Circa 1,8 Tonnen wiegt der acht Meter lange Küchenblock aus Beton. Und scheint doch im Raum zu schweben. Wer das Studio Concrete Visions in Palmas Altstadt betritt, befühlt zuerst das Material des ungewöhnlichen Monoliths. „Hier vorne an der Ecke müsste eigentlich schon eine Delle sein“, sagt Walter Wendel und lacht. Die scheinbare Leichtigkeit seiner korpulenten Küchen-Skulpturen beruht auf einem kleinen Trick - und auf vielen Jahren Erfahrung.

Denn was massiv aussieht, ist nur etwa fünf Zentimeter dick. Hinter der Betonschale besinden sich Schubladen, Fächer und Schränke. 15 Jahre experimentierte der gelernte Innnenarchitekt und Bildhauer mit dem Baustoff, der vornehmlich im Hausbau verwendet wird. In Wendels spezieller Glasfaser-Mischung lässt er sich nun auch gut im Innenbereich einsetzten. „Die Glasfaser macht den Beton ein bisschen flex, der Rest ist mein Geheimnis“, sagt Walter Wendel, der bereits mehrere Auszeichnungen für seine Beton-Kreationen für Küche, Bad und Wohnen erhielt. Zuletzt den Designpreis der Bundesrepublik 2008.

Die Oberfläche der Möbel wird mit zwei Komponenten versiegelt, Öl- und Rotweinflecken haben so keine Chance. Denn seine Küchen-Skulpturen seien zwar Kunstobjekte, aber durchaus zum Gebrauch gedacht. „Ich sage immer, ein Kunde, der Beton haben will, muss ihn sich erst verdienen“, so Wendel. Und das heißt, gemeinsam mit dem Bauherrn in einer seiner Küchen zu kochen. Walter Wendel tut dies mit Leidenschaft, in seiner Heimatstadt Bingen, seit 1995 auch Sitz seiner Firma, veranstaltet er regelmäßig Kochevents mit Freunden und Bekannten. Auf Mallorca hat er schon Gespräche mit dem ein oder anderen Küchenchef geführt. „Jetzt brauche ich nur noch eine passende Finca, um die kulinarischen Treffen auch hier zu veranstalten.“

Gerade mal sechs Monate ist der 61-Jährige mit einem eigenen Showroom in Palma vertreten und knüpft seitdem fleißig Kontakte. Ihn interessiert vornehmlich die Zusammenarbeit mit jungen Architekten. „Die spanischen und deutschen Kollegen hier arbeiten sehr bewusst am Bestand. Das gefällt mir“, so Walter Wendel. Ein gutes Beispiel dafür sei das Hotel Convent de la Missió, ein Kloster aus dem 17. Jahrhundert, das zum Hotel umgebaut wurde. „Eine puristische, edle Herberge, die nicht dekadent oder überzogen wirkt.“ Das selbe würde übrigens für seine Möbel gelten, „unnötigen Schnörkel und Schnickschnack gibt‘s nicht“.

Stattdessen jeglichen Komfort, den sich der Kunde wünscht - oder auch nicht. Wendel hat drei Produktlinien für unterschiedliche Ansprüche konzipiert. Junge Leute, die noch nicht so viel verdienten, bräuchten zum Beispiel keine motorisierten Schubladen oder handlackierte Schleiflackfronten. „Die spartanische Linie ist rein auf die Architektur reduziert, so Wendel. „Bei der Luxus-Variante wird die Kochstätte dagegen zum Altar erhoben.“ Und mit Details versehen, die mit Kochen nichts mehr zu tun hätten. Beton lässt sich gut mit Holz, wie massive Eiche, Roststahl und Glas kombinieren. „Und wenn man die Natur ins Haus holt, lebt Beton erst richtig.“

Im Concrete Visions ist auch eine schlichte Beton-Badewanne ausgestellt. Und eine neue Outdoor-Serie für die Terrasse mit Sesseln und Tischen. „Demnächst kommen noch Liegen und Sessel mit Armlehnen dazu“, so der Architekt. Für die außergewöhnliche Polsterung hat Walter Wendel bereits eine schwedische Künstlerin auf Mallorca beauftragt.

Concrete Visions, C/Can Sales 14, Palma, Tel. 0049-151-54 43 86 41, www.walter-wendel.de

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