Wenn jemand in den 70er-Jahren Ohrwürmer so passgenau komponieren konnte, dass sie sich besonders eingängig in den Gehörgang schlängelten, war es das Electric Light Orchestra (ELO). Die britischen Rockmusiker um Jeff Lynne waren damals mit auffallend melodiösen, zuweilen sogar jauligen und durch Geigentöne aufgepeppten Hits wie „Last Train To London", „Confusion" oder „Livin´ Thing" fast permanent in den Radios und auf den Bühnen präsent. Ihr Song „Xanadu" machte Olivia Newton-John („Grease") noch berühmter als sie ohnehin schon war. Wer ELO-Musik hört, dem fallen sofort auch etwa die damals ebenso berühmten Bee Gees oder Discoqueens wie

Donna Summer ein.

Und - oh Wunder - es gibt ELO noch heute. Allerdings gleich zweifach. Lynne und seine Männer dürfen - so entschied es ein Gericht - mit dem Originalnamen auftreten. Gründungsmitglied Bev Bevan hatte Lynne im Jahr 2000 die Namensrechte übertragen. Den anderen, mit denen sich Lynne überworfen hat, bleibt nichts anderes übrig, als unter der sperrigen Bezeichnung „The Orchestra - Former Electric Light Orchestra Members" zu spielen. Dazu gehört etwa das Urgestein Mik Kaminski. Den Mann mit der blauen Geige hatte Lynne bereits in den 80er-Jahren aus der Band gekickt, weil er keine Streicherklänge mehr in seinen Stücken haben wollte. Und da ist der Keyboarder Louis Clark, mit dem Lynne sich ebenfalls zerstritt. Das „Orchestra" wird am Samstag (6.8.) im Edelhafen Port Adriano auf Mallorca auftreten.

Die inzwischen schon älteren sechs Herren, die seit Jahren fast permanent durch die Welt touren und nicht selten vor ausverkauften Häusern spielen, präsentieren zwar auch eigene Songs, wecken aber vor allem mit wohlbekannten nostalgische Gefühle. Jeff Lynne hat wiederholt gerichtlich versucht, dem „Orchestra" zu verbieten, die großen alten Hits zu spielen. Doch gelungen ist ihm das nicht.

Lynnes Ursprungs-ELOs gibt es bereits seit 1971, allerdings mit langjährigen Unterbrechungen (1986 bis 1999 und 2002 bis 2012). ELO kommt insgesamt auf 13 Alben. Besonders erfolgreich war „Out Of The Blue", das 1977 mit nicht weniger als 92 Konzerten beworben wurde. Vor allem in den USA strömten die Leute zu den ELO-Konzerten, in Cleveland waren es sogar einmal 80.000 Menschen. Daheim in Großbritannien spielte das Electric Light Orche­stra 1978 acht Mal hintereinander im ausverkauften Wembley-Stadion - Rekord.

Und so erfolgreich und pompös ging es auch weiter: 1979 wurde die am stärksten von der Disco-musik beeinflusste Platte der Briten auf den Markt geworfen, „Discovery". Auch sie verkaufte sich wie warme Semmeln. Die Band war damals auf dem Höhepunkt ihres Ruhms und landete einen Hit nach dem anderen: „Magic", „I´m Alive", „All Over The World" € 1979 wurde sogar ein Selbstbeweihräucherungs-Buch namens „The Electric Light Orchestra Story" veröffentlicht.

Nach dem Höhepunkt kam zwar nicht jäh, aber langsam der Niedergang. Zwar wurden bis 1986 noch drei weitere Alben („Time", „Secret Messages" und „Balance of Power") produziert, doch an die großen Erfolge der End-70er konnten die Briten nicht mehr anknüpfen.

Eine gewisse mit Faulheit gepaarte Arroganz läutete die Dekadenz ein. Jeff Lynne wollte „Secret Messages" 1982 um alles in der Welt als Doppelalbum herausbringen, doch der Plattenfirma CBS war das zu teuer. Im Gegenzug weigerte sich Jeff Lynne dann, das neue Album mit einer speziellen Tournee zu bewerben. Außerdem hatten Schwergewichte wie Bev Bevan und Kelly Groucutt der Band den Rücken gekehrt. Und so erreichte das Album zwar immerhin Rang fünf in den britischen Charts, aber auch nicht mehr. Die Zeiten hatten sich gewandelt, und richtig durchstarten sollten Jeff Lynne und seine Band trotz zweier Neuanfänge 1999 und 2012 nie wieder.

„The Orchestra - Former Electric Light Orchestra Members" tritt am Samstag (6.8.) um 22 Uhr in Port Adriano auf. Karten:38-150 Euro, www.portadriano.com