonnen haben in dreieinhalb Jahrhunderten Klosterhistorie keinen einzigen Gegenstand weggeworfen.
Das katholische Kirchenfest, das auf Mallorca „L‘assumpció de la Mare de Déu“ genannt wird, geht auf eine aus dem 4. Jahrhundert nach Christus stammende Tradition zurück, dessen Datum (15. August) mit dem eines heidnischen Festes verknüpft wurde. Schon früh kam die Idee auf, dass nicht nur die Seele der Gottesmutter, sondern auch deren Körper in den Himmel aufgefahren ist, ein Konzept, das vom Vatikan 1950 zum Dogma erhoben wurde. Das Brauchtum war dem Papst jedoch bereits vorausgeeilt: Im Mittelmeerraum wurde das Bild der Jungfrau, die wie Jesus auch physisch in den Himmel fährt, in solide Bilder umgesetzt: Das prächtige geschmückte Sterbebett der Gottesmutter ist vielfach eine Inszenierung mit Apostel- und Engelsfiguren.
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