Diese Taschen sind nicht zum Tragen da, denn sie sind viel zu schwer, da aus unbehauenem Kalkstein. Doch sie liegen im Trend, seit Jahren schon: 1.500 Taschen und Koffer hat der Bildhauer Pedro Flores bereits entworfen, in unterschiedlichsten Größen, aus drei Zentimeter großen bis zu 1.300 Kilo schweren Steinen.

„Die Inspiration dazu entstammt aus frühester Kindheit, wie für fast alle meine Werke“, erzählt der Künstler: „Ich erinnere mich an diesen einen Koffer, mit dem meine Eltern von Jaén nach Son Servera ausgewandert sind.“ Damals war Pedro knapp drei Jahre alt und musste aus praktischen Gründen kreativ werden: „Die anderen Kinder hatten Spielzeug, ich nicht, wir waren arm. Schnell habe ich gemerkt, dass ich mir mein Spielzeug selber machen muss“, so der 1961 geborene Autodidakt.

Das war der Anfang. Seitdem setzt Pedro Flores seine Hände ein. Indem er an die unbearbeiteten Steine verrostete Eisenelemente anschmiedet, verwandeln sie sich in Dinge: Boote, Flipflops, römische Sandalen, Stierköpfe, Gitarren, Blumen, Türen, Riesenameisen, Schnecken oder auch in Figuren, zum Beispiel seine Steinmänner mit Schachtel-ähnlichen, rostigen Hüten auf dem Kopf. Auch sie sind eine Kindheitserinnerung: „Als Kinder haben wir uns Pappkartons auf den Kopf gesetzt und dann gegenseitig auf den Kopf geschlagen.“

Kunst im öffentlichen Raum und in Privatgärten

Seit etwa 20 Jahren kann Pedro Flores gut von seiner Kunst leben. Das war nicht immer so, zuvor hat er sich 25 Jahre als Maurer verdingt, als Klempner und sogar als Donuts-Verkäufer. Die Steine aber hat er nie vernachlässigt. „Du musst deinen eigenen Stil entdecken“, sagt er. „Seit dem Militärdienst, seit ich ungefähr 20 bin, weiß ich, dass mein Stil die Steine sind und dass ich ein Nonkonformist bin.“

Viele seiner Werke finden sich im öffentlichen Raum rund um Son Servera. In Kreiseln Richtung Cala Millor und Cala Bona stehen einige seiner größten, bis zu 12 Tonnen schweren Skulpturen. Weitere 15 Werke sind entlang der Meerespromenade in Cala Millor zu sehen, und zwei große Boote in Cala Bona.

Seine sehr mallorquinisch anmutende Kunst aus Stein und Eisen schmückt zudem zahlreiche Privatgärten wohlhabender Ausländer im Inselnordosten. In Son Muda in Felanitx, dem Gartenparadies der Schweizer Gartendesignerin Hélène Lindgens, können demnächst neue Werke bewundert werden: am Tag der offenen Tür, am Samstag (7.5.) und anschließend auf Anfrage in einer Art Open-Air-Dauerausstellung (Facebook: Son Muda Gardens).

Auch am anderen Ende der Insel kennt man die Kunst von Flores, wird er doch von der Galerie Dionís Bennàssar in Pollença vertreten. Gleichfalls in Palma: In dem Hotel Artmadams im Stadtteil El Terreno, dem Hotel mit der umstrittenen bunten Fassade von José Luis Mesas, finden sich weitere 25 Skulpturen von Pedro Flores.

Den steinen Leben einhauchen

„Ich sehe etwas in den Steinen, was andere nicht sehen“, erklärt er diese steinerne Beziehung etwas genauer. „Ich gebe ihnen Leben und sie geben mir Leben – es ist wie eine Liebeserklärung.“ An Nachschub mangelt es ihm nie: Auf seinen Spaziergängen – tägliche Bewegung, die der ehemalige Läufer für seinen nach all den Jahren doch recht strapazierten Rücken braucht – begibt er sich auf Steinsuche.

Danach steht das Problem an, die Fundstücke in seine Schmiedewerkstatt in Son Servera zu schaffen. „Meine Freunde habe ich schon alle verschlissen, sie lassen sich nicht mehr motivieren“, sagt er. Zum Glück hat er einen hilfsbereiten Sohn, der mit anpackt und die Fundstücke auf Pedros Transporter hievt, zumindest die nicht ganz so schweren.

Ebenso wie all die rostigen Eisenstangen und Eisenteile, die in seiner urigen, vollgestellten Werkstatt in einem der ältesten Gebäude von Son Servera ein neues Dasein erhalten, indem sie den Steinen ihren gegenständlichen Sinn verleihen. „Es sind Dinge, die andere wegschmeißen“, sagt Pedro Flores, der nicht als „Recycling-Künstler“ bezeichnet werden möchte.

Pedro Flores bei der Arbeit an einem neuen Werk: ein steinernes Fenster. Nele Bendgens

In dem kleinen Patio warten neben fertigen Werken und Rohmaterialien wie Eisenschrott noch etliche Kalksteine in verschiedenen Größen sorgsam übereinandergestapelt auf ihre Metamorphose. Seitdem der Bildhauer diese Werkstatt 2004 bezogen hat, schaut er hier mindestens einmal täglich vorbei, hängt sich die lange lederne Schütze zum Schmieden um und arbeitet an einer seiner Serien.

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Zurzeit ist er mit einer Reihe von (Stein-)Pilzen beschäftigt. „Ich brauche etwas länger als früher, aber ich arbeite jetzt auch nicht mehr bis zur totalen Erschöpfung.“ Ferien mache er hingegen nie, sagt er. ,„Wozu? Ich bin doch glücklich mit dem, was ich tue.“ Ein Ende dieser schwerwiegenden Beziehung ist also noch lange nicht in Sicht.

Weitere Infos: pedroflores.es